Energiekrise, Klimawandel und Ukrainekrieg – das sind große Schlagwörter, die aber konkreten Einfluss auf unser tägliches Leben haben. Zu spüren gibt es das in vielen verschiedenen Formen.
So etwa, wenn jemand eine neue Heizung einbauen lassen möchte. Einfach beim Betrieb anrufen und morgen kommt der Handwerker – das war früher.
Alles Hände voll zu tun
Die Heizungs-Sanitär- und Klimabranche spürt die aktuellen Entwicklungen besonders stark. Sie haben besonders auf ihre Arbeit eine große Auswirkung, wie Jürgen Kessler weiß. Der 63-jährige Diplom-Ingenieur für Versorgungstechnik ist Geschäftsführer der Firma Kessler Heiztechnik in Donaueschingen. Und dort hat man alle Hände voll zu tun.
Ob der sich ständig verändernden und erweiternden Gesetzeslage hat die Beratung einen großen Stellenwert eingenommen. Eine der großen Fragen, die dieser Tage gestellt werden: „Darf meine Heizung noch drinbleiben?“, sagt Kessler. Gerade bei Besitzern älterer Ölheizungen gehe die Angst um, „dass der Kaminfeger sagt: Die muss jetzt raus.“
Große Verwirrung bei Kunden
Bei den Kunden herrsche große Verwirrung. Kein Wunder, gibt es gerade im Bereich der erneuerbaren Energien doch regelmäßig neue gesetzliche Regelungen oder Fördermöglichkeiten in diesem Bereich. Ein Auf und Ab, das auch für Unsicherheit sorgt.
„Der Klimaschutz rückt immer stärker in den Fokus“, erklärt Kessler. Das funktioniere über ein System von Belohnung und Bestrafung in Bezug auf fossile Brennstoffe. „Wer die benutzt, wird quasi bestraft.“ Bei den Erneuerbaren gebe es viel Förderprogramme, die einen Anreiz der Nutzung schaffen sollen.
Was sich 2023 ändern wird
„Wir gehen davon aus, dass das Gebäudeenergie-Gesetz im Laufe des Jahres geändert werden soll“, sagt Kessler. Es drehe sich darum, dass ab 2024 „65 Prozent einer neuen Heizung mit erneuerbaren Ressourcen funktionieren sollen.“ Kessler geht, wie die gesamte Branche, fest davon aus, dass der entsprechende Entwurf kommen werde.
Dazu werde es sicher Übergangsfristen geben, aber für Kessler ist auch klar: „Dieses Jahr werden sich viele noch Öl- und Gasheizungen einbauen lassen.“ Dabei habe man bereits jetzt einen großen Kundenstrom: „Ich habe vier Leute, die nichts anderes machen, als sich um die anstehenden Wartungen zu kümmern.“
Sanierungsstau
Hinzu komme ein großer Sanierungsstau bei vielen Anlagen, die 30 Jahre und älter sind: „Bei Leuten im Alter von 80 Jahren kann ich nur raten: entweder sie holen dieses Jahr eine neue Heizung, oder sie hoffen darauf, dass sie nicht kaputt geht.“
Es bleibt kaum Zeit
„Das Rad dreht sich derzeit in einer Geschwindigkeit, dass wir kaum nachkommen uns anzupassen“, sagt Jörg Knapp, Leiter des Referats Technik vom Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg.
Ein neues Klimaschutzgesetz sei beschlossen worden, der nächste Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz liege schon in der Schublade. Das Problem für die Heizungsbauer: „Es bleibt kaum Zeit, sich in gebührendem Umfang damit auseinander zu setzen“, erklärt Knapp.

Das sei auf Verbandsebene schlimm, „beim Betriebsinhaber ist das jedoch extrem schwierig. Er muss es umsetzen.“ Und schließlich wolle der Kunde Investitionssicherheit: „Es geht um eine Investition für einen großen Zeitraum, der auch etwas kostet.“ Das Beraten sei mit einem immer größeren Aufwand verbunden. Auch durch das Auf und Ab in der Förderpolitik: „Hier ist Verlässlichkeit erforderlich.“
„Wir bekommen das hin, aber es braucht eben seine Zeit.“Jörg Knapp, Fachverband Sanitär-Heizung-Klima
Dass für all die Aufgaben dann das Personal fehlt, sieht Knapp nicht als Schuld der Handwerker: „Die Politik hat bei den Gebäuden eine komplette Kehrtwende gemacht. Wir haben unter anderen Vorzeichen gearbeitet“, erklärt Knapp. Von Öl und Gas auf die Erneuerbaren.
Kommen in einen Mangel
„Mit dem Ziel, ab 2025 rund 500.000 Wärmepumpen zu installieren, da kommen wir in einen Mangel“, sagt er. Und das, obwohl die Branche gewachsen sei. Auch im Bereich des Nachwuchses: „Wir haben einen Zuwachs von sechs Prozent bei den Lehrlingen. Den Bedarf durch die Zielvorgaben deckt das aber nicht.“ Man brauche mehr Leute und umfangreichere Fortbildungen im Bereich der Erneuerbaren.
„Wir haben unsere Bemühungen hier verdreifacht. Das Ganze wird flankiert von Gesetzesänderungen. Wir bekommen das hin, aber es braucht eben seine Zeit.“ Das Handwerk tue sein Bestes und die Politik müsse noch weiter unterstützen als bisher.
Ziele müssen erreichbar sein
Dass das wichtig sei, daran lässt er keine Zweifel aufkommen: „Wir müssen etwas gegen den Klimawandel tun und können uns nicht leisten, langsamer zu werden. Wir sehen die Klima-Änderungen ja. Und auch die wissenschaftliche Datenlage zeigt das. Aber die Ziele müssen erreichbar sein – und die Belange beachtet werden.“
„Der Endkunde muss Geduld mitbringen. Die Lage wird noch andauern. Die Betriebe laufen an der Kante. Das sieht man auch bei den Lieferfristen. Unter einem Jahr geht da nichts“, so der Referatsleiter.