Sich breit aufstellen, nicht von der Automobilindustrie abhängig sein: Mit dieser Devise hat sich Marco Stüttler in den fünf Jahren seiner Selbsständigkeit auch Aufträge in der Heiz- und Medizintechnik oder der Analytik gesichert. Stetig wuchs der Maschinenpark. Statt ursprünglich drei CNC-Maschinen arbeiten jetzt zehn CNC-gesteuerte Langdreher in der Hightech-Dreherei.
Bei der Bearbeiterung schwieriger Werkstoffe können sich die Bräunlinger profilieren. So beim schwer spanbaren V4A-Edelstahl. Hier ein zwei Millimeter-Gewinde zu setzen, ist Präzisionsarbeit und zeugt von Können. Dieses und entschlossene Lösungsansätze sprechen sich rum. Ein Kunde aus der Magnetventilbranche bietet Stüttler einen Auftrag an: nicht nur Fertigungsvolumen in der Corona-Krise, sondern auch ein Beitrag zu einem lebensrettenden Projekt.

Weick-Präzisiontechnik stellt jetzt neben der bisherigen Produktion Kleinteile für Beatmungsgeräte her. Konkret sind es zwei Teile der Ventil-Baugruppe, das eine 20 Millimeter lang und 17 Durchmesser stark, das andere 30 Millimeter lang und 19 Millimeter im Durchmesser. Beide werden mit einer gerade mal einen Millimeter starken Bohrung versehen: eine Schlüsselstelle in der Versorgung durch künstliche Atemluft.
Auftrag läuft sieben Monate
Über sieben Monate läuft der Fertigungsauftrag einer in Pforzheim ansässigen Firma, die die Ventile herstellt. Jeweils zwei finden sich im redundant aufgestellten Beatmungsgerät. 10.000 Ventilbaugruppen werden pro Monat erforderlich sein, macht 20.000 Präzisionsteile aus Bräunlingen. Geliefert werden sie an Kunden in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Da könnte noch mehr Kapazität drinstecken, meint der Firmchef. Er würde sich aber auch schon freuen, mit seinem Know-how weitere Geschäftskontakte zu knüpfen.

Der Auftrag kam zwar angesichts beginnender Umsatzeinbußen genau zur rechten Zeit. Er bedurfte aber auch einiger firmeninterner Umstellungen und Kompromisse. Zuerst allerdings galt es bei einer Musterproduktion mit dem richtigen Material zu arbeiten.
Material in der Schweiz besorgt
Das gab es aber in ganz Deutschland nicht. „Wir haben es dann in der Schweiz geholt und ordentlich verzollt“, erinnert sich der Firmenchef. Nachdem der Endkunde den Prototypen für gelungen befunden hatte, stellte sich eine weitere Zusatzbedingung auf. Seine Firma müsse auch noch ein weiteres Drehteil produzieren. Entweder beide oder keines, erinnert sich Stüttler an die Konstellation.
rforderlichen Zerspanungs-Zusatztechnik, die Späne kontrollierter bricht. Abhilfe kam von einem Geschäftspartner, der eine Leihmaschine organisierte, die binnen einer Woche via Rotterdam und Villingendorf nach Bräunlingen geliefert wurde.

„Am Mittwoch dieser Woche bekommen wir die nächste Materiallieferung“, kündigt Stüttler erfreut an. Priorisierte Beschaffung. Eine Vorrangbehandlung würde die Firma auch im Falle eines harten Lockdown erhalten. „Auch wenn andere Betriebe schließen müssten, dürften wir produzieren.“
Nachdem die Produktionsbedingungen geklärt waren, appellierte der Chef an seine Mitarbeiter. Bedingung bei der Auftragsübernahme war nämlich, mit voller Auslastung in die Produktion einzusteigen. „Das bedeutete, dass wir vom Zweischicht- in den Dreischichtbetrieb wechseln sollten“, so Stüttler. Aus der Mitarbeiterschaft erntete er positive Antworten: weil der Auftrag weiterhin die Kurzarbeit vermeidet, aber auch weil er ein bisschen stolz macht drauf, für so ein wichtiges Projekt zu arbeiten.
Familienangelegenheit
Projektgerecht geändert wurden darauf Personalplanung und Schichtmodelle. Eine Familienangelegenheit in dem kleinen Betrieb. Dafür war Ehefrau Yvonne Stüttler zuständig.