Eigentlich hätte er schon Ende März den Stift zur Seite legen können, doch auf Wunsch der Chefredaktion hängte er noch neun Monate dran. Das ist ihm nicht schwergefallen, denn: „Die 27 Jahre hier waren meine bisher besten 27 Jahre“, sagt Bernhard Lutz. Am 17. Dezember ist nun aber endgültig Schluss.

Blumberg ist für Bernhard Lutz zu einer Herzenssache geworden

Die Heimat erleben: Am Bahnhof Blumberg-Zollhaus begrüßte Bernhard Lutz im September 2015 im Namen des Schwarzwaldvereins und des ...
Die Heimat erleben: Am Bahnhof Blumberg-Zollhaus begrüßte Bernhard Lutz im September 2015 im Namen des Schwarzwaldvereins und des SÜDKURIER-Medienhauses eine Wandergruppe. | Bild: Reiner Baltzer

Die Stadt Blumberg mit ihren neun selbstbewussten Teilgemeinden hat der studierte Historiker und Politikwissenschaftler nach einigen Jahren als freier Journalist – er veröffentlichte unter anderem in der Wochenzeitung „Die Zeit“, dem SÜDKURIER, der „Stuttgarter Zeitung“ und der „Frankfurter Rundschau“ – zu seiner Herzenssache gemacht. Als er zwischen Eich- und Buchberg angekommen war, da hörte er oft die heute zum Teil noch bestehenden Vorurteile des Umlands über Blumberg, die noch aus der Zeit des Doggererzabbaus unter den Nazis herrührten, als Blumberg zur Bergbaustadt wurde.

Er schrieb große Geschichten aus einer kleinen Stadt

Thomas Weißhaar, der neue Leiter des Polizeipostens Blumberg, im Gespräch mit SÜDKURIER-Reaktionsleiter Bernhard Lutz. Bild: Reiner Baltzer
Thomas Weißhaar, der neue Leiter des Polizeipostens Blumberg, im Gespräch mit SÜDKURIER-Reaktionsleiter Bernhard Lutz. Bild: Reiner Baltzer | Bild: Reiner Baltzer

Das Bestreben von Bernhard Lutz war es vom ersten Tag an, diesen Ruf zu widerlegen. Wenn ihm der Verdacht kam, dass Blumberg wieder einmal schlecht dargestellt werden sollte, dann konnte der eigentlich eher ruhige und besonnene Zeitgenosse zum Terrier werden. Zum Beispiel, als das ARD-Magazin „Monitor“ 2003 mit einem Bericht den Eindruck erweckte, die frühere Spielzeugwarenfirma Darda sei in ein aktuelles Ermittlungsverfahren wegen Umgehung des Irak-Embargos verwickelt. Da nahm er Witterung auf, recherchierte gründlich und stellte klar, dass „Monitor“ einen bereits 1990 abgeschlossenen Vorgang wieder aufgewärmt und zum Teil auch falsch berichtet hatte.

Für eine Recherche konnte Bernhard Lutz zum Terrier werden

Da waren die Haar noch (fast) ganz schwarz. Bernhard Lutz im Oktober 2002.
Da waren die Haar noch (fast) ganz schwarz. Bernhard Lutz im Oktober 2002.

Oder als sich Anfang der 2000er-Jahre ein Privatgymnasium in Blumberg ansiedeln wollte. Bernhard Lutz berichtete als Erster darüber, dass Personen im Vorstand des Trägervereins in Kontakt zum Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM), einer „rechten Psychosekte“ (so der Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche) standen. Auch überregionale Medien griffen das Thema auf. Letztendlich zog der VPM sein Projekt zurück – mit Sicherheit auch ein Verdienst des Mannes, der sich 2018 vor dem Zollhauser Pfetzergericht verantworten musste. Das war das erste und wird wohl auch das letzte Mal in der Geschichte der Narrenveranstaltung gewesen sein, dass ein Angeklagter bei seiner Verteidigungsrede auswendig aus Ludwig Uhlands „Schwäbischer Kunde“ zitierte.

Fast 50 Jahre war Gerhard Baschnagel im Wald tätig, die letzten 30 Jahre als Revierleiter zuerst für Randen und die letzten rund 20 ...
Fast 50 Jahre war Gerhard Baschnagel im Wald tätig, die letzten 30 Jahre als Revierleiter zuerst für Randen und die letzten rund 20 Jahre für Fützen. Im Interview mit SÜDKURIER-Redaktionsleiter Bernhard Lutz zog er Bilanz. | Bild: Reiner Baltzer

Bernhard Lutz schrieb nicht nur über Blumberg, er lebte Blumberg: Einige Jahre war er Jugendfußballtrainer beim TuS Bumberg und Mitglied im Männergesangverein Frohsinn Riedböhringen. Der Gesang hat es ihm bis heute sehr angetan. Auf seine Initiative hin entstand zum 750-Jahr-Fest der Stadt ein Blumberger Gesamtchor. Als der am Sonntagnachmittag nach dem historischen Umzug auftrat, war das Festzelt genagelt voll. Beim Badner-Lied sang das Publikum mit, Sänger, Kapelle und Publikum wurden so zu einer Einheit. Als Folge davon entstand die SÜDKURIER-Reihe „Blumberg – Geschichte und Geschichten“, die die Stadtbibliothek stets füllte.

Großen Themen gingen über seinen Schreibtisch

Bernhard Lutz vor dem Pfetzergericht mit Richterin Alexandra Waimer und Staatsanwalt Werner Waimer.
Bernhard Lutz vor dem Pfetzergericht mit Richterin Alexandra Waimer und Staatsanwalt Werner Waimer. | Bild: Niederberger, Holger

In der Lokalpolitik hat Bernhard Lutz drei Bürgermeister erlebt. Sein Schwarzbrot war die Kommunalpolitik, die aufgrund der Nähe zur Schweiz auch überregionale Dimensionen hatte. Zu den großen Themenbereichen, die er bearbeitete, zählen der Fluglärm, der tragische Flugzeugabsturz 2000, das geplante Atomendlager der Schweiz oder der Ausbau der B 27 von Donaueschingen bis zur Schweizer Grenze.

Wie Journalismus in einer Grenzregion geht

2008: Bernhard Lutz im Gespräch mit Erwin Teufel.
2008: Bernhard Lutz im Gespräch mit Erwin Teufel.

Grenzübergreifende Gemeinschaft entstand, als die Schweiz im Zuge eines Sparprogramms zwölf Grenzzollämter schließen wollte, darunter das Zollamt Bargen, einziger Grenzübergang im Schwarzwald-Baar-Kreis. Als Bargens Ortsvorsteherin Marianne Imhof, die als Zolldeklarantin bei einer Spedition am Zollamt Bargen arbeitet, im Kampf um den Erhalt des Zollamts einen runden Tisch mit Vertretern der Wirtschaft und der Politik ins Leben rief, ist es Bernhard Lutz‘ Umsicht zu verdanken gewesen, dass die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg von Anfang an mit im Boot war. Nach der erfolgreichen grenzübergreifenden Demonstration der IHK mit Verbänden, Politikern und Bürgermeistern in Bargen im April 2016 gelang es, auch dank Sparbemühungen des Schaffhauser Zolls, das Zollamt zu erhalten.

Kontakte in die Schweiz halten

Die damals geknüpften Kontakte pflegt die IHK bis heute, unter anderem in ihrem Außenwirtschaftsforum. Der Schweizer Ständerat Hannes German, der auf der Demonstration die beidseits der Grenze unterschriebene Resolution in Empfang nahm, fühlte sich durch Berichte von Bernhard Lutz im SÜDKURIER „politisch besser informiert“ als durch die Schweizer Medien.

Am Schreibtisch von Bernard Lutz saßen viele Blumberger, hier Riedböhringens Ortsvorsteher Gerhard Fricker.
Am Schreibtisch von Bernard Lutz saßen viele Blumberger, hier Riedböhringens Ortsvorsteher Gerhard Fricker. | Bild: Reiner Baltzer

Bernhard Lutz begegnete seinen Gesprächspartnern stets mit Respekt und Humor. Er nahm sich immer wieder die Zeit, Menschen mit Problemen zu verarzten, die Redaktionsräume wurden gelegentlich zum Kummerkasten – auch wenn sich schnell rausstellen sollte, dass da keine Story für die Zeitung rausspringt. Mehrfach betreute er Praktikanten, für diese oft ein Sprungbrett für ihre Karriere. Gesprächspartner staunten immer wieder über sein phänomenales Gedächtnis und wenn er in Fahrt kommt, dann fliegen seinem Gegenüber die Jahreszahlen nur so um die Ohren.

Bei einer Klausur des Betriebsrats: Bernhard Lutz mit Redakteurskollege Jens Wursthorn.
Bei einer Klausur des Betriebsrats: Bernhard Lutz mit Redakteurskollege Jens Wursthorn. | Bild: Orlowski, Birgit

Typisch auch, dass er sich über 20 Jahre als Betriebsrat für die Belange seiner Kolleginnen und Kollegen eingesetzt hat. Im Umgang mit Freien Mitarbeitern war ihm immer ein gutes Miteinander wichtig, getragen von Wertschätzung und Empathie.

Kraft zieht er aus Ehe und Glaube

Beim SÜDKURIER fand Bernhard Lutz auch privat sein Glück mit Ehefrau Birgit. Die Eheringe schmiedete er selbst bei Goldschmiedemeister Markus Probst, der damals in Blumberg ansässig war und jetzt in Löffingen wohnt und arbeitet. Kraft geben ihm neben der Partnerschaft sein Glaube, Bernhard Lutz ist Mitglied der deutschen Bahai-Gemeinde. Religion war für ihn auch im Beruf immer wichtig. Zu den Seelsorgern bestand guter Kontakt. Generelle Kritik an den Kirchen ließ er nicht gelten und schaute stets, wie es die Pfarrer vor Ort halten. „Und sie machen viel Gutes“, so sein Fazit.

Jetzt rufen die Berge

Künftig will er viel mehr Zeit an der frischen Luft verbringen. Er freut sich auf Wandertouren und ein paar Klettereien, der Bregenzerwald, das Montafon und die Dolomiten sind seine bevorzugten Reviere. Dass Bernhard Lutz beim Wandern gelegentlich ein Lied anstimmen wird, versteht sich von selbst.