Partypässe gab es bisher in Papierform, jetzt gibt es eine App dafür. Mit einem Smartphone können die Daten des nötigen QR-Codes von den Jugendlichen einfach gescannt werden. Dieser Code ermöglicht ihnen dann den Eintritt. Generiert wird dieser Code, sobald eine Veranstaltung in das System eingegeben wird.

Jugendliche können sich schon vor einer Party digital registrieren. So sollen sich Warteschlangen am Einlass vermeiden lassen. Rechtzeitig vor Mitternacht werden die registrierten Jugendlichen zweimal daran erinnert, dass sie sich langsam auf den Heimweg machen müssen. Das Auschecken von einer Party oder einem Fest funktioniert auch via Smartphone. Sollte es zu Staus am Ausgang kommen, ist eine Karenzzeit von einer halben Stunde eingerechnet, bevor ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz an die Eltern gemeldet wird. Eine Rückgabe der Partypässe wie bisher ist nicht mehr nötig, mit dem QR-Code können die Jugendlichen auschecken.

Die Jugendstiftung Baden-Württemberg hat sich die App für den Partypass patentieren lassen, wie Wolfgang Antes, Geschäftsführer der Stiftung, am Mittwoch bei einer Veranstaltung im Sigmaringer Landratsamt sagte. In deren Rahmen war die neue App Vertretern von Kommunen aber auch von Sicherheitsfirmen vorgestellt worden. Das Patent garantiere, dass die erhobenen Daten nicht für kommerzielle Zwecke genutzt würden. Obendrein bliebe die App frei von Werbung.

Nach den Regeln des Jugendschutzgesetzes dürfen Jugendliche nur bis Mitternacht auf Parties sein.
Nach den Regeln des Jugendschutzgesetzes dürfen Jugendliche nur bis Mitternacht auf Parties sein. | Bild: Eva-Maria Bast

Mit rund 40 000 Euro bezifferte Antes gegenüber dieser Zeitung die Kosten für die Entwicklung der Partypass-App. Der Weg bis zur fertigen App war etwas holprig, denn erst das dritte Unternehmen, die Firma feedback media design aus Stuttgart, schaffte es dann. Der zweite Anbieter, ein Unternehmen aus Markdorf, war pleite gegangen.

An der Finanzierung hat sich neben der Jugendstiftung auch das Landeskriminalamt (LKA) beteiligt. Das LKA nutzt den digitalen Partypass, um Warnhinweise oder Tipps einzuspielen. Jürgen Enderle vom LKA wies in Sigmaringen darauf hin, dass die Jugendlichen, die die App nutzen, sich nicht notwendigerweise die Tipps der Polizei anschauen müssten. Doch die bisherigen Erfahrungen hätten gezeigt, dass Neugier oft eine Triebfeder sei, um sich die Hinweise anzuschauen. Ein Zufallsgenerator steuert, welche Tipps angezeigt werden – beispielsweise solche über K.o.-Tropfen, das Tuning von Autos oder über die Folgen von Alkohol-Fahrten. Wenn sich die Jugendlichen auschecken, um rechtzeitig vor Mitternacht die Party oder das Fest zu verlassen, dann erscheint auf deren Smartphone eine Liste mit vier Überschriften, die zu den entsprechenden Tipps der Polizei führen.

Veranstalter müssen zahlen

Jugendliche, die die Partypass-App nutzen, müssen dafür nichts bezahlen. Den Veranstaltern wiederum, die den digitalen Partypass nutzen, wird ein kleiner Betrag in Rechnung gestellt. Sandra Guggemos von der Jugendstiftung erklärte, dass beispielsweise bei einer Veranstaltung mit bis zu 99 Leuten pro Jugendlichem neun Cent zu zahlen seien. Mit dem Geld, das die Jugendstiftung auf diesem Weg einnimmt, sollen die laufenden Kosten des App-Projekts gedeckt werden, wie Wolfgang Antes gegenüber dieser Zeitung sagte. Zahlen müssen Veranstalter aber erst im kommenden Jahr. In diesem Jahr können die Veranstalter die App noch kostenlos nutzen, wie Sandra Guggemos erklärte. Da das Konzept der App schnell verstanden werde, gebe es eine sehr große Akzeptanz unter den Jugendlichen, sagte Guggemos. Bis zum Mittwoch dieser Woche gab es bereits 1000 Downloads der neuen App, wie Martin Klawitter, einer der geistigen Väter der Papierform des Partypasses, sagte. Die Papiervorlagen wurden bis heute 565 000-mal heruntergeladen.

Brief an die Eltern

Wenn sich die Jugendlichen nicht an die Regeln halten, und die Party nicht spätestens um 24 Uhr verlassen, bekommen deren Eltern Post von der zuständigen Gemeindeverwaltung. Denn nach den Regeln des Jugendschutzgesetzes müssen Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren nach 24 Uhr zu Hause sein. Über Verstöße informieren die jeweiligen Veranstalter anhand ihrer Daten die Kommunen, die dann wiederum die Eltern anschreiben. Die Jugendlichen, die sich mittels QR-Code nicht rechtzeitig oder gar nicht abgemeldet haben, werden per E-Mail an die Kommunen gemeldet. Die Gemeinden selber müssen sich dafür auch im System angemeldet haben. Diese Briefe an die Eltern seien wichtig, um die Erziehungsberechtigten "stärker in die Verantwortung zu bringen", wie Dietmar Unterricker von der Sigmaringer Kinder- und Jugendagentur ju-max sagte. Einige Gemeinden würden diesen Effekt verstärken, da sie Gebühren verlangen würden.

Stefan Gebauer vom Konstanzer Kreisjugendreferat sieht den Partypass auch in seiner neuen Form nicht als Instrument der Kontrolle von Jugendlichen. Sondern die App solle Jugendlichen ein Mehr an Teilhabe bieten. Als Beispiel führte er das Konstanzer Oktoberfest an. Die Veranstalter würden nur noch Besucher ab einem Alter von 18 Jahren hineinlassen. Solche Beschränkungen hätten in der Vergangenheit dazu geführt, dass Jugendliche ihre eigenen Parallel-Parties feiern würden. Im Kreis Sigmaringen sollen im Herbst Vereine und Verbände über die neue App informiert werden.

Partypässe in Papierform gibt es bereits seit 2011

Seit dem Jahr 2003 treibt die Fachleute in den Behörden die Frage um, wie das Thema Jugendschutz bei Abendveranstaltungen umgesetzt werden kann. Denn seit damals sieht das Gesetz einen Erziehungsbeauftragten vor.

Ein Erziehungsbeauftragter, der nicht zwingend Vater oder Mutter sein muss, kann einem Jugendlichen das Recht einräumen, auch länger als 24 Uhr auf einer Party bleiben zu dürfen. Dazu muss der Beauftragte dem Jugendlichen eine entsprechende schriftliche Erklärung mitgeben – im Jargon der Jugendexperten "Mutti-Zettel" genannt. Dieser Pass hebt die Regel des Jugendschutzgesetzes aus, dass unter 18-Jährige ab 24 Uhr zuhause sein müssen. Die Mutti-Zettel hatten bundesweit für Furore gesorgt, berichtete Martin Klawitter am Mittwoch im Landratsamt. Es seien auch viele Fälschungen im Umlauf gewesen.

Für eine weitere heftige Debatte in der Region um diese Regelung hatte im Jahr 2005 ein Mordfall auf dem Heuberg gesorgt. Damals war eine 17-Jährige bei einer Brauchtumsveranstaltung erschlagen worden. Der Bürgermeister der Gemeinde hatte draufhin einen "Brandbrief" geschrieben, wie Klawitter schilderte. In diesem Schreiben hatte er gefordert, dass Minderjährige der Zugang zu solchen Festen verwehrt werden müsse.

Als Konzept, dem Gesetz genüge zu tun, wurde im Kreis Sigmaringen die Idee des Partypasses geboren. Im Frühjahr 2011 gab es die ersten Pässe. Jugendliche konnten mit diesem Pass zu einer Party oder einem Fest, mussten am Eingang den Ausweis abgeben und bekamen diesen um Mitternacht wieder zurück, wenn sie die Veranstaltung wieder verließen. Bis heute wurden Papierformen des Partypasses rund 565 000 mal heruntergeladen.

Aufgrund der seit November 2010 geltenden Rechtslage dürfen Personalausweise nicht mehr einbehalten werden. Auch deshalb bekam die Idee für eine App, der digitalen Form des Partypasses, wie es sie jetzt gibt, Auftrieb. Stefan Gebauer vom Kreisjugendreferat des Kreises Konstanz hatte bereits im April 2012 die ersten Ideen für einen digitalen Partypass. Dann begann die Suche nach einem Anbieter. 2013 begann ein Markdorfer Software-Unternehmen mit der Entwicklung der App. Da die Firma pleite ging, gab es einen Zwangsstopp. Nun steht die Technik bereit und kann genutzt werden. Die ersten Tests ergaben, dass die Partypass-App unter den Jugendlichen eine sehr große Akzeptanz findet. Probleme dürfte es nur geben, wenn die Internet-Verbindungen zu schwach sind. Dies dürfte vor allem der Fall sein, wenn Vereine in ländlichen Regionen Feste in Zelten veranstalten.