Karlheinz Fahlbusch

In diesem Raum in der Landeserstaufnahmestelle in der ehemaligen Graf-Staufenberg-Kaserne geht es bunt zu. An den Wänden hängen Bilder, auf den Tischen stehen Farben, Pinsel und andere Malutensilien. Im „Kinderland“ können die kleinen Bewohner spielen und sich kreativ betätigen. Die haupt- und ehrenamtlichen Helfer des Deutschen Roten Kreuzes engagieren sich hier, aber auch Till Schilling ist im Einsatz. Er ist Leiter der Kinder- und Jugendkunstschule in Pfullendorf. „Ich habe schon länger in Uhldingen ein Projekt mit Flüchtlingskindern und wollte auch in Sigmaringen etwas machen“, sagt der studierte Bildhauer und Meisterschüler. Und so entstand die Idee vom „Mobilen Malraum“.

Till Schilling (rechts) ist Leiter der Jugendkunstschule in Pfullendorf und hatte die Idee, auch in Sigmaringen meine Malaktion zu ...
Till Schilling (rechts) ist Leiter der Jugendkunstschule in Pfullendorf und hatte die Idee, auch in Sigmaringen meine Malaktion zu installieren. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Der Fantasie freien Lauf lassen

Im Malraum der Kunstschule Pfullendorf können Kinder und Erwachsene mit Pinsel und Farbe ihrer Fantasie freien Lauf lassen. „Jeder malt aus seinem Inneren heraus und darf seinen eigenen Raum der Kreativität leben“, sagt Schilling. Es gibt keine Kritik, Einmischung und Erwartungen. Es stehen lediglich Helfer zur Seite, die sich um die Malutensilien kümmern – in Sigmaringen sind das zwei Frauen aus Indien und ein Künstlerehepaar aus Damaskus. In einem der Räume der Kaserne wird Malerfilz ausgelegt, es werden Staffeleien aufgestellt, die mobilen Farbtische platziert und schon kann es losgehen mit dem Malen.

Bereicherung für das Zusammenleben

Die Arbeit direkt in den Unterkünften hat sich laut Schilling als sehr sinnvoll erwiesen, da die Kinder in großer Anzahl am Angebot teilnehmen können. „Die Kinder versinken zwei Stunden lang in der Malerei und finden zu sich selbst“, freut sich Stefanie Gäble vom DRK, die für die Koordination der ehrenamtlichen Arbeit in der Flüchtlingsbetreuung zuständig ist. Sie stellte fest, dass zunehmend auch Erwachsene und Jugendliche am Angebot teilnehmen. Das sei eine große Bereicherung für das Zusammenleben in den Unterkünften.

Kinder haben auf der Flucht oft schlimme Situationen erlebt. Beim Malen können sie diese oft auch besser verarbeiten.
Kinder haben auf der Flucht oft schlimme Situationen erlebt. Beim Malen können sie diese oft auch besser verarbeiten. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Sowohl für Till Schilling als auch für seine Helfer ist die Arbeit jede Woche neue Herausforderung und Abenteuer zugleich. Denn die verschiedenen Stimmungen in den Unterkünften würden direkt auf die Kinder übertragen. Bedingt durch die räumliche Enge werden Konflikte unter Erwachsenen oft vor den Augen der Kinder ausgetragen, für die es wiederum schwer einzuschätzen sei, um was es eigentlich geht. Da sei es eine große Hilfe, wenn die Kinder sich aus diesen Problemen durch die Malerei ausklinken können. Die Regelmäßigkeit des Angebots und die Betreuung durch immer dieselben Erwachsenen geben den Kindern und Jugendlichen die Verlässlichkeit, nach der sie sich sehnen.

Im Malraum geht es bunt zu, hier finden die Kinder Ablenkung.
Im Malraum geht es bunt zu, hier finden die Kinder Ablenkung. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

„Der mobile Malraum ist so ausgelegt, dass er durch die Kunstschule Pfullendorf betreut wird, aber im Idealfall durch Helfer aus den Unterkünften weitergeführt werden kann“, erläutert Schilling das Konzept. Die Kunstschule Pfullendorf stößt immer neue Projekte an verschiedenen Orten an und versucht diese an örtliche Partner abzugeben. Einmal monatlich sollen Dozenten der Kunstschule die Projekte besuchen, um deren Weiterführung zu kontrollieren, da Helfer aus den Unterkünften manchmal von einen Tag auf den anderen in andere Wohnheime umgesiedelt würden und dann nicht mehr zur Verfügung stünden. In Uhldingen-Mühlhofen gibt es keine Helfer aus der Unterkunft. Deshalb ist die Kunstschule dort wöchentlich vor Ort.

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Wöchentlich kommen 30 Kinder zum Malen

Auch in der Erstaufnahmestelle in Sigmaringen ist die wöchentliche Präsenz nötig. Denn Geflüchtete sind oftmals nur wenige Wochen in den Unterkünften und können daher kaum sinnvoll als Helfer eingearbeitet werden. Wöchentlich kommen in einer Unterkunft bis zu 30 Kinder zum Malen. Für Gäble und Schilling ist das der Beweis, dass es sich um ein sinnvolles Angebot handelt, das unbedingt erhalten bleiben müsse.

Stefanie Gäble vom DRK (rechts) und die Kinder aus Flüchtlingsfamilien verstehen sich bestens. Der 38-jährige Thaer aus Palästina ...
Stefanie Gäble vom DRK (rechts) und die Kinder aus Flüchtlingsfamilien verstehen sich bestens. Der 38-jährige Thaer aus Palästina (Zweiter von rechts) ist einer der Helfer, die auch flüchten mussten. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz