Wer im Berggasthof ein Schwabentöpfle bestellt, verspeist dieses im Landkreis Sigmaringen. Doch schwuppdiwupp landet man beim Verdauungsspaziergang im Bodenseekreis und genießt die Aussicht über das Deggenhausertal – also im Landkreis Ravensburg. Diese geografische Besonderheit hat mit der großen baden-württembergischen Kreisreform von 1973 zu tun. Vor einem halben Jahrhundert wurden Landkreise zusammengelegt und Grenzen neu gezogen. Der Höchsten gehört heute zum Bodenseekreis mit der Gemeinde Deggenhausertal im Süden und zum Landkreis Sigmaringen mit der Gemeinde Illmensee im Norden. Anteile am Höhenrücken hat auch die Gemeinde Wilhelmsdorf im Landkreis Ravensburg. Vor der Kreisreform gehörte der Höchsten zum Kreis Überlingen.
Höchsten ist für Gastronom ein besonderer Kraft- und Wallfahrtsort
Für Gastronom und Hotelier Hans-Peter Kleemann ist der Höchsten ein ganz besonderer Kraft- und Wallfahrtsort, den schon die Kelten verehrt haben sollen. Er und seine Frau Regina betreiben auf dem Höchsten ein Berggasthaus mit Hotel. 2010 hat Familie Kleemann zudem die ehemalige Fachklinik Rubacker erworben, um dort ein Wellness-Hotel zu errichten. Der neue Hotelkomplex sollte im Herbst 2022 fertig sein sollen, hätten nicht Corona, explodierende Baupreise und die Bürokratie dazwischengefunkt.
Regierungspräsidium entscheidet mit
Das Regierungspräsidium Tübingen redete ein Wörtchen mit, denn die Zusammenlegung von Bestand, Neu- und Umbau ist von raumordnerischer Bedeutung und machte ein so genanntes Zielabweichungsverfahren notwendig. Hinzu kommt die der Lage geschuldete Besonderheit, dass ein Teil der neu geplanten Zimmer auf Gemarkung Illmensee (Landkreis Sigmaringen), der andere auf Gemarkung Deggenhausertal (Bodenseekreis) liegt. Und so müssen mitunter zwei Gemeinderatsgremien und zwei Landratsämter ihre Zustimmung erteilen. „Mal ist das Baurechtsamt Markdorf zuständig, mal Pfullendorf. Ich warte aktuell noch auf den roten Punkt zur Baufreigabe. Ein Problem in Sachen Brandschutz ist die Wasserversorgung beziehungsweise der niedrige Wasserdruck“, erzählt Hans-Peter Kleemann im SÜDKURIER-Gespräch.
Hans-Peter Kleemann sieht den Höchsten als Verbindungsglied
Einmal abgesehen von den bürokratischen Hürden, die es zu überwinden gilt, macht Hans-Peter Kleemann keinen Unterschied zwischen diesem und jenem Kreis. „Ich bin mit beiden eng verbunden, wir sehen uns auf dem Höchsten als Verbindungsglied“, so der Wirt, der in Benistobel im Deggenhausertal geboren wurde. Sein privates Wohnhaus auf dem Höchsten gehört zum Landkreis Sigmaringen und das Kennzeichen für sein Auto hat er auch in der Zulassungsstelle des Landkreises Sigmaringen geholt.
Bürgermeister von Illmensee spricht ein Machtwort
Kleemann selbst war 1973 erst 14 Jahre alt und es sollte noch sieben Jahre dauern, bis er auf den Höchsten zog, dennoch kann er eine Anekdote zur Kreisreform erzählen. Seine Tante Klothilde Kleemann hat ihm erzählt, wie es zugegangen war, als sich die Landräte der Kreise und Bürgermeister der Gemeinden zu Beratungen auf dem Höchsten trafen. „Es wurde lautstark diskutiert und es muss zugegangen sein, wie bei einem Kuhhandel“, so Kleemann. Höhreute, ein Teil der Gemeinde IIllwangen beziehungsweise lllmensee, wurde dem Kreis Ravensburg zugeschlagen und um ein Haar wäre das mit dem Höchsten auch passiert. Doch dann muss Illmensees damaliger Bürgermeisters Xaver Reis mit der Faust auf den Tisch geschlagen haben: „Wir geben den Höchsten nicht her!“