Lara Auerswald

Für Philipp Jacob ist Mode ein Lebensstil. 2017 schloss der gebürtige Pfullendorfer seine beiden Ausbildungen zum Modedesigner und Maßschneidergeselle an der Modefachschule Sigmaringen ab. Auch Moritz Kossytorz, gebürtig aus Herdwangen, arbeitet in der Modebranche.

Gemeinsam mit seiner Freundin Anthea Riegger aus Pfullendorf gründete er 2016 das Unternehmen Massura. Die beiden Nachwuchsdesigner spezialisieren sich auf maßgeschneiderte Herrenmode. Philipp Jacob und Moritz Kossytorz sind zwei von 20.000 Männern, die laut Statistischem Bundesamt in Deutschland in der Modebranche tätig sind, genauer: in der Herstellung von Bekleidungsstücken.

68.000 Menschen sind es insgesamt. Kleidung ist nicht mehr nur Mittel zum Zweck, entsprechend hoch ist der Stellenwert der Branche.

Moritz Kossytorz trägt einen seiner Anzüge, der von ihm entworfen und in Italien geschneidert wurde.
Moritz Kossytorz trägt einen seiner Anzüge, der von ihm entworfen und in Italien geschneidert wurde. | Bild: Anthea Riegger

Warum Modebranche? "Ästhetik, zeichnen und basteln war mir bereits in der Grundschule immer wichtig und ich glaube, ich hatte früh ein gutes Gespür dafür", sagt Philipp Jacob. Der 21-jährige Pfullendorfer wohnt heute in der Schweiz. Dort arbeitet er für ein internationales Luxusmodelabel im Bereich Damenmode in der Abteilung "Creation".

Nebenbei schreibt er seit 2014 seinen eigenen Modeblog "Fashion Worship" (www.fashion-worship.com). Eines fasziniert ihn besonders an seinem Beruf: "Der Prozess, aus einer noch so kleinen Idee und Inspiration etwas Großes zu entwickeln und am Ende das Gefühl zu haben, ein tolles Produkt geschaffen zu haben." Als Mann in der Branche habe er keine Probleme.

"Aktuell scheint man das Arbeiten in der Modebranche eher mit dem Beruf einer Frau zu verbinden als mit dem eines Mannes, was in meinen Augen völlig falsch ist", sagt er. Männer seien in der Modewelt schon immer von großer Bedeutung gewesen. "Sei es allein der Beruf des Schneiders, welcher früher ein reiner Männerberuf war und in einigen Ländern auch heute noch ist. Ebenfalls wurde die Haute Couture von einem Mann gegründet." "Haute Couture " bedeutet "gehobene Schneiderei" und bezeichnet die aus luxuriösen Materialien in Handarbeit maßgeschneiderten Modekreationen renommierter Modehäuser im obersten Preissegment.

Auch Moritz Kossytorz, gebürtig aus Herdwangen, hat sich seine berufliche Existenz in der Modebranche aufgebaut. Gemeinsam mit seiner Freundin Anthea Riegger aus Pfullendorf gründete er 2016 das Unternehmen Massura. Der Name Massura beruht auf dem italienischen Wort Misura, was im Deutschen "Maß" bedeutet. Während seines Studiums für Wirtschaftswissenschaften arbeitete Moritz Kossytorz in einem Start-Up Unternehmen für Maßkleidung.

"Dadurch, dass ich direkt ab der Gründung des Start-Ups dabei war, konnte ich alle Facetten des Gründens und einer Selbstständigkeit miterleben", sagt er. Diese Erfahrungen und die Faszination, die seine Freundin Anthea für Mode entwickelte, ließ den Entschluss reifen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Es sei weniger um die Selbstständigkeit an sich gegangen, sondern vielmehr darum, die Leidenschaft für hochwertige Maßkleidung und Mode auszuleben. "Der Wunsch, jedem ein individuelles Kleidungsstück anzufertigen, das Handwerk näherzubringen und wieder mehr Qualität in unserer Gesellschaft zu etablieren, stand von Anfang an im Vordergrund", sagt der 24-Jährige.

Moritz Kossytorz und Anthea Riegger mussten sich ins Thema Schneiderhandwerk erst einarbeiten. Dazu besuchten sie zahlreiche Schneider in Italien. "Anfang 2018 zogen wir nach München, um Massura dort eine bessere Plattform zu bieten", sagt Moritz Kossytorz. Sie besuchen ihre Kunden zu Hause oder in Hotels. Eine eigene Ladenfläche besitzen sie nicht. Das Team von Massura reise häufig nach Paris oder Zürich, um dort in Hotels sogenannte "Trunkshows" zu veranstalten. "Dabei laden wir unsere Kunden ein, uns in einem Hotel zu besuchen um unsere Kollektion zu sehen, Maße zu nehmen und eine individuelle Bestellung aufzugeben", erklärt Anthea Riegger. Geschneidert wird die Kleidung in einem Atelier in Süditalien.

Moritz Kossytorz ist sich sicher, dass er den richtigen Weg eingeschlagen hat. "Der Moment, wenn der Kunde seinen Anzug bekommt und er perfekt passt und unglaublich gut aussieht. Dem Kunden schwillt die Brust und die meisten sind unfassbar stolz, so ein qualitativ hochwertiges Produkt zu tragen." Das beschreibt er als einen der besten Momente in seinem Job.

 

Geschichte der Textil- und Bekleidungsindustrie

Die erste Ausprägung einer Textil- und Bekleidungsbranche in Westeuropa ist dem Mittelalter zuzuordnen, heißt es in einem Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung dazu. Dennoch nahm die Relevanz der Bekleidungsindustrie in Deutschland erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu. Die Anzahl der Betriebe stieg von 1880 bis 1885 um 50 Prozent auf 3260. Die Anzahl der dort Beschäftigten stieg um 70 Prozent auf über 580 000. Die hohe Phase endete mit Beginn des Zweiten Weltkrieges. Fast die Hälfte der Arbeiter wurde für die Kriegsführung benötigt und zahlreiche Fabrikanlagen wurden zu Produktionsanlagen für die Rüstungsindustrie umgebaut. Asien, Südamerika, Australien und Afrika erschienen als neue Akteure auf dem Markt. In den 1950er Jahren erlebte die deutsche Textilindustrie durch den verstärkten Einsatz von Chemiefasern einen Aufschwung. Einer der ersten Modeschöpfer war Charles Frederick Worth (1825–1895), der auch als Gründer der Haute Couture gilt. Er erreichte, dass Kunden einen Stil mit einem Modemacher verknüpften und schuf die Tradition die Kleidungstücke durch Models zu präsentieren. (lar)