Es war der 22. September des Jahres 1902 als General Paul von Hindenburg und General Hausmann mit 90 Offizieren und 1950 Mann in Pfullendorf einquartiert wurden. Grund war das große Herbstmanöver. Hindenburg wohnte im Hotel „Schwanen“ (heute Café Moccafloor) und später im Schloss in Heiligenberg. Er war damals Kommandeur der 28. Infanteriedivision in Karlsruhe.
An große Garnison dachte zunächst niemand
An eine große Garnison dachte in Pfullendorf zu der Zeit noch niemand. Und wäre die Geschichte anders gelaufen, so wäre die Kaserne in der Linzgaustadt heute vielleicht nach dem späteren Reichspräsidenten und Generalfeldmarschall benannt. Nun heißt sie schlicht „Staufer-Kaserne“, benannt nach dem großen Kaisergeschlecht, dem Pfullendorf auch seine Stadtrechte verdankt.

Nachdem 1956 die Planungsarbeiten für die Kaserne abgeschlossen waren, folgte am 20. Juli 1957 der erste Spatenstich. Es war der Gedenktag für Widerstandskämpfer Claus Schenk Graf von Stauffenberg, den man seit 1952 an immer mehr Orten in der Bundesrepublik beging. Im September 1958 wurde die Standortverwaltung eingerichtet und bereits ein Jahr später erfolgte die Schlüsselübergabe für den ersten Bauabschnitt.
Garnison in Pfullendorf offiziell seit 1959
Am 22. Juni 1959 marschierte das erste Bataillon durch das Obertor und die Altstadt. Seitdem gab es ganz offiziell die Garnison Pfullendorf. Die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik stieß auch in Pfullendorf auf Kritik. Die ursprüngliche Forderung nach einem entmilitarisierten Land spukte noch in vielen Köpfen und nicht zuletzt waren es auch viele ehemalige Frontkämpfer, die vom Militär „endgültig die Schnauze voll hatten“, wie mehrfach berichtet wird. Für Pfullendorf aber war die Garnison auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Hier wurde ständig gebaut und erweitert. Und das ist bis heute so geblieben.
10.000 Zuschauer bei Gelöbnis
Heute wäre es wohl undenkbar, dass zu einem öffentlichen Gelöbnis 10 000 Zuschauer kommen. Am 15. November 1962 war es aber so. 300 Rekruten aus Pfullendorf traten beim ersten feierlichen Gelöbnis in Überlingen an. In Pfullendorf selbst war das bereits am 15. November der Fall. Bereits im September 1961 hatte der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Kurt Georg Kiesinger, die Kaserne besucht und eröffnete damit den Reigen hochrangiger Politiker, die in den 60er Jahren den Weg in den Linzgau fanden. Am 25. Juni 1965 kam sogar der damalige Bundeskanzler persönlich. Ludwig Erhard, im Ersten Weltkrieg selbst Artillerist, brachte auch Verteidigungsminister Kai Uwe von Hassel mit. 1969 gab Ministerpräsident Hans Filbinger den Soldaten die Ehre. Er musste später wegen vier Urteilen, die er als Marinerichter und NSDAP-Mitglied gefällt hatte, zurücktreten.

Bis zu 2500 Soldaten waren in Pfullendorf stationiert und prägten das Bild der Stadt. Uniformierte waren überall anzutreffen und so manches junge Mädchen verliebte sich in „ein Soldätle“, wie die Wehrpflichtigen oft etwas geringschätzig von den Älteren genannt wurden. Die Wehrpflicht hatte man bereits 1956 eingeführt. Sie dauerte bis 1962 zwölf Monate und wurde 1962 zweimal erhöht.
Wehrpflicht in mehreren Schritten verlängert
Zunächst auf 15 und dann auf 18 Monate. Für die jungen Männer bedeutete das sehr viele Monate in Pfullendorf zumindest während der Grundausbildung, die viele Wochen dauerte. In den 60er Jahren durfte man in den ersten Wochen am Wochenende nicht nach Hause fahren. Und nicht jeder Wehrpflichtige hatte ein Auto. So verbrachte man die Freizeit im Städtle. Zeitzeugen berichten heute noch davon, dass dabei so manches Inventar von Kneipen zu Bruch gegangen sei und die Feldjäger besonders an den Wochenenden enormen Stress hatten.
Ehrennadel für Hans Ruck
Ein Aufruhr gab es deshalb aber nicht. Denn in Pfullendorf stand man von Anfang an zur Bundeswehr. 1967 bekam der damalige Bürgermeister Hans Ruck sogar die Ehrennadel des Artillerieregiments 10 verliehen. Die Armee würdigte damit seinen Verdienst zur Schaffung der Garnison. Im benachbarten Sigmaringen hatten sich Gemeinderat und Bürgermeister an die Bundesregierung in Bonn appelliert, in Sigmaringen doch bitte keine Garnison einzurichten, weil man Nachteile für die Ruhe in der Stadt befürchtetet. Es kam dann anders.

Auch in Pfullendorf änderten sich die Zeiten. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die Kaserne überwiegend von Jägereinheiten genutzt. 1997 kam die Internationale Fernspähschule der Bundeswehr aus Weingarten nach Pfullendorf. Diese wurde dann 2003 zum Ausbildungszentrum Spezielle Operationen umgegliedert. Diese in Europa einzigartige Einrichtung mit neun Mitgliedsstaaten dient deren Streitkräften zur Ausbildung von Spezial- und spezialisierten Kräften, für Soldaten aus Deutschland vor allem für die Division Schnelle Kräfte (DSK) und das Kommando Spezialkräfte (KSK). Die Aussetzung der Wehrpflicht hatte, im Gegensatz zur Graf-Stauffenberg-Kaserne in Sigmaringen, in Pfullendorf wenig Auswirkungen, weil hier sowieso kaum noch Wehrpflichtige waren.
Wichtiger Wirtschaftsfaktor
Neben den rund 500 Soldaten sind am Standort Pfullendorf etwa 70 zivile Mitarbeiter beschäftigt. Diese gehörten zum Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Stetten am kalten Markt. Die Bundeswehr gilt als ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Stadt Pfullendorf. Man geht davon aus, dass die Standortschließung einen Kaufkraftverlust von sechs Millionen Euro jährlich bedeutet hätte. Zwar sind die Soldaten nicht mehr so oft im Stadtgebiet anzutreffen wie in den 60er Jahren, aber viele wohnen mit ihren Familien in Pfullendorf oder in der Umgebung und gehören einfach dazu.
Namensgebung für Kaserne
Die Kaserne in Pfullendorf hat seit ihrem Bestehen zweimal den Namen gewechselt. Beim ersten Spatenstich am 20. Juli 1957 hieß sie noch „Neue Kaserne“. Das wohl deshalb, weil es schon vorher in der Linzgaustadt eine Kaserne gab. Die stand in der Überlingerstraße in der Vorstadt und wurde bereits im 18. Jahrhundert zur Privatnutzung verkauft. Am 27. Oktober 1964 wurde die „Neue Kaserne“ im Rahmen eines feierlichen Appells in „Generaloberst von Fritsch-Kaserne“ umbenannt. Sie trug diesen Namen dann bis zum Jahr 2013. Damals sprach sich der Gemeinderat für den Namen „Staufer-Kaserne“ aus und die Bundeswehr konnte dem zustimmen.
Vorangegangen waren Diskussionen um den Wehrmachtsoffizier Werner von Frisch. Der stand zwar dem Hitler-Regime kritisch gegenüber, hatte sich aber in einem privaten Brief antisemitisch geäußert. Die Umbenennung fand dann am 18. Dezember des Jahre 2013 beim Jahresabschlussappell statt. Grund war die Überarbeitung der zentralen Dienstvorschrift „Benennung von Liegenschaften der Bundeswehr“. Im Zuge dessen wurden bis 2016 insgesamt 16 Kasernen umbenannt. Die Namensgeber der Kasernen wurden als nicht mehr sinnstiftend für die Bundeswehr angesehen.