Bis zum Schuljahresbeginn 2025/2026 entsteht am Stadteingang von Sigmaringen, gegenüber dem Krankenhaus, etwas ganz Besonderes. In dieser Einschätzung waren sich alle Beteiligten bei der offiziellen Vertragsunterzeichnung für den Neubau der Bertha-Benz-Schule am Montagabend einig. Statt den bislang fünf Schulgebäuden mit ihrem gewerblichen, ernährungs- und sozialwissenschaftlichen Bildungsangebot, entsteht auf insgesamt rund 40 000 Quadratmetern ein hochwertiges Schulgebäude mit rund 20 300 Quadratmeter Bruttogeschossfläche nebst Campus und einem Parkhaus. 99 Millionen Euro kostet das „Leuchtturmprojekt“, wie Landrätin Stefanie Bürkle die größte Einzelinvestition in der Landkreisgeschichte bezeichnete. Eine vertraglich vereinbarte Preisgleitklausel während der Bauphase und festgelegten Energieverbrauchswerten in der Nutzungsphase soll für eine weitgehende Planungs-und Kostensicherheit sorgen.

Neue Schule mit 40 000 Quadratmetern

Der Landkreis setze in Zeiten des Facharbeitermangels ein klares Zeichen, dass man zur heimischen Wirtschaft und zum Handwerk stehe, blickte die Kreischefin auf die Projekthistorie zurück, die schon 2014 begann. Damals habe der Kreistag eine Gesamtkonzeption für das Berufsschulwesen eingefordert, einhergehend mit der Frage, ob man die bestehenden Gebäude sanieren oder neu bauen sollte. 2017 fiel die Entscheidung für den Neubau und zwei Jahre später hatte man sich für den Standort gegenüber dem Krankenhaus entschieden. Fachbereichsleiter Helmut Göppel-Wentz habe dann die Idee einer öffentlich-rechtliche Partnerschaft (ÖPP) für das Projekt aufgebracht, das den Lebenszyklus eines Gebäudes als Kosten- und Bewertungsmaßstab präferiert.

So soll der Neubau der Bertha-Benz-Schule aussehen.
So soll der Neubau der Bertha-Benz-Schule aussehen. | Bild: Hof 437 Netzwerk für Raum und Form, Georg Reisch GmbH & Co.KG, LRO GmbH & Co.KG

Landrätin Bürkle ist vom „Jahrhundertprojekt“ begeistert

Beim EU-weiten Ausschreibungsverfahren im Jahr 2020 wurden Funktionalität, Energieeffienz oder Nachhaltigkeit höher bewertet als der Preis. „Nach der Fertigstellung erfüllt der Neubau die Kriterien für eine Platin-Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen“, erklärte Landrätin Bürkle. „Für die berufliche Bildung im Landkreis Sigmaringen bildet der Neubau einen Meilenstein, der ideale und zukunftsgerechte Grundlagen für die Ausbildung der kommenden Generationen bietet. Das Projekt wird neben technischen Anforderungen auch hohen Qualitätsansprüchen in ökologischer, ökonomischer und soziokultureller Hinsicht gerecht“, zeigte sich die Kreischefin Bürkle vom Jahrhundertprojekt begeistert.

Baufirma ist stolz, das Projekt im Heimatlandkreis verwirklichen zu können

Dass man dieses Projekt mit einem Partner aus dem Landkreis, der Bad Saulgauer Baufirma Georg Reisch GmbH, verwirkliche, freue sie enorm, bekannte Bürkle und auch Reisch-Geschäftsführer Hans-Jörg Reisch waren Freude und Stolz anzumerken, dass sein Unternehmen sich gegen drei Mitbewerber durchgesetzt hat: „Ich bin stolz, dass wir als Unternehmen aus dem Kreis Sigmaringen mit diesem Projekt bauliche Spuren in unserer Heimat hinterlassen.“ Sein Geschäftsführerkollege Wolfgang Müller versicherte im Anschluss: „Dieses Team kann Schule.“ Er stellte kurz die beteiligten Fachbüros und Unternehmen vor, die allesamt aus der Region kommen, um so auch während des 25-jährigen Schulbetriebs stets kurze Wege zu Ansprechpartnern zu haben, und seit 1,5 Jahren gebe es in diesem Team einen wöchentlichen Austausch.

Schulleitung freut sich auf räumliche Einheit aller Fachbereiche

Namens der Schulleitung freut sich Rektor Ottmar Frick, dass die Bertha-Benz-Schule künftig in einem Gebäudekomplex untergebracht ist und man dann eine Einheit bilde. „Wir wollen einen Lebensort schaffen“, freut er sich auf den Umzug, der vor dem Schuljahresbeginn 2025/2026 erledigt sein soll.

Im Mittelpunkt des Baukörpers steht der Kreis

Katja Pütter vom Stuttgarter Architekturbüro LRO GmbH stellt den Entwurf vor, den Landrätin Bürkle als „genial“ bezeichnet hatte. Auf dem dreieckigen Grundstück entsteht im Vordergrund ein mehrstöckiges Rundel, angedockt an einen langen Baukörper, der teilweise in den ansteigenden Hang eingelassen wird. Immer wieder betonte die Planerin die Bedeutung des Kreisform, die ein klar erkennbares Zentrum entstehe lasse, Orientierung und eine intuitive Wegeführung ermögliche.

Im Neubau der Bertha-Benz-Schule sollen und können sich die Schüler wohlfühlen.
Im Neubau der Bertha-Benz-Schule sollen und können sich die Schüler wohlfühlen. | Bild: LRO Architekturbüro

Dieser „Campus“ ist durch drei Öffnungen im Erdgeschoss sowie vom Foyer aus erreichbar und dient als Treffpunkt, Haupteingangsvorplatz, Veranstaltungshof, Festplatz und attraktiver Innenhof mit Freitreppe und Blick auf Sigmaringen. In dem parallel zu den Höhenlinien verlaufenden Riegel sind die Fachbereiche mit ihren Werkstätten angesiedelt. Begrünte Innenhöfe stellen die natürliche Belichtung sicher. Der Ring beinhaltet die allgemeinen Unterrichtsbereiche.

Leerstand von Räumen wird vermieden

Ohne Überschneidungen der jeweiligen Bewegungs- und Verkehrsströme lässt sich das Zentrum des Gebäudes erreichen. Beide Baukörper sind mit Holz bekleidet, und durch ihre Platzierung ergeben sich unterschiedliche Freibereiche. Freies Lernen könnte auch im Innenhof erfolgen oder in den Lernzonen, die als Fluraufweitungen im Gebäude verteilt vorkommen. Da die Mensa und ein Teil der Aufenthaltsfläche ineinander übergehen, können diese Flächen auch wechselseitig genutzt werden, je nach Bedarf. „Leerstand von Räumen über weite Abschnitte des Tages lässt sich so vermeiden“, ergänzte Katja Pütter, dass alle Ebenen per Aufzug erreichbar sind. Auf dem Schul- und Parkhausdach werden Photovoltaikanlagen installiert und wo es sinnvoll ist, diese Flächen extensiv begrünt. In einer Animation ließ Pütter die Besucher an einem Schulrundgang teilhaben, bevor Landrätin Bürkle und Geschäftsführer Reisch offiziell den Vertrag unterzeichneten.