Ein Mammut-Projekt stemmt der Landkreis mit dem Neubau der Bertha-Benz-Schule in Sigmaringen, die auf der grünen Wiese gegenüber der Kreissporthalle entstehen soll. Statt den bislang genutzten fünf Schulgebäuden am alten Standort mit ihrem gewerblichen, ernährungs- und sozialwissenschaftlichen Bildungsangebot, entsteht mit dem Neubau nun auf rund 40 000 Quadratmeter Grundstücksfläche ein hochwertiges Schulgebäude mit rund 20 300 Quadratmeter Bruttogeschossfläche nebst Campus und einem Parkhaus, eingebettet in eine naturnahe Streuobstwiese.
Firma Georg Reisch GmbH & Co.KG überzeugt mit Entwurfsplanung
Einstimmig entschied sich der Kreistag am Montagnachmittag für die bislang größte Investition der Landkreisgeschichte, obwohl sich die Gesamtkosten deutlich erhöht haben. Erst nachdem die Kreisräte sich für den günstigsten Bieter entschieden hatten, erfuhren sie offiziell, das sie für das Bad Saulgauer Unternehmen Georg Reisch GmbH & Co. KG votiert hatten. Diese Geheimhaltung war ein Passus der europaweiten Ausschreibung. Das heimische Unternehmen konnte mit seinem Entwurf des renommierten Architekturbüros LRO GmbH & Co. KG aus Stuttgart besonders in den Kriterien Architektur und Städtebau, Funktionalität, Qualität und Nachhaltigkeit sowie Gebäudemanagement überzeugen.
Landkreis muss deutliche Kostensteigerungen verkraften
Eine dicke Kröte mussten die Kreistagsmitglieder bei der Kostenentwicklung schlucken. Im Jahr 2019 hatte die Prognose für den Anteil des Landkreises bei 77 Millionen Euro gelegen, aber die enorm gestiegenen Baukosten, gesetzliche Vorgaben sowie der schwierige Baugrund verteuern das Vorhaben enorm. Hingegen bleiben die Zuschüsse des Landes unverändert, da sich diese Förderung am Raumprogramm des Schulneubaus orientieren, erläuterte Fachbereichsleiter Helmut Göppel-Wentz. In Verbindung mit den Nutzungskosten, Projektsteuerung, angesetzten Instandhaltungsrücklagen und weiteren Leistungen errechnet sich für das Projekt nun ein Gesamtbarwert von 150,4 Millionen Euro, und der Landkreis muss 105 Millionen Euro und damit zusätzlich 26,8 Millionen Euro übernehmen.
Kreisumlage soll auf 33 Prozent erhöht werden
Der Finanzierungsplan von Kreiskämmerer Peter Hotz sieht vor, die vorhandenen Reserven von 39 Millionen Euro zu verwenden und 42 Millionen Euro an Krediten aufzunehmen. Der Rest soll über den Kreishaushalt erwirtschaftet werden, und hier maßgeblich über eine Erhöhung der Kreisumlage von derzeit 28,5 Prozent auf 31 Prozent im Jahr 2023 und für die zwei Folgejahre auf 33 Prozent. „Jeder Prozentpunkt bringt zwei Millionen Euro“, rechnete Hotz vor.
„Durch eine vertraglich vereinbarte Preisgleitklausel während der Bauphase und festgelegten Energieverbrauchswerten in der Nutzungsphase besteht trotz der momentanen Unwägbarkeiten eine weitgehende Planungs- und Kostensicherheit“, erklärte der Kämmerer.
Zum Schulneubau gehört ein Parkhaus
Mit dem Neubau wird nach Überzeugung von Studiendirektor Ottmar Frick ein zentrales Ziel erreicht: „Die Schule ist dann eine Einheit“, erklärte er in der Kreistagssitzung. Dann seien die bislang formal getrennten Schultypen in einem Gebäude untergebracht, dessen Architektur mit dem mehrstöckigen Rundel mitsamt lang gezogenen Anbau es ermögliche, dass die verschiedenen Schularten, Fachrichtungen und Bildungsgänge flexibel auf unterschiedliche pädagogische Anforderungen und Konzepte reagieren könnten. Zudem gebe es Erweiterungsmöglichkeiten. Aktuell besuchen 1463 Schüler die Bertha-Benz-Schule, wobei die Zahl die nächsten Jahre aufgrund der Demografie auf 1350 sinken soll, bevor sie bis 2035 sich wieder auf 1500 bis 1600 steigert. Zum neuen Schulcampus gehört auch ein mehrstöckiges Parkhaus.
Eindeutiges Ja aller Kreistags-Fraktionen
„Für die berufliche Bildung im Landkreis Sigmaringen bildet der Neubau einen Meilenstein, der ideale und zukunftsgerechte Grundlagen für die Ausbildung der kommenden Generationen bietet. Das Projekt wird neben technischen Anforderungen auch hohen Qualitätsansprüchen in ökologischer, ökonomischer und soziokultureller Hinsicht gerecht“, zeigte sich Landrätin Bürkle vom Jahrhundertprojekt begeistert. Auch die Vertreter der Kreistagsfraktionen befürworteten den Neubau. „Wir bauen für die nächsten Generationen“, erklärte CDU-Fraktionschef Thomas Kugler, dass der Landkreis mit dem Schulprojekt auch ein Zeichen an die Jugend setze. „Wer in Schulen investiert, glaubt an die Zukunft“, pflichtete ihm Hermann Brodmann als Sprecher der Grünen bei. Seine Fraktion stehe voller Überzeugung hinter dem Vorhaben, das ein Leuchtturmprojekt werden könne. „Das ist eine Chance für kommende Generationen“, ist auch SPD-Sprecher Matthias Seitz von Sinnhaftigkeit der größten Einzelinvestition des Landkreises überzeugt.
Schulstandort Sigmaringen wird aufgewertet
Der Neubau werte den Schulstandort Sigmaringen weiter auf, ist Dr. Marcus Ehm, Bürgermeister der Kreisstadt überzeugt, wobei er den Standort gegenüber der Kreissporthalle als optimal bezeichnete. Für die Freien Wähler erinnerte Elisabeth Gruber daran, dass Schulen eine Pflichtaufgabe des Landkreises seien. Als Signal an Betriebe, Bürgerschaft und besonders die Jugend, bezeichnete Landrätin Bürkle das Vorhaben, verbunden mit der Hoffnung auf steigende Schülerzahlen. Bezüglich der geplanten Erhöhung der Kreisumlage zur Finanzierung des Projekts, wies sie daraufhin, dass man die Umlage in den vergangenen acht Jahren um acht Prozent gesenkt habe.
Bau wird im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) erfolgen
Nach dreijähriger intensiver Projektentwicklung, bei der der Landkreis durch Berater der öffentlichen Hand GmbH aus Berlin, Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB aus Stuttgart sowie Pfaller Ingenieure GmbH & Co. KG aus Nürnberg unterstützt wurde, hat der Kreistag beschlossen, den Auftrag für Planung, Bau und Betrieb der Bertha-Benz-Schule an die Georg Reisch GmbH & Co. KG aus Bad Saulgau zu vergeben. Das Auftragsvolumen für Planung und Bau beträgt knapp 99 Millionen Euro und die Gesamtkosten werden mit rund 150 Millionen Euro kalkuliert. Der Bau wird im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) erfolgen. Das heißt, Planung und Bau erfolgen durch die Firma Georg Reisch GmbH & Co. KG und nach der Fertigstellung wird das Unternehmen das Schulgebäude und die Außenanlagen über einen Zeitraum von 25 Jahren technisch betreiben. Grundstück und Gebäude verbleiben im Eigentum des Landkreises. (siv)