Tübingens Regierungspräsident Klaus Tappeser hat sich für einen Überraschungsbesuch in der Erstaufnahmeeinrichtung der Kreisstadt entschieden. "Ich möchte allen Mitarbeitern frohe Weihnachten wünschen und Dank sagen für gefühlte 54 Wochen im Jahr", begründete der 61-Jährige sein kurzfristiges Kommen. Doch bevor er seine Runde bei den Sicherheitskräften, bei den Sozialverfahrens-, Gesundheits- und Alltagsbetreuern sowie den Koordinatoren der Ehrenamtlichen auf dem Areal der ehemaligen Graf-Stauffenberg-Kaserne machte, sollten die Medienschaffenden erfahren, wie es um die hier geplante Polizeiwache steht.
Verzögerte Fertigstellung
Diese wird das eingeschossige Gebäude 93 der ehemaligen Vermittlungsstelle beziehen, das am Eingang zum Konversionsgelände liegt, aber eben außerhalb der eingezäunten Einrichtung steht. Patrick Werne von "Vermögen und Bau" war extra aus Ravensburg angereist. Seine Firma ist für Liegenschaften des Landes Baden-Württemberg und daraus resultierende Baumaßnahmen zuständig, er verfügt über ein Budget von 200 000 Euro.
Er berichtet, dass hier sämtliche Türen und Fenster ausgetauscht werden müssten und es vor allem am Sicherheitsglas gehakt hat. Hierzu gebe es klare Anforderungen für dieses Gebäude von Seiten des Landeskriminalamtes. "Die Polizisten haben es auch verdient, dass sie hier beste Arbeitsbedingungen vorfinden", betonte Werne. Da bei der Ausschreibung der Arbeiten keine Angebote von Bietern abgegeben worden waren, wegen der nahezu ausgelasteten Marktlage, habe sich der Zeitrahmen um etwa zwei Monate verzögert.

Werne führte den Regierungspräsidenten mit Begleittross aus Verantwortlichen vor Ort und den Medienleuten durch Büro- und Wachräume sowie durch einen Multifunktionsraum und die Dienstzimmer, die allesamt noch nicht eingerichtet sind. Nicht angeschlossene Kabel hängen von der Decke herab, nur die Heizung funktioniert. Zudem gibt es im Keller noch eine Bunkeranlage, die mit dem ersten benachbarten Gebäude verbunden ist. Eine Installation von neuen Türen und Fenstern, die über die Weihnachtsfeiertage angeliefert werden sollen, hält er bis Ende Januar für realistisch.
Die Fertigstellung der Räume könnte im Laufe des Februars erfolgen. Die Polizeiwache soll noch im ersten Quartal 2019 bezogen werden können. Unklar blieb, wie viel Polizeikräfte in dieses neue Dienstgebäude einquartiert werden sollen, es liege im Ermessen der zuständigen Polizeibehörde.
Die augenblickliche Lage in der Sigmaringer Einrichtung beschreibt Klaus Tappeser als "ruhig": "Der Flüchtlingsstrom ist, wie wir es prognostiziert haben, deutlich abgeebbt." Es seien derzeit viele Familien mit Frauen und Kindern (siehe unten) untergebracht. Es hätte von der belegten Anzahl von 677 Plätzen weiter herunter gehen können, sagte Tappeser, wenn die anerkannten Geflüchteten auf die Kommunen im Landkreis verteilt worden wären. Doch dies wollte das Regierungspräsidium den Gemeinden kurz vor Weihnachten ersparen.
Tappeser bestätigte auf SÜDKURIER-Anfrage den Trend, dass eine vermehrte Anzahl von türkischen Mitbürgern hier um Asyl nachsucht, in Anbetracht der unsicheren Lage dort im Land. Allerdings habe er keine Erkenntnisse, wie hoch die Anerkennungsquote ist, räumte der Regierungspräsident ein.
Erstaufnahmeeinrichtung
Nach Auskünften des Sigmaringer Leiters Andreas Binder befinden sich augenblicklich 677 Flüchtlinge in der ehemaligen Graf-Stauffenberg-Kaserne. Darunter sind 185 Frauen und 148 Kinder. Von den Nationaliäten her stellen die 225 Menschen aus Nigeria die größte Gruppe dar. Aus der Türkei sind es 113 Personen, aus Guinea 52 und aus dem Iran 51 Asylsuchende. Sandra Brendler, Referatsleiterin für Ausländerrecht, informierte, dass es erst kürzlich eine größere Verlegung von Geflüchteten aus Sigmaringen nach Freiburg gegeben habe, da die dortige Einrichtung unterdurchschnittlich belegt gewesen sei. (jüw)