„Klassische V 8-Motoren begeistern uns mit ihrem puren, unverfälschten Klangbild“, schreibt ein Journalist in Auto-Bild. Satter Sound war am Sonntag auch in Illmensee angesagt, jedoch rührte dieser weder von einem Ferrari F 40 noch von einem Porsche 928. Denn die Achtzylinder gehörten nicht zu schnittigen Autos, sondern zu einem besonderen Musikinstrument, der Schalmei. Doch auch unmotorisiert hatte es das Klangbild gewaltig in sich: Durchdringend und nicht gerade leise, manchmal schräg, aber niemals schrill oder gar nervig.
Vor allem der Auftritt des Gesamtchors mit rund 80 Spielern aus Illmensee, Kippenhausen, Friedrichshafen und Jettenhausen sorgte für Furore. Passenderweise erklang nach den Titeln „Fürstenfeld“ und „Atemlos“ der Ohrwurm „Beautiful Sunday“, der 1972 ein Nummer-eins-Hit in Deutschland war. „Das war einfach geil“, freute sich Maria Eisele. Sie hatte 2008 die Illmenseer Schalmeien-Gruppe ins Leben gerufen und strahlte am Sonntag über das ganze Gesicht. Kein Wunder, denn die Stimmung in der Drei-Seen-Halle hätte besser nicht sein können. Wer auf dem Weg zum Kuchenbuffet war, tänzelte dorthin, andere schlossen sich spontan zum Line-Dance zusammen. Klatschende Hände, wippende Füße und gute Laune allenthalben.

„Die Musik gefällt mir, sie reißt einfach mit. Hinzu kommt, dass der Zusammenhalt im Verein großen Spaß macht“, sagte Corinna Beier von den Schalmeien aus Unlingen.

Das erste Schalmeien-Treffen hatten die Illmenseer im Jahr 2013 zum fünfjährigen Bestehen auf die Beine gestellt. Anlass für das zweite große Treffen an diesem Wochenende war der zehnte Geburtstag. Acht Gruppen mit je 20, 25 Leuten waren der Einladung gefolgt. Die Musikanten kamen aus Friedrichshafen, Kippenhausen, dem Häfler Ortsteil Jettenhausen, Rickenbach, Unlingen und Langenargen. Auch aus dem Allgäu sowie aus der Schweiz und Österreich waren Schalmeien-Gruppen angereist.
Vom gefühlsbetonten „The Rose“ bis hin zur „Fischerin vom Bodensee“ zeigten die Schalmeienspieler die ganze Bandbreite ihres Könnens. Denn die Gruppen beherrschen nicht nur ausgelassene Ramba-Zamba-Musik. Von Abba über Blues Brothers bis hin zu DJ Ötzi erklangen die unterschiedlichsten Melodien.
Fasnet ist Kernzeit
„Die Fasnet ist unsere Kernzeit, wir begleiten die Wasserspucker aus Illmensee und die Bodenmännle aus Hattenweiler auf Umzügen“, erzählte Brigitte Raps. „Wir spielen aber auch in Altenheimen bei Seniorennachmittagen oder treten auf Weihnachtsmärkten auf.“ Derzeit zählt sie Illmenseer Gruppe 15 aktive Musikanten, überwiegend Frauen. Als neuestes Mitglied stieß der 18-jährige Alex Weinert hinzu, er spielt Schlagzeug. Die Älteste im Bunde ist 63 Jahre alt. „Da wir nicht nach Noten, sondern nach Zahlen spielen, ist das Instrument recht einfach zu lernen, wir spielen viel nach Gehör“, so Raps. Wer Interesse hat, sich der Gruppe anzuschließen: Geprobt wird freitags um 20 Uhr im Drei-Seen-Eck.
Die Schalmei
Man unterscheidet zwischen der mittelalterlichen und der neuzeitlichen Schalmei. Letztere wurde um 1900 in der Deutschen Signal-Instrumentenfabrik Max B. Martin entwickelt und heißt daher auch Martinstrompete. Sie besteht im Normalfall aus acht Blech-Röhren. Dem Spieler stehen damit acht Töne im Umfang einer Oktave zur Verfügung. Die Schalmeien sind unterschiedlich gestimmt, so deckt zum Beispiel die „Sopran-Schalmei“ die hohen Töne ab. (kaj)