Die Waldrodungen beim Bau des Windparks Verenafohren haben keineswegs eine Verminderung des Artenreichtums zur Folge. Nach Untersuchungen in Form eines Monitorings durch den BUND-Kreisverband sei die Vielfalt sogar gestiegen, wie Eberhard Koch, Kreisvorsitzender des BUND, erläutert.

Viele neue Arten siedeln sich an

Bei drei Begehungen im Mai 2017 sowie Mitte Mai und Ende Juni 2018 hatten die Experten vom BUND das Gelände begangen und erstaunlich viele Arten entdeckt. „Nach der Rodung der Waldflächen hat sich eine typische Schlagflora entwickelt“, so Eberhard Koch. Dies seien Pflanzenarten, die im Boden eine Samenbank bilden und bei genügend Licht auskeimen. Auf den Lichtungen um die Windräder haben sich zahlreiche Arten großflächig angesiedelt. Dazu gehören Johanniskrautarten, drei Distelarten, die kleinblütige Königskerze, aber auch Karden, Nachtviole oder Barbarakraut. Disteln können an diesen Standorten bleiben, da keine Äcker in der Nähe sind, sagen die Experten des BUND.

Der Feurige Perlmuttfalter ist vom Aussterben bedroht.
Der Feurige Perlmuttfalter ist vom Aussterben bedroht.

Auch der Waldsaum bietet guten Nährboden für Pflanzen

An den Zufahrtswegen zu den Windrädern findet man eine große Zahl von Waldsaumarten, die am Übergang von sonnigen und schattigen Stellen gut gedeihen. Durch den Kalkboden, der hier flachgründig und nährstoffarm ist und, weil es auch Abstufungen von trockenen bis zu staunassen Abschnitten gibt, kommen besonders viele Arten vor, erläutert Eberhard Koch. Dazu gehören in den Bereichen mit ausgeglichener Feuchtigkeit Reitgras, Wasserdost, Waldziest und Teufelskralle.

Von submediterranen bis hin zu alpinen Arten

Da der Standort auf 750 Metern Höhe liegt, kommen auch alpine Arten wie Waldstorchschnabel, Alpenziest, Alpen-Heckenkirsche oder Schwarze Akelei vor. Eine Besonderheit sei das Auftreten des kleinblütigen Fingerkrauts. Diese submediterrane Art komme in Baden-Württemberg nur an wenigen Stellen im südwestlichen Hegau vor. Eine lange Liste an Arten findet sich auch an den trockenen Abschnitten, darunter rundblättrige Glockenblume, Wolfsmilcharten oder Seggenarten.

Hummeln mögen den Nektar von Glockenblumen gern.
Hummeln mögen den Nektar von Glockenblumen gern.

Frauenschuh war durch Bauarbeiten nicht gefährdet

Besonders froh ist der BUND, dass der unmittelbar am Weg zum Windpark wachsende Frauenschuh, der als FFH-Art hochgradig geschützt ist, von den Bauarbeiten überhaupt nicht beeinträchtigt wurde. „Die Pflanzen sind vital und haben mit 30 Blütenständen reichlich geblüht“, sagt Eberhard Koch. Die Pflanzen waren während der Bauzeit mit Folien geschützt worden. Ein weiterer Frauenschuh-Standort habe dagegen gar nicht geblüht, möglicherweise wegen Lichtmangels.

Schmetterlinge werden von der Artenvielfalt angelockt

Die neu entstandenen Waldsäume sind für Tiere ein interessanter Lebensraum. Ohne gezielt zu suchen, fanden die Experten vom BUND Schmetterlingsarten wie Aurorafalter, Zitronenfalter, Landkärtchen, Schachbrett, Schornsteinfeger, Kaisermantel und die vom Aussterben bedrohten Feurigen Perlmuttfalter. Am Übergang zum Wald fühlen sich offensichtlich Waldameisen wohl. Auch Rehe nutzen die neuen Bereiche übrigens als Äsungsflächen.

Der Frauenschuh blüht am Rande der Wege, die zum Windpark Verenafohren führen.
Der Frauenschuh blüht am Rande der Wege, die zum Windpark Verenafohren führen.

Die neue Flora hat eine Perspektive von drei bis vier Jahren

Für die nächsten etwa drei bis vier Jahre werde diese Schlagflora noch bleiben, doch in fünf bis zehn Jahren setzten sich die Bäume, die dort keimen, wieder durch. Wenn man die Flächen jährlich im Herbst abmähen würde, könne man die Arten des Waldsaums aber etablieren, riet Eberhard Koch.

BUND steht zur Umsetzung von Windenergie-Standorten

Auf mögliche Verluste von Vögeln durch die Windräder angesprochen, entgegnete Marian Schreier, Bürgermeister von Tengen, dass es bislang keine Meldungen von Förstern gab. Der BUND habe sich – trotz Skepsis bei Waldrodungen – von Anfang an für Verenafohren ausgesprochen, sagt Koch. „Wir stehen regenerativer Energie wie Windkraft positiv gegenüber, wenn sie möglichst wenig Natur zerstören“. Im Bereich von Verenafohren sie die Entwicklung zahlreicher Arten erstaunlich und nur aufgrund der Böden so möglich, resümierte Eberhard Koch.