Ein 19-Jähriger aus dem Raum Stockach hat sich wegen zwei Vorwürfen vor dem Stockacher Amtsgericht verantworten müssen. In einem Fall soll der junge Mann in der Flüchtlingsunterkunft in Radolfzell einem Wachmann auf die Brust geschlagen und versucht haben, einen Stein nach ihm zu werfen. Dabei soll er auch einen anderen Wachmann grob beleidigt und mit dem Tod bedroht haben. Im zweiten Fall ging es darum, dass der Angeklagte während des Radolfzeller Hausherrenfestes gemeinsam mit einem Mittäter in ein Zelt eingedrungen sein und dort einen kleinen Kühlschrank kaputt geschlagen haben.

Im ersten Verfahren sprach Richterin Julia Elsner den 19-Jährigen der Körperverletzung sowie der versuchten, gefährlichen Körperverletzung und der Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung für schuldig. Der junge Mann, der ohne Anwalt vor Gericht erschienen war, muss nun 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Das zweite Verfahren wurde eingestellt.

Überwachungsvideo zeigt die Tat

Die Vorwürfe des ersten Verfahrens sah Richterin Julia Elsner als erwiesen an. Auf einem Überwachungsvideo war zu sehen, wie der leicht betrunkene Angeklagte einen der beiden Wachmänner, die ihn aus der Radolfzeller Flüchtlingsunterkunft begleiteten, auf die Brust schlug.

Die Aussage des Angeklagten, der Wachmann habe ihn zuerst einige Male auf die Schulter geschlagen, ließ Julia Elsner nicht gelten. Diese Schläge seien auf dem Video nicht zu sehen. „Es gibt daher keine Rechtfertigungsgründe für den Schlag auf die Brust“, sagte die Richterin.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte lediglich versuchte Körperverletzung in ihrem Plädoyer beantragt, da der betroffene Wachmann den Schlag zwar gespürt, aber keine Schmerzen empfunden hatte. Julia Elsner sah in der Tat aber nicht nur den Versuch. „Es ist nicht zwingend, dass ein Schmerz empfunden wird, damit es eine vollendete Körperverletzung ist. Denn wie beide Zeugen ausgesagt haben, wurde der Schlag mit erheblicher Kraft ausgeführt“, begründete Julia Elsner ihr Urteil.

Zweiter Wachmann rettet den anderen

Sie sah es ebenfalls als erwiesen an, dass der 19-Jährige versucht hatte, eine gefährliche Körperverletzung zu begehen, als er außerhalb der Flüchtlingsunterkunft einen circa ein Kilogramm schweren Stein an sich genommen hatte. Mit dem Stein wollte er einen der Wachmänner schlagen, was nur der zweite Wachmanns mit seinem Eingreifen verhindern konnte.

Diese Szene hatte sich zwar außerhalb der Videoüberwachung abgespielt, doch hielt Julia Elsner die übereinstimmenden Aussagen der beiden Wachmänner für glaubwürdig. Ein Polizist, der nach dem Vorfall am Tatort eintraf, bestätigte diese außerdem. „Die beiden Wachmänner hatten also keine Zeit, sich die Geschichte mit dem Stein auszudenken“, sagte Julia Elsner.

Urteil nach dem Jugendstrafrecht

Beim Strafmaß wandte die Richterin das Jugendstrafrecht an und folgte damit den Empfehlungen der Staatsanwaltschaft und des anwesenden Vertreters der Jugendgerichtshilfe. Dieser hatte darauf hingewiesen, dass bei dem 19-Jährigen aufgrund seiner Lebensgeschichte von einer Entwicklungsverzögerung ausgegangen werden müsse: Der Angeklagte ist mit seiner Familie vor einigen Jahren nach Deutschland geflohen, wo sein Vater zum Alkoholiker wurde und seither von der Familie getrennt lebt.

Richterin Julia Elsner sprach daher eine Verwarnung aus und belegte den Angeklagten mit 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Erfüllt der 19-Jährige diese Auflage nicht, kann ein Jugendarrest von vier Wochen verhängt werden. „Sie müssen sich an die Regeln halten. Wenn Sie nüchtern gewesen wären, wäre es nicht zu dieser unsäglichen Geschichte gekommen“, so die Richterin.

Im zweiten Verfahren um den zerstörten Kühlschrank konnte dem Angeklagten aufgrund der Zeugenaussagen und der vorliegenden Beweise nicht nachgewiesen werden konnte, dass er an der Tat beteiligt gewesen war. Zudem waren nur zwei der vier geladenen Zeugen erschienen.

„Beim zweiten Tatvorwurf kommen wir auf keinen grünen Zweig“, stellte Julia Elsner fest. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft stimmte ihr zu: Es könne durchaus sein, dass der 19-Jährige erst später zum Tatort dazugestoßen sei, wie er es selbst ausgesagt hatte. Deshalb kam es zu der Einstellung.