Wer hat sie gebaut? Gibt es noch mehr? Diese und viele andere Fragen zu einem kleinen Höhlen-System beschäftigen den Zizenhausener Rolf Landes und die Hobbyhöhlenforscher der Gruppe „Freunde der Aachhöhle“. Sie versuchen, dem Gewann Rebberg in Zizenhausen seine Geheimnisse zu entlocken.

Erinnerungen und Fledermäuse

Rolf Landes, der in Windegg aufgewachsen ist, erinnerte sich, dass er in seiner Kindheit in Höhlen spielen war. Er und sein Nachbar Hans-Peter Wibbelt kamen vor rund einem Jahr auf die Idee, den Haupteingang der Höhle, der sich auf einem Privatgrundstück befindet, zu suchen. Sie wollten ihn für den Fledermausschutz wieder öffnen, um den Tieren ein Winterquartier zu bieten.

Im Zweiten Weltkrieg hätten die Höhlen, die damals begehbar waren, als Schutzraum bei Fliegeralarm gedient, sagt Landes: „Der vordere Eingang ist 1945 wohl von den Franzosen gesprengt worden.“ Über das Umweltzentrum Stockach kam ein Kontakt zu den Freunden der Aachhöhle zustande. Anfang dieses Jahres gingen sie an die Arbeit.

Die Höhlenforscher seilen sich durch einen der Höhleneingänge auf einem Privatgrundstück ab.
Die Höhlenforscher seilen sich durch einen der Höhleneingänge auf einem Privatgrundstück ab. | Bild: Verein Freunde der Aachhöhle

Abseilen durch einen Schacht

Ein Zugang zu einer der künstlichen Höhlen, die sich später als mittlere von drei herausstellte, war zu diesem Zeitpunkt bekannt, aber nur schwer zugänglich. „Durch den engen, acht Meter tiefen Schacht haben sich die Höhlenforscher abgeseilt“, erzählt Landes. „Wir haben mit einem Keller gerechnet und ein ganzes System entdeckt.“ Dieser Teil, den die Höhlenforscher als Keller 1 bezeichnen, hatte einen kleinen Durchbruch zu einem weiteren Gang. „Dieser wurde wahrscheinlich im Zweiten Weltkrieg gemacht“, sagt Rudi Martin, Burgen- und Höhlenforscher sowie Mitglied der Freunde der Aachhöhle.

Lothar Dietrich steht hier beim kleinen Durchgang von Keller 2 zu Keller 1, der zwischen 1906 und 1942 entstanden ist.
Lothar Dietrich steht hier beim kleinen Durchgang von Keller 2 zu Keller 1, der zwischen 1906 und 1942 entstanden ist. | Bild: Verein Freunde der Aachhöhle

Offenbar habe es bereits zuvor einen Versuch gegeben, die Höhlen zu verbinden, aber die Arbeiter hatten Keller 1 verfehlt, so Martin. Das sei dann wohl zwischen 1906 und 1942 gemacht worden. Der Durchbruch sei wenig sorgfältig gemacht und befinde sich an der Ecke des Seitengangs, der den Keller 1 nicht getroffen hatte. Dort gibt es Nischen, in denen die Forscher sogar noch Konservendosen, eine provisorische Herdstelle und andere Dinge gefunden haben. „Ein Zeitzeuge hat erzählt, dass dort mal jemand gehaust haben soll“, sagt Landes.

Ein verschollener Eingang

Rudi Martin und seine Höhlenkollegen Lothar Dietrich und Jörn Brumme waren beim ersten Besuch stundenlang unterwegs. „Wir wussten, dass von der anderen Seite ein Zugang war, aber nicht genau wo“, erzählt Landes über den langen Gang. Er habe aus seiner Kindheit einen Stollen mit etwa 40 Meter Länge in Erinnerung gehabt. Allerdings stellte sich die Höhle als sehr viel größer und länger heraus.

Lothar Dietrich in einem der Gänge.
Lothar Dietrich in einem der Gänge. | Bild: Verein Freunde der Aachhöhle

Mithilfe der Lasermesstechnik gelang es relativ rasch, den gesprengten Zugang zu finden, der vor vielen Jahrzehnten existiert hatte. Frühere Versuche den Haupteingang zu finden, waren bis dahin erfolglos. Bei der Lasermessung stellte sich heraus, dass er nur zwei Meter links neben der vermuteten Stelle lag. Der alte Eingang konnte dann relativ mühelos wieder freigelegt und für die Fledermäuse präpariert werden.

Entdeckungen in Archiven

Die Forscher wollten alles über die Höhlen und ihre Entstehungen wissen. Sie suchten dazu nach Zeitzeugen und gingen in Archive. Im Staatsarchiv in Freiburg entdeckte Rudi Martin sogar eine Kriminalakte über einen Mord an einem neunjährigen Jungen, der 1906 in einer der langen Höhlen geschehen war. Das tragische dunkle Kapitel der Stollen brachte den Forschern Polizeifotos und eine historische Karte, die ein Geometer angefertigt hatte.

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„Die Karte stimmt fast komplett mit der Laservermessung überein und liefert wichtige Hinweise und Details, die es heute so nicht mehr gibt“, erzählt Martin. Das sei bemerkenswert. Die geheimnisvollen Rebberg-Höhlen sind mit 130 Metern Länge und drei Kammern umfangreicher als die 70 Meter langen Zizenhausener Heidenhöhlen.

Gab es eine Wendeltreppe?

Aufgrund der Überlieferungen sind Landes und Martin recht sicher, dass ein früherer Höhlenabschnitt beim wiedergefundenen Eingang gesprengt worden ist. Dieser circa 30 Meter lange Höhlenteil (Keller 2) zeigt die meisten Zerstörungsspuren und war der ursprüngliche Bierkeller der Gaststätte Krone (heute Thai-Restaurant).

Dort existierten ursprünglich weitere Gangabzweigungen, die auf dem Plan von 1906 noch eingezeichnet sind, aber durch die Sprengung verschüttet wurden. Dadurch sei Keller 2 mit den großen Deckenverstürzen sehr gefährlich. Auch Aussagen von Zeitzeugen geben noch Rätsel auf: Diese erzählten den Forschern von einer Wendeltreppe beim Eingang zum Keller 1, doch dort existiere heute nur noch ein Schutthaufen. „Wir wollen schauen, ob wir Überreste finden“, sagt Landes.

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Die Strukturen der Stollen unterscheiden sich, erzählen Martin und Landes. Die Entstehung des Kronen-Kellers liege vermutlich um 1780. Die erste Erwähnung gab es laut der Ortschronik von Kurt Schmid im Jahr 1812. Schmid gehört zu denen, die die Höhlen noch kennen.

So sieht es im Höhlenteil aus, in dem laut Rudi Martin wohl Profis am Werk waren.
So sieht es im Höhlenteil aus, in dem laut Rudi Martin wohl Profis am Werk waren. | Bild: Verein Freunde der Aachhöhle

Doch die lange Höhle 3 weiter hinten sei auf eine andere und recht professionelle Art gemeißelt. Die Nummern 1 und 3 seien daher wohl früher entstanden. „Der Gang ist perfekt gegraben. Da waren geschulte Kräfte am Werk“, folgert Martin. Bisher ist noch nicht bekannt, wohin dieser Stollen führt, da er abrupt an einem Versturz endet. Auch wann und wozu er gegraben wurde, ist unklar. „Keramikfunde wären datierbar, aber nicht die Meißelspuren“, sagte Martin.

Suche nach Zeitzeugen

Die Hobbyforscher suchen deshalb weitere Zeitzeugen, um die Geheimnisse der Höhlen lüften zu können. „Es bleibt spannend, ob wir herausfinden, wie alt sie sind.“ Irgendwann im 19. Jahrhundert wurde die Nutzung der künstlichen Hohlräume als Keller und Bierlager aufgegeben. Im Mordprozess 1906 ist nur noch von „den Höhlen“ die Rede.

„Was ursprünglich für Fledermäuse gedacht war, hat Sensationelles gebracht“, fasst Rudi Martin zusammen. Die nachtaktiven Tiere könnten jetzt übrigens einziehen. Aber ob sie die Höhlen annehmen, werde sich erst im Lauf der Zeit zeigen. Was Menschen angeht: Die Höhlen auf Privatgrund sind gegen den unbefugten Zugang gesichert – nur Fledermäuse können reinfliegen.

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