13.000 Quadratmeter. So groß ist das Grundstück, auf dem die ehemalige Porzellanmanufaktur Weiss, Kühnert und Co. in Gräfenthal im Kreis Saalfeld-Rudolstadt in Thüringen steht. Dieses Grundstück mit mehreren historischen Gebäuden haben Isabella und Christopher Fuchs aus Steißlingen für 501 Euro vom Freistaat Thüringen gekauft. Die Familie Fuchs will die Gebäude sanieren und zu ihrer neuen Heimat machen. Damit bewahren sie die Fabrik, deren historischer Teil aus dem Jahr 1891 stammt, vor dem Abriss. „Ihr seid verrückt, aber wir finden es toll“, würden die Leute aus Gräfenthal sagen, berichtet Isabella Fuchs.

Das Ehepaar war nicht zufällig in Thüringen: Vor drei Jahren hatten sie bereits ein herrenloses Haus im benachbarten Lichte für 7000 Euro gekauft, das Dach abgedichtet, renoviert und zu ihrem Ferienhaus gemacht. Während eines Winterurlaubs im vergangenen Jahr sah Isabella Fuchs die Porzellanfabrik, die seit 30 Jahren leer stand, von einem Aussichtspunkt. „Lass‘ uns da mal hinfahren“, sagte sie zu ihrem Mann und als sie die Backsteingebäude sah, sei es um sie geschehen gewesen.
Als dann noch ein Nachbar sagte, „Kannst kaufen, für einen Euro“, legte sie mit ihrer Familie los. Dazu seien dann noch 500 Euro für eines der Gebäude, eine Schmiede, gekommen.
Sanierung wird viele Jahre dauern
Bereits im vergangenen Jahr haben sie dann angefangen, ein eingestürztes Dach abzutragen, die Gebäude zu sichern und dicht zu machen. Dass es viel Arbeit wird, die Gebäude herzurichten und für sich bewohnbar zu machen, ist Isabella Fuchs, die mit ihrem Mann und ihrem Sohn ein Abschleppunternehmen in Radolfzell-Böhringen betreibt, bewusst. Zehn Jahre rechnet sie, werden die Arbeiten dauern.

Aber das schreckt die Unternehmerin, die nach eigenen Angaben 1999 als erste Frau in Deutschland ein Abschleppdienst gründete, nicht: Sie selbst habe eine Ausbildung als Elektrikerin, ihr Mann ist gelernter Schlosser und war auch auf dem Bau tätig. Holz und Steine, die verbaut werden könnten, gebe es genug auf dem Gelände. Auch habe sie bisher nur gute Erfahrungen mit ihrer neuen Nachbarschaft gemacht: „Die Leute sind unheimlich hilfsbereit.“
Auch Dreharbeiten sind ein Hobby geworden
Neben dem Handwerken und Basteln sind auch Fernsehauftritte für das Steißlinger Ehepaar zum Hobby geworden. So traten sie unter anderem mit der Renovierung des Hauses in Lichte in der RTL2-Fernsehsendung ‚Die Schnäppchenhäuser‘ auf. Einen zweiten Fernsehauftritt hatten sie bei der Kabel1-Sendung „Schrauben, sägen, siegen – das Heimwerkerduell“, bei der sie eine Stretch-Limousine in eine Hollywoodschaukel mit Pool verwandelten.
Demnächst wird Isabella Fuchs in der Sendung „Abenteuer Leben“ in ihrer Arbeit als Unternehmerin zu sehen sein. Und die ersten Arbeiten an der Porzellanfabrik wurden ebenfalls von einem Fernsehteam begleitet. Die genauen Sendetermine sind noch nicht bekannt.

Porzellan findet sie inzwischen spannend
Die Geschichte und die Überreste der historischen Gebäude faszinieren die Unternehmerin. „Ich hatte vorher mit Porzellan nichts am Hut“, erklärt Fuchs. Doch sie finde immer neue Schätze in „ihrer Fabrik“ und habe deshalb ihr Wissen erweitert. Zu den Schätzen zählen etwa außergewöhnliche Gipsformen, in die das Porzellan gegossen wurde.
Auch das Grundstück mit eigener Quelle, Bach und Wald, das direkt an der ehemaligen Grenze zur BRD lag, begeistere sie. Sie hat schon viele Pläne für das Areal: Eine Wanderkneipe kann sie sich vorstellen, denn am Gelände verlaufe ein Wanderweg, in einer Halle könnten überdacht Weihnachtsmärkte oder Ausstellungen stattfinden, auch ein Museum und Übernachtungsgäste wären Möglichkeiten.

Ungeladene Besucher sind bei ihr willkommen
Das Grundstück mit seinen historischen Gebäuden, das 30 Jahre verlassen war, sei auch ein beliebter Treffpunkt der Liebhaber von vergessenen Orten, sogenannten Lost Places, so die Eigentümerin. Die Unternehmerin hat nichts dagegen, dass die Lost-Place-Szene die Fabrik aufsuche, solange sie nichts beschädige. Das komme aber immer wieder vor. „Mich kann jeder kontaktieren und man darf dann gern auf das Gelände“, erklärt sie.
Sie plane im Sommer zwei Wochenenden, an denen auf dem Grundstück gezeltet werden darf und Führungen durch den Lost Place in Gräfenthal angeboten werden.
Bis zum Umzug nach Thüringen heißt es für das Ehepaar Fuchs aber erstmal pendeln. Eine Woche Abschleppdienst und dann eine Woche ins 480 Kilometer entfernten Gräfenthal zum Renovieren. Ihr erwachsener Sohn führt in ihrer Abwesenheit dann das Unternehmen in Böhringen, das er auch übernehmen soll. Doch das Bauen an ihrem Traum macht dem Ehepaar Freude. Für sie sei das eine gute Abwechslung: „Und was haben wir schon zu verlieren?“