Werke wie „Das fliegende Klassenzimmer“, oder „Emil und die Detektive“ sind vermutlich vielen bekannt. Über das Leben, insbesondere die Kindheit Erich Kästners, könnten wahrscheinlich nicht so viele etwas erzählen. Der bekannte Schauspieler Walter Sittler schlüpft an diesem Abend in der Singener Stadthalle in die Rolle des deutschen Schriftstellers und lässt das Publikum teilhaben an Kästners bewegter Kindheit, die gleichzeitig eine Geschichtsstunde ist.
Geboren wird Erich Kästner 1899 in Dresden, als Sachsen noch einen König hat. Dem Jungen tun die Kinder des Königs leid, da ihre Mutter sie verlassen hat. Erichs Mutter ist da ganz anders. Helikopter-Mutter würde man Ida Kästner heute nennen, deren einziges Kind der Dreh- und Angelpunkt in ihrem Leben ist. Ihren kleinbürgerlichen Verhältnissen zum Trotz geben die Eltern alles, damit es ihrem Sohn an nichts fehlt. Das Musikensemble spielt besinnliche Weihnachtslieder, wenn Walter Sittler mit angespannter Stimme vom alljährlichen Ablauf des Heiligen Abend im Hause Kästner erzählt, vom Konkurrenzkampf der Eltern um die Liebe ihres Sohnes, der den Weihnachtsabend für Erich regelmäßig zum Alptraum werden lässt. Seine innere Zerrissenheit wird zum Greifen fühlbar, wenn er den Spagat bewältigen will, es beiden Elternteilen recht zu machen. „Die Kindheit und ihre Erinnerungen, sind von unschätzbarem Wert, egal, ob sie gut oder schlecht war“, resümiert Walter Sittler in seiner Rolle als Kästner.

Erichs Kindheitserinnerungen sind überwiegend Gute und nie hat ihm später im Leben irgendetwas besser geschmeckt, als die Leberwurst- und Schmalzbrote, die seine Mutter ihm aus dem Fenster des Mietshauses zugeworfen hat. Eine starke Familie im Rücken, bietet ihm die Chance seinen Weg im Leben zu finden, so bricht er seine Ausbildung zum Volksschullehrer kurzerhand ab, um das Abitur zu machen und zu studieren.

Erichs unbeschwerte Kindheit endet mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs. Zeit seines Lebens hat Kästner ein sehr inniges Verhältnis zu seiner Mutter, die im Alter leider zunehmend dement wird. Ihre Augen haben den Sohn vergessen, nicht aber ihr Herz, dessen ist er sich sicher.