Es gibt Sätze, die auf den ersten Blick schlicht wirken und doch Sprengkraft entfalten. „Kontoauszugspreis: 20,00 EUR jährliche Belastung an Sparkasse Hegau-Bodensee ab...“ ist so ein Satz. Er steht in Immobiliendarlehensverträgen der in Singen ansässigen Sparkasse Hegau-Bodensee. Und er bedeutet, dass Menschen, die bei der Sparkasse ein Darlehen aufnehmen, um ein Haus oder eine Wohnung zu finanzieren, für den einmal im Jahr versendeten Darlehenskontoauszug 20 Euro bezahlen müssen.

„Wir hoffen jetzt, dass es zu einer juristischen Klärung in höchster Instanz kommt.“ Niels Nauhauser, Verbraucherzentrale ...
„Wir hoffen jetzt, dass es zu einer juristischen Klärung in höchster Instanz kommt.“ Niels Nauhauser, Verbraucherzentrale Baden-Württemberg | Bild: Wolfram Scheible / Verbraucherzentrale Baden-Württemberg

Für die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (VZBW) war der Satz Anlass, Klage beim Landgericht Konstanz einzureichen. Das Gericht hat im November 2020 in erster Instanz zugunsten der Verbraucherzentrale geurteilt. Die Sparkasse dürfe sich nicht mehr auf diese oder eine inhaltsgleiche Klausel berufen, heißt es in dem Urteil, über das die Verbraucherzentrale kürzlich informiert hat. Die Sparkasse will das nicht hinnehmen und ist in Berufung gegangen. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig, wie beide Seiten übereinstimmend erklären. Der Fall liegt nun beim Oberlandesgericht in Karlsruhe.

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Was war geschehen und welche Argumente führen beide Seiten ins Feld? Aus Sicht der Verbraucherzentrale erstellt die Sparkasse die Darlehenskontoauszüge im eigenen Interesse. Daher dürfe das Geldinstitut dafür keine extra Gebühr verlangen. Die Bank will das nicht auf sich sitzen lassen. Ein Kreditinstitut sei – anders als bei Girokonten – „rechtlich nicht zur Erteilung eines Kontoauszugs bei Darlehensverträgen verpflichtet“, heißt es in einer Stellungnahme, die Heribert Schwarz, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit-Marketing bei der Sparkasse Hegau-Bodensee, auf Anfrage versandte. Mit diesem Auszug werde „eine gesondert bepreisbare Serviceleistung für den Kunden erbracht“. Denn viele Kunden würden den Kontoauszug zur Vorlage beim Finanzamt nutzen, zumal darin Zins- und Tilgungsanteile an den Zahlungen sauber aufgelistet seien – auch bei Sondertilgungen.

Warum die Verbraucherzentrale schon informiert, bevor das Urteil rechtskräftig ist

Schwarz kritisiert zudem, dass die Öffentlichkeit schon informiert wurde, bevor das Urteil rechtskräftig ist – bevor die Sparkasse also verpflichtet ist, an der bisherigen Praxis etwas zu ändern. Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken und Kredite bei der VZBW, rechtfertigt die Information zum jetzigen Zeitpunkt damit, dass die Verbraucher über ihre Ansprüche informiert sein sollten. Und nach der Erfahrung der VZBW würden Banken und Sparkassen in ähnlichen Fällen durchaus auf Zeit spielen – also darauf spekulieren, dass Fälle verjährt sind, bis es ein Urteil in letzter Instanz gibt. Die Kunden könnten sich aber schon jetzt wehren. Der Aufruf der VZBW sei daher, Widerspruch einzulegen.

„Von einer Welle an Beschwerden ist mir nichts bekannt.“ Heribert Schwarz, Pressesprecher Sparkasse Hegau-Bodensee
„Von einer Welle an Beschwerden ist mir nichts bekannt.“ Heribert Schwarz, Pressesprecher Sparkasse Hegau-Bodensee | Bild: SK-Archiv

Für erhöhten Blutdruck bei den Darlehenskunden der Sparkasse scheint der Betrag von 20 Euro pro Jahr allerdings nicht zu sorgen. Pressesprecher Schwarz berichtet von einem oder zwei Kunden, die sich deswegen gemeldet hätten: „Von einer Welle an Beschwerden ist mir nichts bekannt.“ Wie groß die Auswirkungen wären, kann Schwarz hingegen nicht sagen, da die Sparkasse keine Statistik über die fragliche Klausel führe.

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Beide Seiten äußern sich vor der nächsten juristischen Etappe zuversichtlich. Niels Nauhauser von der VZBW führt Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ins Feld, derzufolge eine Bank eine Leistung, die sie im eigenen Interesse erbringt, nicht bepreisen dürfe. Denn anhand des Tilgungsplans könne der Verbraucher sehen, wie viel Zins und Tilgung er bezahlt. Das Entgelt sei mit den Zinsen abgegolten. Und bei der Sparkasse heißt es, das Oberlandesgericht Karlsruhe, das nun über die Berufung im vorliegenden Fall zu entscheiden hat, habe im Jahr 2012 bereits „ein Kontoauszugsentgelt im Zusammenhang mit einem Darlehensvertrag ausdrücklich als zulässig erachtet“.

Die VZBW hoffe nun, dass das Thema in der höchsten Instanz entschieden wird, sagt Nauhauser – nachdem eine andere Sparkasse ihre Berufung in einem ähnlichen Fall vor dem Gang zum Bundesgerichtshof zurückgezogen habe. Denn nach Einschätzung der VZBW finden sich ähnliche Klauseln in zahlreichen Darlehensverträgen. Und bei der Sparkasse Hegau-Bodensee heißt es, dass man unabhängig vom Ausgang des Verfahrens prüfen werde, „ob die von uns verwendete Formulierung künftig noch klarer gefasst werden kann, um dadurch nochmals höhere Rechtssicherheit zu haben“.

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