Der Wunsch nach Anerkennung als Minderheit und einem Kulturzentrum in Singen standen bei der Hauptversammlung der Jenischen und Reisenden Baden-Württemberg im Vordergrund. Nach den bisherigen Planungen und Rückschlägen drängt der Verein auf einen neuen Anlauf.
Die Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger (Grüne) und Hans-Peter Storz (SPD) sagten ihre Unterstützung ebenso zu wie Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler. Rund 50 Mitglieder waren der Einladung zur Hauptversammlung des Vereins der Jenischen und Reisenden Baden-Württemberg gefolgt.
Was gefordert wird
Alexander Flügler als treibende Kraft machte seinem Unmut Luft: „Seit über 20 Jahren werden mir Türen geöffnet bei allen, die wichtig sind, aber hinterher ist das wieder vergessen.“ Vieles wurde seit 2019 schon erreicht, darunter die Gründung des Zentralrats der Jenischen in Deutschland und eine Anhörung im Europarat. Ziele seien weiterhin die Anerkennung als nationale Minderheit in Deutschland, ein Kulturzentrum in der Stadt Singen, die mit rund 800 Jenischen eine Hochburg ist, und ein Staatsvertrag mit dem Land Baden-Württemberg, wie er für die Sinti und Roma geschlossen wurde.

In 20 Jahren hätten die Jenischen Unterstützung vom damaligen Oberbürgermeister Andreas Renner erfahren und auch unter Bernd Häusler hätte es Zusagen für ein Kulturzentrum gegeben. Flüglers Appell „Die Stadt schuldet es uns, wir fordern ein Zentrum in Singen“ stieß auf Applaus der rund 50 Gäste. Einst fahrendes Volk haben die Jenischen in Singen eine lange Geschichte, die Stadt könne Vorbild für ganz Deutschland sein, denkt Flügler auch an die Zukunft ihrer Kinder.
Nach 20 Jahren noch immer nicht am Ziel
Die Stadt habe schon einiges getan, erinnerte OB Häusler an die Pläne eines Kulturzentrums im Münchried. „Als dem Gebäude auch bewohnte Häuser angeschlossen werden sollten, stimmte der Gemeinderat dagegen“, erklärte Häusler.
Er erinnerte auch an die neuen Häuser in der Waldheimsiedlung, die die Stadt für eine Million Euro gebaut habe. Man habe auch versucht, die Chancen der Kinder durch Ausbildung und Qualifikation zu verbessern. Häusler sagte weitere Unterstützung zu: „Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dann kriegen wir das hin“, bezieht er auch das Land mit ein.
Hoffen auf eine Begegnungsstätte
Für Dorothea Wehinger sind die rund 800 Jenischen, die in Singen leben, ein Teil der Stadt: „Sie müssen als Minderheit anerkannt und sichtbarer werden, ihre Sprache und Kultur darf nicht in der Versenkung verschwinden“, sagte auch Wehinger ihre Unterstützung zu, wenn eine Begegnungsstätte in Singen möglich wird.
Nach einem Besuch von Alexander Flügler bei Bundespräsident Walter Steinmeier im Schloss Bellevue stehen für Hans-Peter Storz die Zeichen auf Erfolg. Wie Wehinger will auch er sich für Landesmittel und das Anerkennungsverfahren einsetzen. Wie Sonja Keil von der Diakonie Frankfurt-Offenbach berichtete, habe eine Ausstellung in Frankfurt über das Leben der Fahrenden viele Aspekte aufgezeigt und zu wissenschaftlichen Forschungen angeregt, wie in Zukunft Vorurteile abgebaut werden könnten.
Warum die Versammlung in der Thüga in Nachbarschaft von Flüglers Reinigungsunternehmen stattfand, hatte Geschäftsführer Markus Spitz in seiner Begrüßung erklärt: „Alexander Flügler ist ein unermüdlicher Initiator der Jenischen, ich erweise ihm meinen Respekt“, sagte auch Spitz seine Unterstützung zu. Wolfgang Heintschel vom Vorstand der Caritas Singen-Hegau sieht in den unterschiedlichen Kulturen eine Bereicherung. Handwerklich würden die Jenischen gute Arbeit leisten, der Verband stehe allen offen, die Arbeit suchen, so Heintschel.