Die Mütter machen mit ihren Handys Fotos und Videos von ihren Mitstreiterinnen, die in der Kita Im Iben stolz ihr Sinfab-Zertifikat in die Kameras halten, das von Bürgermeisterin Ute Seifried überreicht wird. Sinfab, das steht für Singener Familien- und Bildungsangebote. Die ersten 15 Frauen, viele davon mit Migrationshintergrund, haben diese Qualifizierung durchlaufen und sich zu Ehrenamtlichen im sozialen und kulturellen Bereich ausbilden lassen. Sinfab bedeutet für diese Frauen aber noch viel mehr: Es steht für Austausch, Netzwerk, Selbstbewusstsein, Lernen und der Freude, sich für die Gemeinschaft zu engagieren.

Eugenia Tatar, Xingxing Zhang und Vickey Czapski haben die Qualifizierung absolviert. „Ich habe mitgemacht, weil es eine gute Möglichkeit ist, neue Leute kennenzulernen und sich gegenseitig helfen zu können“, erklärt Vikey Czapski, die in der Kita an der Aach in einer Eltern-Kind-Gruppe ist. Eugenia Tatar, die eine Eltern-Kind-Gruppe im Luzia-Kindergarten betreut, erklärt, dass ihre Motivation war, ihr Netzwerk zu vergrößern und es anderen zu ermöglichen, eines aufzubauen. Außerdem möchte die gelernte Erzieherin Familien einige Ideen vermitteln, wie sie Zeit mit ihren Kindern sinnvoll verbringen können.
„Mir ist der Austausch mit anderen Eltern wichtig und dass ich als Mutter und die Kinder untereinander Kontakte knüpfen können“, erklärt Xingxing Zhang, die in der Kita TakaTukaLand in einer Elterngruppe ist.

Familienberatung ist Vorbild für neue Wege
Die Familienberaterinnen Dorothea Helder, Susanne Huber und AWO-Mitarbeiterin Julie Houssin haben das Konzept passend für Singen entworfen. „Wir haben mit einer leeren Seite angefangen und uns die Schulungsunterlagen, zugeschnitten auf die Bedürfnisse von Singen, erarbeitet“, berichtet Dorothea Helder. Unterstützt hat sie dabei Marika Boll, Leiterin der Fachstelle Kinder und Familie bei der Stadt Singen.
Die positiven Erfahrungen mit der Einrichtung der Familienberatung in den Singener Kitas, die als Leuchtturmprojekt in Baden-Württemberg gilt und von vielen Kommunen übernommen wurde, bestärkt die Koordinatorinnen darin, neue und eigne Wege zu gehen.

In den Lernmodulen des Sinfab ging es zum Beispiel um Themen wie Nähe und Distanz oder das Thema Kommunikation. Nach der Qualifizierung engagieren sich die Frauen ehrenamtlich als Mentorinnen in Kitas und Schulen oder zum Beispiel als Schul- oder Quartier-Guides. Die Qualifizierung bietet gewissermaßen Hilfe zur Selbsthilfe: „Sie gibt den Teilnehmern eine Perspektive, hat bei ihnen die Lust auf Bildung geweckt und sie werden gleichzeitig Bildungsträger in ihrem Umfeld“, erklärt Susanne Huber.

Viele Frauen wollen sich engagieren
Die Qualifizierung stößt bei den Teilnehmerinnen auf Begeisterung: Der nächste Kurs ist schon ausgebucht und die Koordinatorinnen überlegen, im Herbst zwei Kurs parallel anzubieten, um dem Ansturm gerecht zu werden. Viele der Teilnehmerinnen des ersten Kurses wollten gleich weitermachen. Für sie soll es in Zukunft regelmäßige Austausch-Cafés geben. „Das zeigt, dass es ein großes Potenzial an Frauen gibt, die Freude daran haben, sich zu engagieren“, erklärt Koordinatorin Julie Houssini. Eine wolle zum Beispiel als Frühstücksfrau beim kostenlosen Frühstück in einer Kita helfen.
Die Frauen würden sich durch die Fortbildung etwas zutrauen und bringen auch ihre eigenen Themen ein. Dadurch entstehe ein Pool von Ehrenamtlichen die an die Sinfab-Netzwerkpartner verteilt werden könnten. Viele Teilnehmerinnen hätten sich durch die Qualifizierung Gedanken über ihre Zukunft gemacht und nehmen auch ihre berufliche Laufbahn in Angriff. Zwei bis drei von ihnen planen, nach dem Kurs eine Ausbildung als Erzieherin oder Kinderpflegerin zu machen.
Wie es für diese drei Mentorinnen weitergehen soll
Eugenia Tatar, Xingxing Zhang und Vickey Czapski sind jedenfalls froh, bei der Qualifizierung mitgemacht zu haben. „Das Programm war sehr professionell, ich habe viel gelernt. Wir haben viel Teamwork gemacht und sind in den Dialog gekommen“, erklärt Xingxing Zhang. Ihr Ziel ist es, noch besser Deutsch zu lernen und dann Arbeit zu finden.
Vickey Czapski hat die gute Kommunikation, die Gruppenführung, Inhalt, Aufbau und die lockere Gestaltung der Fortbildung gefallen. Auch sie plant, sich demnächst wieder zu bewerben. Und Eugenia Tatar lobt vor allem die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Familienberatungen und die Vernetzung mit anderen Beratungsstellen. Es gebe ihrer Meinung nach großen Bedarf bei den Familien, sich auszutauschen: Sei es über die Wohnsituation und die Betreuungsplätze.