Multiple Sklerose (MS) ist eine schlimme Krankheit. Aber manchmal kann eine solche Diagnose auch eine Erleichterung sein. Das sagt etwa die 53-jährige Ulrike Soldner. Vor über zehn Jahren hatte sie verschiedene Beschwerden. „Ich konnte oft nicht gehen oder Dinge nicht festhalten“, erinnert sie sich. Der Orthopäde wusste keinen Rat. Nach zwei Jahren zermürbender Ursachensuche ohne Ergebnis kam ein Neurologe durch ein MRT der Krankheit auf die Spur. Das Gerät hilft, Struktur und Funktionen der Organe und Gewebe am Computer darzustellen.
Die Krankheit mit 1000 Gesichtern
Alle bisherigen Symptome haben zur Krankheit MS gepasst. Ulrike Soldner, damals 42 Jahre alt, atmete erst mal auf. „Jetzt hat das Kind einen Namen. Jetzt kann ich lernen, damit zu leben“, sagt sie. Der Neurologe hat die Patientin mit ihrer chronischen Erkrankung schließlich an die Amsel-Kontaktgruppe verwiesen. Soldner hat dann gleich ein Seminar für Neubetroffene besucht. Bis heute helfen ihr die Erfahrungsberichte von Betroffenen, wie sie erzählt. Inzwischen leitet sie selbst gemeinsam mit Carsten Pietsch die Kontaktgruppe.
„MS – die Krankheit hat 1000 Gesichter“, schildert Pietsch, der andere Leiter der Kontaktgruppe Kreis Konstanz. Er ist ebenfalls Betroffener. In der Gruppe, sagt er, könne man auch über vorhandene Schwierigkeiten reden – Information zum Schwerbehindertenausweis, die Thematik Pflegegrad, Ängste und vieles mehr. Allerdings geht es in der Gruppe vor allem darum, Leben zu teilen.
Dazu Ulrike Soldner: „Wir lachen sehr viel, quatschen und haben viel Spaß. Wir lachen auch viel über uns selbst. Als Betroffene dürfen wir das ja. Diese heitere Ernsthaftigkeit hilft, uns gegenseitig zu stärken.“ Daher sprechen sie meist auch nicht von einer Selbsthilfegruppe – sondern von einer Kontaktgruppe.
Wichtig ist der Gruppe, dass die Orte, wo sie sich treffen, barrierefrei sind und eine Behindertentoilette für Rollstuhlfahrer haben, sowie mit dem öffentlichen Nahverkehr gut erreichbar sind. Die Treffen im Landkreis finden einmal im Monat statt und zwar immer im Wechsel: in einem Monat Mittwochs in Singen, im anderen Monat Samstags in Konstanz.
Es gibt auch immer mehr Menschen, die schon im jungen Alter an einer Multiple Sklerose erkranken. Wenn jemand früh die Diagnose bekomme, habe er andere Fragen als ältere Menschen, so Soldner. Er frage sich dann etwa, wie er es in der Ausbildung seinem Arbeitgeber sagt – oder macht sich Gedanken über die Familienplanung. Die Amsel Kontaktgruppe Konstanz bietet für junge Betroffene bis 40 Jahre mit Nicole Widua und Susann Thyssen eigene Ansprechpartner.
„Wir lachen sehr viel, quatschen und haben viel Spaß. Wir lachen auch viel über uns selbst. Als Betroffene dürfen wir das ja. Diese heitere Ernsthaftigkeit hilft, uns gegenseitig zu stärken.“Ulrike Soldner, hat Multiple Sklerose
Die Amsel-Gruppe im Landkreis Konstanz nimmt den Welt-MS-Tag am 30. Mai zum Anlass, um im Singener Cineplex Kino auf die Krankheit aufmerksam zu machen. In dem Dokumentarfilm ‚Rosy – aufgeben gilt nicht‘ werde die Geschichte einer jungen Betroffenen gezeigt, die auf Weltreise ging. Vor dem Kinosaal gibt es auch einen Informationsstand, an dem man mit Vertretern der Kontaktgruppe ins Gespräch kommen kann. Der Kinosaal ist behindertengerecht, rollstuhlgeeignet und kann über einen Fahrstuhl erreicht werden. Der Vorverkauf für den Film, der um 19 Uhr gezeigt wird, hat schon begonnen.