Hegau – Mit dem Hunde Gassi tagsüber gehen, das geht. Wer sich aber bewegen will, um gezielt närrische Aktionen auszuführen, den verweisen Behörden und Polizei in die Schranken. Wenn auch Hygiene- und Abstandsvorschriften in Corona-Zeiten eingehalten werden sollten. Ein resolutes Schreiben der Polizei an die Vereine verhindert so gut wie alle Aktivitäten in der bevorstehenden Kernfasnacht schon im Ansatz. Darüber zeigten sich auch die großen Narrenvereinigungen entrüstet. Die Ordnungshüter haben Kontrollen und Sanktionen angekündigt. Bußgelder drohen bei Verfehlungen. Dies alles gründet sich auf der Auslegung einer Corona-Verordnung, wonach närrische Aktionen im Gegensatz zum Gassi gehen, Einkaufen oder privaten Spaziergang keinen triftigen Grund darstellen, die bisher auch tagsüber geltende Ausgangssperre nicht einzuhalten. Auch das Ansammlungsverbot greift.

Bändel sollen hängen bleiben

„Der Schock sitzt uns im Nacken. Die Motivation ist im Keller“, erklärt John Weber, Chef der Gottmadinger Gerstensack-Zunft. „Wir werden offiziell gar nichts machen. Auch keine kleineren Aktionen, wie eine Rathaus-Absetzung mit wenigen Leuten. Die Gerstensack-Zunft will nach dem scharfen Schreiben keine Angriffsfläche bieten“, betont John Weber.

Gerstensack-Zunftmeister John Weber: „Der Schock sitzt uns im Nacken.“
Gerstensack-Zunftmeister John Weber: „Der Schock sitzt uns im Nacken.“ | Bild: Tesche, Sabine

„Die Zünfte werden wie Verbrecher dargestellt. Dabei haben wir im Vorfeld alles ganz klar mit der Gemeindeverwaltung abgesprochen, was in ganz kleinem Rahmen an Aktivitäten möglich ist. Dazu gehörte auch, den Weihnachtsbaum auf dem Hebelplatz in einen Narrenbaum zu verwandeln und Fasnetbändel rund um den Platz und am alten Rathaus aufzuhängen. Die werden auch nicht entfernt, denn die Aktion haben unsere Zunftmitglieder schon ausgeführt, bevor das Schreiben bei uns einging“, sagt der Zunftmeister. Einzig die Prämierung der schönsten privaten von Narrenbömmle durch umgeschmückte Christbäume werde die Zunft durchführen. „Die Bilder haben uns die Teilnehmer eingesendet. Ich werde ganz vorsichtig dem Gewinner einen Geschenkkorb in den Garten stellen“, so Weber.

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„Die Singener Poppele-Zunft wird keine öffentlichen Aktionen ausführen. Uns ist es schon wegen der Größe der Zunft mit gut 1000 Mitgliedern wichtig, diese klare Botschaft zu vermitteln“, erklärt Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk. Schon zwei Tage bevor der schriftliche Aufruf der Polizei den Verein erreicht habe, sei entschieden worden, auf sämtliche närrische öffentliche Aktivitäten zu verzichten.

Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk: „Wir werden keine Aktionen ausführen.“
Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk: „Wir werden keine Aktionen ausführen.“ | Bild: Tesche, Sabine

„Im Grunde genommen hat das Schreiben nur genau erläutert, welche Ausnahmen die Ausgangssperre zulässt. Und dazu gehört leider Fasnet machen nicht“, sagt Glunk. Auch eine Aufhebung des nächtlichen Ausgangsverbots, wie seit Montag vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim entschieden, ändere nichts an der Haltung der Poppele-Zunft. Nur eine lose Übergabe des Rathaus-Schlüssels von OB Bernd Häusler an ihn sei geplant, so Glunk. Es gebe aber keinen genauen Zeitpunkt und das Prozedere gehe sozusagen im Vorbeigehen über die Bühne.

Poppele bieten virtuelle Fasnacht

In Sachen virtuelle Fasnacht hat die Poppele-Zunft aber einiges zu bieten. Es gebe mehrere Filme über die Homepage des Vereins und über den You-Tube-Kanal unter „Poppele-TV zu sehen, wie närrische Beiträge, zum Thema Scheffelhalle und einen Rückblick zum Jubiläum 2010, schildert Glunk. „Unsere Rebwiebermodder Bettina Kraus fertigt zudem in ihrer Küche närrische Kost zur Bestellung und Abholung. Ich werde mir die traditionelle Bratwurst und dazu ein Bier gönnen“, so Glunk.

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„Die Vorgehenweise der Polizei lässt sich nur als ein Akt der totalen Einschüchterung beschreiben“, sagt Werner Kohler, Zunftmeister der Welschinger Rollis. Er gehört auch dem Präsidium der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee an. „Die Narrenverbände haben schon lange im Vorfeld auch im Gespräch mit dem baden-württembergischen Innenministerium abgestimmt, wie sich die Zünfte an Fasnacht zu verhalten haben. Das geschah genauso gewissenhaft, wie wir mit den zuständigen Ordnungsämtern der Gemeinden im ständigen Austausch abklären, welche Regeln auch an Fasnacht gelten sollen“, führt Kohler aus.

Von Anfang an kaum Spielraum

„Klar ist, dass es von Anfang an so gut wie kaum einen Spielraum für närrische Aktivitäten gab. Das war uns auch allen bewusst. Wir akzeptierten auch einen ersten schriftlichen Hinweis der Polizei an unsere Zunft, das uns an die Achtsamkeit erinnert hatte. Der scharfe Wortlaut des neuerlichen Schreibens schürt aber eher den Hass der Narren gegen die Polizei. Und das will niemand“, sagt Kohler. Der Leiter der Engener Polizei habe ihn noch am gleichen Tag angerufen, ob die Rundmail des Singener Reviers auch angekommen sei.

„Ich bin überzeugt davon, dass sich die Mitglieder der Zünfte an Fasnacht korrekt verhalten“, betont der Engener Bürgermeister Johnnes Moser. Er sei aber etwas besorgt darüber, ob andere Gruppierungen sich an die Corona-Verordnungen halten.