Wie weit darf ein Staat die individuelle Freiheit beschränken und seine Bürger kontrollieren? Was passiert mit denen, die sich dem System widersetzen? Die Theater-AG des Hegau-Gymnasiums bringt in der Regie von Katja Rothfelder das Stück „Corpus Delicti“ von Juli Zeh auf die Bühne, in dem die Autorin ein aufrüttelndes Schreckensbild eines Systems im Jahr 2057 zeichnet. Demokratische Grundsätze wurden von einer Gesundheitsdiktatur abgelöst, in der sämtliche Lebensbereiche der Gesundheit und persönlichen Fitness untergeordnet werden.
Die Farbe Weiß dominiert die Bühne der Aula des Hegau-Gymnasiums, verschiebbare Stellwände bilden im schnellen Wechsel die Kulisse. Weiß steht für Reinheit und klinisch keimfreie Sauberkeit, für menschliche Bedürfnisse und Gefühle ist hier kein Platz. Das Stück lebt von wortgewaltigen Textpassagen, die von den Darstellern (in der tragenden Rolle Melanie Orozco Möhl als Mia Holl) großartig gemeistert werden.
Der Biologin Mia Holl werden von einem Schwurgericht schwerwiegende Vergehen zur Last gelegt. Sie wird angeklagt, ihren freiheitsliebenden Bruder Moritz zu verteidigen, der im Gefängnis Suizid begangen hat. Moritz wurde wegen Mordes an einer Frau verurteilt, trotz erdrückender Beweislast schwört er, es nicht getan zu haben. Erst ein DNA-Test beweist seine Unschuld. Mia beginnt, zu zweifeln, sie hinterfragt das System und vernachlässigt Sport- und Ernährungsberichte. Als gefährliches Subjekt eingestuft, soll sie laut Urteil auf unbestimmte Zeit eingefroren werden. Wider Willen zur Symbolfigur des Widerstands geworden und, um keine Märtyrerin zu schaffen, wird sie begnadigt und ein Resozialisierungsprogramm für sie vorbereitet.
Juli Zeh brachte Corpus Delicti 2007 als Theaterstück heraus, als Buch wurde es ein Bestseller. Zum Thema Freiheitseinschränkungen und Überwachung durch einen Staat nimmt die Autorin in ihrer Utopie den heutigen Fitnesswahn als vermeintliche Lebensgrundlage vorweg.