Ruhig betritt Andreas von Studnitz die Bühne. Der Schauspieler hat nun 70 Minuten Monolog vor sich. Die Zuschauer sind gefordert. Höchste Konzentration ist gefragt. Andreas von Studnitz sinniert über seine Rolle auf der Bühne und wer ihm da überhaupt zuhört.

Event heißt dieser ganz besondere Schauspiel-Monolog von John Clancy, den er auf der Bühne des Theaters „Die Färbe“ gibt. Ein geglücktes Experiment. Und kein Zuschauer verlässt vor dem Ende des Stücks das Theater.

Worum es geht? Ein Mann reflektiert seine Rolle. Auf der Theaterbühne.

Die Fremden wollen unterhalten werden

Die Zuschauer sind für ihn die Fremden. Unter ihnen sind nicht nur Theaterinteressierte, sondern sicher auch Kollegen oder sogar Verwandte, sinniert der Schauspieler. Über die Fremden wisse er kaum etwas, aber er ist sich sicher: „Ihre Kinder sterben nicht an Hunger und sie haben sicher mehr als ein Paar Schuhe.“

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In jedem Fall hoffen die Fremden, unterhalten zu werden. Der Mann auf der Bühne möchte jedenfalls allen gefallen, es gut machen, damit die Fremden ihn weiterempfehlen. „Denn ohne Mundpropaganda kann ich das hier nicht mehr lange machen“, sagt er. Gut vorbereitet habe er sich, viel auswendig gelernt und nun hoffe er, dass die Worte in der richtigen Reihenfolge herauskommen.

Niemand schleicht sich raus

Die Fremden sollen aber auch etwas über den Mann auf der Bühne erfahren. Deshalb habe der Autor ihm erlaubt, sich eine Minute lang vom vorgegebenen Text zu lösen. „Hier geht es nur um Worte. Was das soll, ich weiß es nicht. Ich find´s Scheiße! Sie können auch gehen, verschwenden Sie keine Sekunde“, grummelt er vor sich hin, bevor er – immer leiser werdend – ein Schlaflied singt. Doch niemand steht auf, schleicht sich raus. Dafür ist es einfach zu spannend.

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Der Mann macht sich in Denkerhaltung laut Gedanken darüber, ob die vielen Entscheidungen heutzutage nicht zu einer Last werden könnten? „Früher waren wir gelegentlich telefonisch nicht erreichbar. Und die Welt ging weiter.“ Heute sei das Telefonieren zum Kommunikationsterror geworden.

Ach ja, und dann sind da noch die Begutachter unter den Fremden. Solche, wie die Verfasserin dieses Artikels. Die Begutachter haben für den Mann viel Macht über sein Schicksal sowie das der Beleuchterin und des Autors. Er fragt sich, ob die Begutachter eine Lobeshymne formulieren. Im Fall der Verfasserin hier: Ja. Ein absolut empfehlenswertes „Event“, das noch viermal im Theater in Singen aufgeführt wird.

Weiteres Stück kommt im Dezember auf die Bühne

Andreas von Studnitz, der von 2006 bis 2018 Intendant des Theaters in Ulm war, leitet derzeit übrigens die Wiederaufnahmeproben zu „Cyrano de Bergerac“ von Edmond Rostand. Diese Produktion musste wegen Corona um ein Jahr verschoben werden und hat nun am Freitag, 3. Dezember, in der Basilika Premiere.