Das Familienzentrum „Im Iben“ in Singens Nordstadt bot bisher einen Schatz, von dem viele offenbar gar nichts wussten. So schildert Elternvertreterin Yvonne Siener den Hort, der Grundschülern dort eine bestmögliche Betreuung bot. Die Kinder waren dort morgens vor der Schule und mittags nach dem Unterricht gut betreut. Im Februar beschloss der Singener Gemeinderat allerdings, dass dieser Schatz ein Auslaufmodell ist: Weil Kita-Plätze dringend benötigt werden, sollen die Hortplätze im Iben nach und nach weichen. Wie das aussehen wird, schildern Markus Spranger als Leiter des Familienzentrums und Bürgermeisterin Ute Seifried. Spranger betont: „Die Umstellung läuft so sozialverträglich ab wie möglich, es wird niemand gekündigt.“
Sieben Kinder verlassen zum neuen Betreuungsjahr das Familienzentrum: Sechs gehen in die weiterführende Schule, eine Familie hat sich ein anderes Betreuungsangebot gesucht. Grund war ein Geschwisterkind, wie Elternsprecherin Yvonne Siener erklärt: Wer bislang einen Hortplatz hat, kann diesen zwar behalten, doch Geschwisterkinder werden nun nicht mehr angenommen. Deshalb habe sich diese Familie für einen Wechsel entschieden.
Für Eltern bleibt ein bitterer Beigeschmack
Elternsprecherin Yvonne Siener bedauert nach wie vor, dass der Hort ein Auslaufmodell ist – nicht nur wegen der Betreuungszeiten von 7 bis 17 Uhr, sondern auch wegen des Miteinanders. Das Konzept, das Markus Spranger jüngst bei der Elternbeiratssitzung präsentiert habe, finde sie aber gut. „Die Zeit wird zeigen, wie es funktioniert. Ein bitterer Beigeschmack bleibt, aber wir wollen es nicht im Vorfeld schlecht reden“, sagt sie.
Plätze sollen aufgefüllt werden
Insgesamt geht es um 20 Plätze, die bislang von älteren Kindern genutzt wurden. Der Plan sei, die wegfallenden Hort-Plätze nach und nach mit Kita-Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren aufzufüllen. „Die Zusagen sind raus und am 20. September kommt das erste neue Kind zu uns“, so Spranger. Ab Herbst werden zehn Hort-Kinder sowie zehn Kita-Kinder betreut. Das bedeute in der Übergangszeit sogar eine intensivere Betreuung: Wenn die Kita-Kinder ab 14 Uhr zuhause sind, haben die Grundschüler die Pädagogen für sich. Außerdem werden die ersten Kita-Kinder schon etwas älter sein, erklärt Markus Spranger. Dadurch sei der Altersunterschied dann nicht so groß. Diese Kinder seien in den vergangenen Monaten nach Singen gezogen, wie die Singener Bürgermeisterin erklärt.
Doch was ist mit den Eltern, die sich einen Hort-Platz gewünscht haben? Die sind laut Ute Seifried auch versorgt. Die Betreuungszeiten an der Bruderhof-Schule, welche erfahrungsgemäß die meisten Hort-Kinder besuchen, würden ausgeweitet. Auch über die Ferienbetreuung mache man sich Gedanken, denn der Hort habe weniger Schließzeiten als eine schulische Ganztagesbetreuung. In den Sommerferien soll künftig während drei Wochen eine verlässliche Ferienbetreuungszeiten angeboten werden. Für eine Mutter komme diese Zusage zu spät, schildert Yvonne Siener: Weil sie früher planen musste, habe sie ihre Arbeitszeiten reduziert. Die Eltern hätten sich vor vollendete Tatsachen gestellt gefühlt. Auf das Gesprächsangebot von der Bürgermeisterin sei aber niemand eingegangen, schildert diese: Bei ihr hätten sich nach dem Gemeinderatsbeschluss keine Eltern gemeldet. „Es war seit Jahren Thema, ob die Hortgruppe bleiben kann oder nicht“, mit Schmerz habe man sich nun dagegen ausgesprochen.
Seifried und Spranger äußern Verständnis, dass die Eltern gerne „ihren Hort“ beibehalten hätten. Doch nun versuche man, das Beste aus den Umständen zu machen: Für die neue Konstellation hat sich Markus Sprangers Team neu zusammengesetzt, außerdem werde das Familienzentrum etwas umgestaltet. Es soll beispielsweise Schwerpunkte für Kunst, Musik oder Sprachförderung geben. „Das, was wir jetzt draus machen, ist was Gutes“, versichert der Leiter von Im Iben. Der einzige Hort der Stadt ist dann in Zukunft das evangelische Familienzentrum Markus.
Neue Plätze aber ohne Gespräche
- Guter Dinge: Elternsprecherin Yvonne Siener ist trotz der anstehenden Schließung optimistisch: „Herr Spranger hat uns nun offiziell über das neue Hortkonzept informiert und wir sind guter Dinge, denn es ist auf jeden Fall eine Lösung, bei dem vor allem im Vordergrund steht, dass sich unsere Kinder wohlfühlen.“ Die Praxis werde nun zeigen, wie die Kinder den neuen Hort finden werden. Aber sie betont noch einmal, dass sie es schade finde, dass im Vorfeld kein Gespräch stattgefunden habe. „Man hat uns vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt sie. Es habe leider keine Chance gegeben, den beliebten Singener Hort doch noch zu retten.
- Neue Plätze: Wie es aktuell in Singens Kitas aussieht, ist am Donnerstag, 22. Juli, ein Thema im Ausschuss für Familien, Soziales und Ordnung. Da geht es um den Kita-Bedarfsplan. Bürgermeisterin Ute Seifried erklärt vorab, dass die Stadt hart daran arbeite, bis Ende des Jahres allen Kindern ein Angebot zu machen. Mitte September gebe es neue Plätze an der Berliner Straße, weitere Maßnahmen stünden auch vor der Fertigstellung angestoßen. Aber bedeutet das, dass bis dahin manche Kinder nicht betreut werden können? „Da gibt es ein paar, die noch ein paar Wochen warten müssen“, räumt Seifried ein.