Singen/Schaffhausen – Die 1000 Mitarbeiter von Georg Fischer in Singen werden künftig für einen neuen Eigentümer arbeiten. Wie Georg Fischer (GF) mitteilte, verkauft der Schweizer Industriekonzern das 1895 erbaute Werk an das von drei ehemaligen GF-Mitarbeitern gegründete Unternehmen Fondium. Neben dem Werk in Singen geht auch das GF-Werk in Mettmann bei Düsseldorf mit ebenfalls 1000 Mitarbeiter an Fondium. Beide Werke gehörten zur GF-Division Gusslösungen (Casting Solutions) und erwirtschafteten zuletzt zusammen einen Jahresumsatz von 620 Millionen Schweizer Franken (550 Millionen Euro). In Singen produziert das Georg-Fischer-Werk vor allem Gussteile für den Lkw-Bereich, während in Mettmann der Schwerpunkt bei Pkw-Komponenten liegt.
Georg Fischer begründet den Verkauf mit den sinkenden Renditen im Eisengeschäft. "Die global rasch wachsende Nachfrage nach Leichtmetallgussteilen aus Aluminium und Magnesium erfordert von GF eine deutlich stärkere Präsenz in diesem Sektor", teilt das Unternehmen aus Schaffhausen mit. GF bleibt während einer Übergangsphase mit 20 Prozent bei Fondium investiert. Über den Kaufpreis haben die beiden Parteien Stillschweigen vereinbart. Die Transaktion wird rückwirkend zum 1. Dezember durchgeführt.
Hinter Fondium stecken die drei ehemaligen GF-Mitarbeiter Achim Schneider, Arnd Potthoff und Matthias Blumentrath, die allesamt zuvor in der Gusssparte Management-Positionen inne hatten und in Singen keine unbekannten Gesichter sind. Sie werden bei der Finanzierung der Übernahme von GF mit einem Kredit unterstützt.
Der Betriebsrat von GF begrüßte den Eigentümerwechsel. "Ich sehe vor allem die Chancen unter dem neuen Eigentümer", sagte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Michael Spannbauer. Ähnlich äußerte sich Betriebsrat Jürgen Bausch. Er sei froh, dass kein Finanzinvestor das Unternehmen übernommen habe. Innerhalb der Belegschaft ist allerdings die Verunsicherung groß. „Ich vertraue dem nicht. Es wurde schon von GF versprochen, dass investiert wird. Ich mache mir vor allem wegen der jungen Leute im Betrieb Gedanken“, sagte Pasquale Salatino, der seit 42 Jahren bei GF arbeitet.
Enzo Savarino, Geschäftsführer der IG Metall Geschäftsstelle Singen, sagte, man müsse weiterhin für einen Ausgleich zwischen unternehmerischem Erfolg und guten Arbeitsbedingungen sorgen. Wenn die neuen Eigentümer die Beschäftigten mitnehmen, könne der Neustart gelingen, sagte Savarino.
Achim Schneider, Miteigentümer und Sprecher von Fondium, versuchte auf einer Betriebsversammlung in Singen, den Beschäftigten die Ängste zu nehmen. „Unser Ziel ist es, die Standorte Singen und Mettmann weiterzuentwickeln und zukunftssicher aufzustellen“, sagte er. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER betonte er, dass er keine Entlassungen oder Lohnsenkungen plane. "Allerdings müssen wir schneller werden", fügte er hinzu. Auch die Unternehmenskultur wolle er in Hinblick auf die Familienfreundlichkeit modernisieren. So wolle er den Mitarbeitern mehr Freiheiten geben, und dort, wo es möglich sei, flexible Arbeitsformen wie das Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen. Außerdem setze er auf flachere Hierarchien.
Große Konkurrenz im Eisenguss
Schneider bestätigte, dass die Renditen in Singen und Mettmann zuletzt nicht zufriedenstellend waren. Beide Standorte müssten wieder wettbewerbsfähig gemacht werden, denn die Konkurrenz aus Portugal, Indien oder der Türkei sei groß. "Eisenguss ist derzeit kein Wachstumsgeschäft", sagte er. Allerdings böten sich Vorteile dadurch, dass die Gießereien nicht mehr die Kosten des gesamten GF-Konzerns mittragen müsse. Georg Fischer beschäftigt fast 16 000 Mitarbeiter und betreibt 57 Produktionsstätten in aller Welt. Neben der nun deutlich verkleinerten Sparte Gusslösungen hat Georg Fischer mit Pumpsystemen und Maschinenlösungen noch zwei weitere Divisionen.
GF-Chef Yves Serra sieht sein Unternehmen durch den Verkauf der beiden Produktionsstätten besser als zuvor aufgestellt. "Dank der Anpassung des Portfolios kann GF Casting Solutions ihre Marktchancen bei Komponenten für Pkw-Strukturteile und Flugzeugtriebwerke besser wahrnehmen", sagte er. Mit Fondium habe man einen Partner gefunden, dessen Eigentümer das Gießerei-Geschäft sehr gut kennen. "Sie können Kontinuität für die Kunden und die Weiterentwicklung der zwei Gesellschaften außerhalb von GF sicherstellen", beteuerte Serra.
