Facebook vergisst nicht so schnell. Das hat ein Angeklagter vor dem Amtsgericht erfahren, der beschuldigt wurde, ein Foto von sich auf Facebook öffentlich zu zeigen, bei dem er mit entblößtem Oberkörper zu sehen ist. Das allein ist selbstverständlich nicht strafbar. Auf seinem Oberkörper aber hat der Angeklagte vor vielen Jahren mehrere Tattoos, unter anderem das Keltenkreuz und die Wolfsangel, die Symbol des Jungvolks der Hitlerjugend und Kennzeichen der Organisation Junge Front war, auf seinen Oberkörper tätowieren lassen. Das Zeigen beider Symbole in der Öffentlichkeit ist in Deutschland verboten.

Der Angeklagte hat nicht zum ersten Mal Probleme mit der Justiz bekommen, die Liste seiner Vorstrafen ist lang: Körperverletzung, Fahren bei Trunkenheit, Beleidigung. Auch der Vorwurf, Symbole rechtsextremer Organisationen zu zeigen, ist nicht neu. 2012 wurde der heute 36-Jährige wegen des Zeigens des Hitler-Grußes verurteilt, damals gab es keine Bewährungsstrafe, er kam für zwei Monate ins Gefängnis. Viele Jahre lang hat sich der Angeklagte in der rechten Szene getummelt, die Tattoos auf seinem Oberkörper stammen aus seiner Jugend. Inzwischen habe er der rechten Szene aber seit Jahren abgeschworen, beteuerte der Angeklagte. Hinsichtlich des jetzt beanstandeten Fotos auf Facebook fühlte er sich ungerecht behandelt: Das Foto sei seit mehreren Jahren in seinem Facebook-Auftritt, seine ehemalige Freundin habe es gepostet. Zudem seien die Einstellungen seines Facebook-Auftritts so gewählt, dass das Foto nur für etwa 130 Freunde sichtbar werde, beteuerte er. "Seit zehn Jahren versuche ich mich aus der rechtsradikalen Szene herauszuhalten. Ich werde aber immer noch als Rechtsradikaler verfolgt, das ärgert mich." Zudem habe er nicht gewusst, dass schon das Zeigen der Symbole verboten sei, wenn man sie nicht in Zusammenhang mit den Organisationen bringe.

Dass er sich seit zehn Jahren nicht mehr den Rechten andiene, dem widersprach die Staatsanwältin und erinnerte an den Hitler-Gruß und die Verurteilung von 2012. Auch die Behauptung, er habe nicht gewusst, dass die Zeichen verboten seien, ließ die Staatsanwältin nicht durchgehen: "In der Szene ist es üblich, das Zeigen der Symbole so zu verschleiern, dass man ein Hintertürchen hat, um straffrei herauszukommen." Als Zeuge sagte ein Polizeibeamter aus, der auf das Foto mit den Tattoos gestoßen war, als er in anderer Angelegenheit ermittelte. Er habe die Wolfsangel oder SS-Rune als Tattoo auf dem Foto auf Facebook sofort erkannt, berichtete der Zeuge, den Angeklagten habe er in einer Freundesliste einer Person, gegen die er ermittelte entdeckt. Er kenne den Angeklagten aus der rechten Szene, dieser sei in diverse Auseinandersetzungen zwischen linker und rechter Szene verwickelt gewesen.

Die Amtsrichterin verurteilte den Angeklagten schließlich zu 60 Tagessätzen in Höhe von 35 Euro, die Staatsanwältin hatte einen höheren Betrag von 3200 Euro gefordert. Der Angeklagte habe lange Zeit der rechten Szene angehört und genau gewusst, für welche Organisationen die tätowierten Zeichen stehen. "Er war auch dafür sensibilisiert." Dass er das Foto öffentlich gezeigt habe, sah sie als erwiesen an, da man, auch ohne mit ihm auf Facebook befreundet zu sein, das Foto über mehrere Tage habe sehen können. Zuletzt sei er 2011 in Verbindung mit neofaschistischem Gedankengut auffällig geworden, möglicherweise habe er sich inzwischen von der organisierten rechten Szene gelöst. Da er sich während der Verhandlung nur bedingt einsichtig zeigte, habe sie sich für das höhere Strafmaß von 60 anstelle von 45 Tagessätzen entschieden.

 

Verbotene Zeichen

  • Siegrune: Sie ist ein Zeichen für die völkische Bewegung im 20. Jahrhundert. Im Nationalsozialismus war die Siegrune das Emblem für das Jungvolk der Hitlerjugend. Die Schutzstaffel der NSDAP wurde mit den Buchstaben SS bezeichnet, später in Runenform dargestellt. Das Symbol ist verboten.
  • Wolfsangel: Sie bezeichnete zunächst ein Jagdgerät. Heute wird die Wolfsangel von rechtsextremen Organisationen genutzt. Sie war das Symbol der Jungen Front, der Jugendorganisation der rechtsextremen Volkssozialistischen Bewegung. Auch dieses Symbol ist verboten.