Singen – Es ist eine Grundsteinlegung im doppelten Sinne: Der gestrige Baustart für den Neubau des Hospiz- und Palliativzentrums markiert zugleich den grundlegenden Wandel im Verständnis des allgemeinen Miteinanders. Zum Ausdruck kommt dies allein durch den Standort in der Singener Innenstadt, aber auch die Vielzahl der Interessensvertreter verdeutlicht die Veränderungen, die sich in der Gesellschaft beim Umgang mit dem Sterben und dem Tod zurzeit vollziehen.

Für Oberbürgermeister Bernd Häusler entstand dabei ein ganz praktisches Problem. Seine Auflistung der Personen, die es zu begrüßen galt, genügte nicht, und so vergewisserte er sich mehrfach bei den beiden Zentrums-Geschäftsführer Wolfgang Heintschel von der Caritas und Christian Grams von der Diakonie, ob er denn nun auch wirklich alle Vertreter aus der Politik und Wirtschaft, aus beteiligten Verbänden, Vereinen und Stiftungen gebührend erwähnt habe. Zum Schluss fiel ihm selbst auf, wen er um ein Haar vergessen hätte: Es sind die Anwohner, die der Ansiedlung des Hospiz- und Palliativzentrums in der Hegaustraße offen gegenüberstehen.

Ein Beispiel für die Wegmarke im Wandel des Miteinanders ist das ökumenische Fundament der Einrichtung. Nach Kenntnisstand von Christian Grams von der Diakonie handelt es sich um das größte Projekt, das jemals von den beiden christlichen Glaubensgemeinschaften im Landkreis Konstanz auf die Beine gestellt wurde. Und artig bedankte er sich also bei den Vertretern der katholischen Kirche beziehungsweise der Caritas, was Wolfgang Heintschel von der Caritas seinerseits zur Verbeugung vor den Vertretern der evangelischen Kirche und der Diakonie veranlasste.

Als Vertreter des Landratsamtes hob Axel Goßner die Bedeutung des Hospiz- und Palliativzentrums für die gesellschaftliche Entwicklung hervor. "Es sagt viel über eine Gesellschaft aus, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht", sagte der Sozialdezernent, der zugleich auf die Funktion der Einrichtung für die Bevölkerung des gesamten Landkreises hinwies.

Daneben gab es bei der Grundsteinlegung eine Reihe von Beiträgen, in welchen die Veränderungen im Bewusstsein thematisiert wurden. Am umfassendsten gelang dies der Konstanzer Dekanin Hiltrud Schneider-Cimbal mit einer handfesten Übersetzung theologischer Weltsicht für den Umgang mit dem Sterben und dem Tod. Die Geschichte Jesu und seiner Auferstehung komme einer Entmachtung des Todes gleich, denn durch die Auferstehung werde dieser als Durchgang zum ewigen Leben begreifbar. Gleichwohl bleibt für die Theologin dieser Weg in der Praxis eine Herausforderung.

Davon wissen vor allem jene zu berichten, die als Hospiz-Helfer tätig sind. Sie rekrutieren sich überwiegend aus den rund 600 Mitgliedern des von Irmgard Schellhammer geleiteten Hospiz-Vereins. Von hier aus ist mit weiteren Impulsen zu rechnen, die schrittweise Veränderungen beim Umgang mit den Themen Sterben und Tod bewirken. Elisabeth Paul und Ulrike Traub beispielsweise bereiten einen Trauerort als Begegnungsstätte innerhalb des Hospiz- und Palliativzentrums vor. Und Iris Eggensberger, die den Bereich "Palliativ daheim" betreut, nimmt aus ihrer Arbeit die Erkenntnis mit, dass den Tagen mehr Leben zu verleihen ist – anstatt das Leben nur als Addition von Tagen zu verstehen.

Was sich bislang allerdings trotz aller erkennbaren Veränderungen beim Thema Hospiz noch nicht durchgesetzt hat, ist die dauerhafte finanzielle Unterstützung. Die öffentliche Hand gewährt Unterstützungen – doch ohne Spenden geht bis auf Weiteres nichts.

So sieht der Bauplan aus

Der Komplex des Hospiz- und Palliativzentrums besteht aus drei Elementen: der Villa Wetzstein, einem Neubau sowie dem benachbarten sogenannten grünen Haus. Die unter Denkmalschutz stehende Villa wird seit neun Monaten saniert, die Arbeiten wurden bisher aber nur im Innenbereich vorgenommen. Mit dem Aushub für den Neubau soll nach Angaben des Architekten Wolfgang Riede heute begonnen werden, der Plan sieht den Beginn der Rohbauarbeiten ab dem 21. August vor. Richtfest ist voraussichtlich ziemlich genau in einem Jahr, ab Mai 2019 soll der Neubau sowie das gesamte Hospiz- und Palliativzentrum dann bezugsfertig sein. Die Funktion des Neubaus ist die Bereitstellung von insgesamt neun Hospiz-Plätzen. (tol)

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