Sie gehen seit Monaten für eine bessere Klimapolitik auf die Straße, nun konnten Schüler des Friedrich-Wöhler-Gymnasiums in Singen ihre Ziele und Wünsche direkt mit einem Bundestagsabgeordneten besprechen: Andreas Jung (CDU) nahm die Einladung der Fridays-for-Future-Aktivisten an und diskutierte mit ihnen über Themen wie erneuerbare Energien oder ein geplantes Klimaschutzgesetz. Dabei versuchte er auch zu erklären, warum das nicht schneller geht: Man wolle langfristig etwas Sinnvolles tun und müsse dafür Vor- und Nachteile von Maßnahmen abwägen.
Bisher fehlte es ihnen an Konsequenz, um Gefahr zu begegnen
Matteo Möller betonte, warum sich die Aktivisten an die Politik wenden: Einzelne Privatpersonen könnten nicht so viel erreichen wie die Politik. Bisher fehle es an der nötigen Konsequenz, übergeordnete Maßnahmen umzusetzen – oder auch bestehende Klimaziele einzuhalten. „Es geht auch um eine Emanzipation der Jugend, weil wir später die Folgen erleben werden“, ergänzte Benjamin Jahnke. „Wir sehen den Klimawandel als Gefahr“, sagte Carla Fidlestahler. Statt langfristig etwas zu erreichen, gehe es in der Politik häufig nur um kurzfristige Vorteile.
Jung: Lieber Maßnahmen als Notstand
„Diese Sorge teile ich“, erwiderte Andreas Jung eingangs zum Klimawandel. Zuletzt habe er zum Beispiel Gespräche mit Förstern und Landwirten geführt, die klar beschrieben, welche Folgen sie bereits bemerken und welche sie künftig befürchten. Kritik für mangelnde Konsequenz in der Vergangenheit müssten sie als Politiker annehmen, sagte Jung, doch nun würden sie umso engagierter an einem Klimagesetz arbeiten. Einige Dinge seien auch schon auf den Weg gebracht. Einen landesweiten Klimanotstand zu erklären, hält er dabei nicht für nötig – er wolle lieber mit konkreten Maßnahmen überzeugen. Auf den Einwand von Benjamin Jahnke, dass ein Notstand auch zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen würde, entgegnete Jung: Das Bewusstsein sei bereits sehr stark. Und er halte es für ein wirkungsvolleres Zeichen, nun konsequent zu handeln.
Konzept bis September, Gesetz bis Jahresende geplant
Bis September will Andreas Jung im Rahmen einer Kommission ein Konzept für ein Klimagesetz vorlegen, bis Jahresende soll es verabschiedet sein. Das sei für politische Prozesse ambitioniert. „CO² soll einen Preis bekommen“, fasste er zusammen. Dazu würden noch in dieser Woche Gutachten vorgestellt, die auch soziale und wirtschaftliche Belange berücksichtigen sollen. „Es geht darum, den richtigen Weg zu finden.“ Dabei erklärte der Bundestagsabgeordnete auch, warum das seiner Meinung nach Gesetze braucht: „Das bringt ein höheres Maß an Verbindlichkeit.“ Und sie würden Planungssicherheit etwa für Hausbesitzer bieten, wenn es um eine Sanierung geht. Den Klimaaktivisten gingen seine Ausführungen aber teils nicht weit genug: „Die Ziele müssen noch ambitionierter sein“, forderte Benjamin Jahnke.
ÖPNV teurer als Auto oder Flug? Das soll so nicht sein
Eine wichtige Rolle spiele der Verkehr, da waren sich der Abgeordnete und die Schüler einig: „Die Bahn muss attraktiver werden.“ Laut Jung zeige sich das Problem auch in der Region, wenn etwa das letzte Seehäsle gegen 21 Uhr und auch der Seehas nachts sehr reduziert fährt. Dass der öffentliche Personennahverkehr teils teurer sei als das eigene Auto oder eine Flugreise, solle so nicht sein. Jung schlug eine Ticketsteuer für Flugreisen vor – den Flugzeugtreibstoff Kerosin zu besteuern, würde nur diejenigen treffen, die auch in Deutschland tanken.
Wie es weitergeht
Bereits Ende März hatten die Schüler den CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung eingeladen. Der Termin kam erst jetzt zustande, weil Politiker vor Wahlen keine Schulen besuchen dürfen. Das nächste Treffen ist bereits angedacht: Im Herbst will sich Jung erneut mit den Schülern zusammen setzen, um über Ergebnisse seines Gesetzesvorschlags zu sprechen. Schon am heutigen Mittwoch lädt Jung zu einem zweiten Bahngipfel, wo es auch um die Wiederbelebung stillgelegter Verbindungen gehen soll.