Diesen Abend wird der 20-jährige Student Nick Munjak aus Allensbach sicher nicht so schnell vergessen. Und die anderen 100 Zuhörer auch nicht. Was war geschehen? Der SÜDKURIER hatte im Rahmen seiner Reihe „Wissensforum„ den Kommunikationswissenschaftler Marc Gassert in die Stadthalle eingeladen. Was sich als richtiger Knaller entpuppte, auch wenn es um das schwierige Thema „Disziplin„ ging.

Faustregeln für die Selbstdiziplin

„Ich verspreche Ihnen, es wird vergnüglich“, sagte Gassert gleich zu Beginn zu seinem Publikum. Und das Versprechen hielt er! „Disziplin – Nicht das Anfangen wird belohnt, sondern das Durchhalten“, so lautete also das Thema des Abends. „Doch ist das Wort Disziplin nicht eigentlich etwas negativ besetzt?“, fragte Sabine Schilling, Vertriebsleiterin beim SÜDKURIER-Medienhaus bei ihrer Anmoderation. Marc Gassert hatte in seinem Gepäck einige Faustregeln für die Selbstdisziplin, die er den Zuhörern an die Hand gab, Werkzeuge, also „Tools“, um der eigenen Faulheit effektiv entgegenzutreten und seinen „inneren Schweinehund“ zu überwinden. Mit diesen Tools bekam das Wort „Disziplin„ dann doch einen ganz anderen Klang.

Zu Gast bei den Mönchen

Doch erst mal von vorn: Marc Gassert erzählte zunächst davon, wie er seine ersten Erfahrungen bei den Shaolin-Mönchen sammelte. „Ich wollte nach dem Studium eine Reise machen.“ Aber nicht – wie die meisten Kommilitonen, eine Weltreise – sondern eine Reise nach innen sollte es sein. Bei der Ankunft im Kloster brannten Lampions und Kerzen. Gut, also kein Strom, dachte er sich. Egal. Doch dann natürlich auch kein Internet, oh weh, war sein zweiter Gedanke. Als die Tür des Klosters aufging, sei ihm ein penetranter Geruch von Männerschweiß entgegengeströmt. Der Schlafplatz, ein kleiner Fleck Beton mit einer Reismatte sei okay gewesen. „Vorher hatte ich in Tokio für 5,5 Quadratmeter 800 Euro bezahlt und im Kloster war es nun umsonst“, so Gassert.

Täglicher Halbmarathon um 4.30 Uhr

Die erste Hürde sei für ihn das frühe Aufstehen um 4.30 Uhr gewesen. „Das ist einfach zu früh, bei aller Liebe.“ Nach dem Wecken durch den Gong, der einmal erklingt – nein, nicht mit Schlummerfunktion, wie beim Wecker – ging es ab in die Turnschuhe und auf zum täglichen Halbmarathonlauf. „Ich war letzter und hatte schon keinen Bock mehr“, erzählt er salopp. Für die mitternächtliche Lektion habe der Meister zwar einen Rohrstock dabei gehabt, doch dieser sollte nur ein Symbol sein für den klaren Rahmen mit Regeln, die eingehalten werden müssten. Von außen geforderte Disziplin mit dem Rohrstock bringe nämlich gar nichts.

Die Treibstoffe für Disziplin

„Wenn Disziplin von innen kommt, entsteht etwas Wunderbares“, sagte Gassert. Als Treibstoffe für Disziplin nannte er – nach Professor Roy Baumeister – biologische Antriebe, individuelle wertebasierte Antriebe und die Willenskraft. Er riet den Zuhörern, ehrlich zu sein und sich an das zu halten, was man sagt, denn nur dann entwickele sich Vertrauen, Respekt und Augenhöhe. „Man kann Werte niemandem überstülpen, sondern muss sie vorleben.“

Diese Übung funktioniert nur mit gegenseitigem Vertrauen. Im Bild (von links) Nick Munjak und Marc Gassert. Bild: Susanne Gehrmann-Röhm
Diese Übung funktioniert nur mit gegenseitigem Vertrauen. Im Bild (von links) Nick Munjak und Marc Gassert. Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Dass man Willenskraft trainieren kann, wie einen Muskel, davon ist Marc Gassert überzeugt. Für ein kleines Experiment sucht er sich den Studenten Nick Munjak aus dem Publikum. Gemeinsam machen die Beiden dann für drei Minuten eine Halteübung in tiefer Kniebeuge. Sieht einfacher aus, als es ist. Mit rotem Kopf ist Nick Munjak am Ende froh, dass die drei Minuten rum sind. Später machen die Beiden eine weitere Übung, in der es um Vertrauen geht. Dazu holt Gassert eine Bewehrungsstange aus Stahl aus der Ecke. Ganz nebenbei macht Gassert noch zwei Zaubertricks und Nick Munjak ist völlig perplex, wieso seine Armbanduhr auf einmal in der Hand von Marc Gassert gelandet ist.

Unangenehme Aufgaben sofort erledigen

Als Übung für den Geist empfahl Marc Gassert, sich einmal morgens auf die Bettkante zu setzen und zu entscheiden, ob man nun zur Arbeit gehen will oder nicht. Was richtig Kraft koste, seien jedoch nicht nur Entscheidungen, sondern auch die Erfüllung unangenehmer Aufgaben. „Wenn Schmerz, dann sofort“ sei hier seine Devise. Also bitte das Unangenehme besser gleich erledigen. Was ebenfalls viel Kraft koste, insbesondere auch in Teams, sei das Jammern einzelner.

Aufforderung zum Mitmachen: Marc Gassert hat sich aus den Zuhörern einen jungen Mann für eine besondere Übung ausgeguckt. Bild: Susanne ...
Aufforderung zum Mitmachen: Marc Gassert hat sich aus den Zuhörern einen jungen Mann für eine besondere Übung ausgeguckt. Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Nach dem 90-minütigen Vortrag gingen die Zuhörer begeistert und inspiriert nach Hause. Viele nutzten die Gelegenheit, ein Buch von Marc Gassert zu kaufen. Hermann Grimm aus Worblingen wollte unbedingt, dass Gassert es signiert. „Vieles im Vortrag war nachvollziehbar und es wirkt sicher nach“, sagte Grimm, der alle vier Wissensforum-Veranstaltungen gebucht hat. Simona Winter aus Engen war ebenfalls begeistert, dass sie Gassert live erleben konnte. „Es war so interessant, wie Energien fließen und wie sie kanalisiert werden können.“

Der Referent, sein Buch und die nächsten Vorträge des SÜDKURIER-Wissensforums

  • Zur Person: Marc Gassert (43) stammt aus Bayern. Weil sein Vater, der bei Interpol arbeitete, beruflich oft umziehen musste, lebte er von Kindheit an in verschiedenen Kulturen wie Südamerika, Italien, Amerika und Asien. Er erlernte bei namhaften Großmeistern die asiatische Kampfkunst und besitzt Meistergrade (schwarze Gürtel) in Karate, Taekwondo und Shaolin Kung Fu. Nach dem Studium der Kommunikationswissenschaft und interkulturelle Kommunikation in München folgte in Japan noch ein Studium der Japanologie. Er spricht neben Deutsch fließend Japanisch, Italienisch, Französisch, Spanisch und Englisch.
  • Das Buch: In seinem aktuellen Buch „Alles ist schwer – bevor es leicht wird“, erschienen im Ariston Verlag, geht es darum, mit dem Wissen der Shaolin mehr Disziplin und Willenskraft zu erreichen.
  • Weitere Vorträge beim SÜDKURIER-Wissensforum: Der nächste Vortrag ist am Mittwoch, 9. Oktober um 19.30 Uhr: „Hudson River“ – Die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen“ mit Peter Brandl, Berufspilot, Unternehmer und Autor. Er geht der Frage nach, warum so viele Menschen nicht das Leben leben, das sie möchten. Am Mittwoch, 27. November spricht Norman Alexander über das Thema „Mind Hacking – Die Fähigkeit, Gedanken zu entschlüsseln“.
  • Veranstalter und Karten: Der SÜDKURIER veranstaltet die Reihe mit der Veranstaltungsagentur „Sprecherhaus“ in der Singener Stadthalle.

Infos und Karten unter
http://www.sprecherhaus-shop.de

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