Was tun in den Sommerferien, wenn man plötzlich für sechs Wochen nicht mehr die Schulbank drücken muss? Diese Frage stellte sich auch für die jugendlichen Asylbewerber, die in den Unterkünften in Singen untergebracht sind. Für Petra Martin-Schweizer, Leiterin der Gemeinschaftsunterkunft in der Radolfzeller Straße, war klar: eine Beschäftigung muss her. Aus der Idee wurde schnell ein Plan. Arbeiterwohlfahrt und Caritas organisierten die Veranstaltung, die Stadt stellte den Platz zur Verfügung, die Bürgerstiftung trägt die Kosten von etwa 2000 Euro, auch der Helferkreis Asyl beteiligt sich mit rund 600 Euro. Und so haben sich rund 30 Flüchtlinge die letzten zwei Wochen vormittags für vier Stunden getroffen, um auf dem Hohentwiel-Kunstrasen Sport zu treiben.

"Die Sorge war, dass die Jugendlichen keine Beschäftigung hätten und nur unter sich wären. Hier sind sie immer wieder mit der deutschen Sprache konfrontiert", erklärt Wolfgang Heintschel, Geschäftsführer der Caritas. "Die Jugendlichen haben alle Spaß", sagt Claudia Wils-Keiling. Sie arbeitete bis vor kurzem bei der Awo und betreut das Sportcamp zusammen mit einigen Praktikanten. Mit dabei sind zwei Helfer aus dem Perkos-Projekt für arbeitslose junge Erwachsene. "Sie erleben erstmals eine neue Funktion, werden gebraucht und sind Ansprechsperson", ist Wils-Keiling zufrieden.

Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Stadt und Bürgerstiftung haben ein Sportcamp für junge Flüchtlinge organisiert. Und die Ferienbeschäftigung ...
Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Stadt und Bürgerstiftung haben ein Sportcamp für junge Flüchtlinge organisiert. Und die Ferienbeschäftigung kommt gut an. | Bild: Dana Coordes

Und Unterstützung kann sie während der vier Stunden gut gebrauchen. "Es ist eine super Erfahrung, aber auch anstrengend. Vor allem wenn zu viele da sind, die eigentlich nicht angemeldet waren, wird es schwierig", sagt die Camp-Leiterin. Und wie Heranwachsende so sind, benähmen sich manche Jungs teilweise eher wie im Kindergarten.

Den Spaß an der körperlichen Betätigung merkt man dennoch allen Beteiligten an. Ein langer Pass vor das gegnerische Tor, Angreifer und Verteidiger gehen zum Ball und schon kracht es. Ein kurzer Schrei, Humpeln auf dem Kunstrasen, eine Entschuldigung – und schon geht es weiter. "Es ist gut hier. Fußball macht am meisten Spaß. Der Regen macht uns nichts aus", sagt der 16-jährige Sharham aus Afghanistan.

Und die Jugendlichen aus Syrien, Afghanistan, Irak und Georgien lernen dazu. "Die Jugendlichen haben deutsche Regeln und Pünktlichkeit mitgenommen. Wer um 9.30 Uhr nicht da ist, den schicken wir heim", erklärt Claudia Wils-Keiling, die das Training leitet. Darauf würden zwar mal Beleidigungen folgen, doch am nächsten Tag auch Entschuldigungen: "Und dann kommen sie pünktlich." Lerneffekte setzen sogar auf beiden Seiten ein. Die Trainingsleiterin erzählt: "Wir können jetzt auch ein Kopftuch binden. Die Mädchen rennen drei oder vier Stunden und es verrutscht nicht. Sie fanden toll, dass wir wissen wollten, wie das funktioniert."

Sharham, 16, aus Afghanistan

Sharham, 16, aus Afghanistan

Eine Sorge war bei den Verantwortlichen vor Beginn das Zusammenspiel von Mädchen und Jungen. Eine Sorge, die unbegründet blieb. "Das ist gar kein Problem. Die Mädchen sind in der Gruppe richtig aufgetaut und werden unheimlich wertgeschätzt", sagt Wils-Keiling. Und auch Wolfgang Heintschel ist zufrieden: "Vor allem für die Mädchen aus der Gemeinschaftsunterkunft ist das eine tolle Chance. Sie kommen sonst weniger raus, helfen mehr im Haushalt mit." Die schönste Szene sei für die Betreuer gewesen, als alle Jungs geklatscht hatten und den Namen einer Teilnehmerin gerufen hatten, als sie vom Feld getragen wurde, nachdem sie von einem Ball getroffen wurde und umgefallen sei.

"Die Zusammenarbeit in der Stadt funktioniert", zieht Awo-Geschäftsführer Reinhard Zedler ein zufriedenes Fazit aus dem Sportcamp, das noch bis diesen Freitag geht. Und auch die Zukunftspläne stehen bereits. "Unsere Hoffnung ist, dass wir durch die verschiedenen Veranstaltungen einen Kern an jungen Leuten bekommen, die in der Gruppenarbeit aufgehen und auch andere mitreißen", sagt er. Nächstes Jahr sollen dann auch nicht mehr nur Flüchtlinge an den Sportwochen teilnehmen. Für ein gemeinsames Programm habe in diesem Jahr noch die Zeit gefehlt.

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