Freitags wird demonstriert. "Zwischen Umwelt und Wirtschaft gehört kein oder" sowie "Für unsere Zukunft" steht dann zum Beispiel auf den Plakaten, die Schüler in ganz Europa, Deutschland und auch in der Region in den Himmel recken. Damit wollen sie sich für eine bessere Klimapolitik einsetzen. Vorbild ist die 16 Jahre alte schwedische Aktivistin Greta Thunberg.
Anfang des Monats begannen die Proteste auch in Konstanz, nun wollen Schüler im Zweiwochen-Rhythmus durch die Stadt ziehen – am Freitag, 22. Februar, soll es wieder soweit sein. Dann sind unter den Schülern vermutlich auch einige aus Singen. Mehrere haben sich in den vergangenen Wochen bereits beteiligt, auch wenn es in Singen bisher keine eigene Aktion gibt.
Aktion in Singen ist auch denkbar
"Es ist Thema und wir hatten einige Schüler, die nach Konstanz gefahren sind", bestätigt Kerstin Schuldt als Schulleiterin des Hegau-Gymnasiums. Dies sei ihres Wissens nach der Schulzeit geschehen, also ohne Unterrichtsausfall. "Es gibt in der Schülerschaft durchaus ein Bewusstsein für das Thema", sagt sie. Umwelt- und Klimapolitik würden regelmäßig im Unterricht behandelt und Schüler würden sich beispielsweise in einer Fairtrade-AG einbringen. Dass ganze Klassen geschlossen nach Konstanz fahren wollen, sei aber bislang nicht der Fall.

Ähnlich ist es an der Robert-Gerwig-Schule, wie Schulleiterin Karin Schoch-Kugler erklärt: Einzelne Schüler aus den Klassen des Wirtschaftsgymnasiums hätten um Erlaubnis gebeten, an den Protesten teilzunehmen, und diese dann erhalten. "Ich finde es sehr wichtig, dass sich unsere Schülerinnen und Schüler mit diesem Thema auseinandersetzen und für eine bessere Zukunft demonstrieren", sagt Schoch-Kugler. Wenn in Singen eine Demonstration für eine bessere Klimapolitik stattfinden würde, sei die Resonanz sicher größer. Ihre persönliche Einschätzung lautet: "Momentan behandeln wir unserer Erde, als hätten wir noch eine zweite."
Generell den Unterricht ausfallen zu lassen, ist laut Sabine Beck nicht möglich. Die Leiterin des Friedrich-Wöhler-Gymnasiums in Singen würde es nach eigenen Angaben grundsätzlich unterstützen, wenn Schüler sich politisch einbringen wollen – dann könne man sicher Lösungen finden, die auch das Schulrecht berücksichtigen. Beck kann sich beispielsweise vorstellen, dass Unterricht dann nachgeholt würde. Doch Ambitionen zum Protest habe sie bei ihren Schülern bisher nicht bemerkt. Ähnlich ist es an der Zeppelin-Realschule, wie Johannes Briechle als kommissarischer Schulleiter feststellt: Schüler würden sich kritisch mit dem Thema Umwelt und Umweltschutz auseinandersetzen und im Unterricht die Ereignisse aufgreifen, doch selbst beteiligen würden sie sich bisher nicht.
"Da können unsere Jugendlichen mehr."
Ein wenig anders ist die Situation an der Hohentwiel-Gewerbeschule, wie Schulleiter Stefan Fehrenbach erklärt: Für Lehrlinge gehe es um bezahlte Arbeitszeit und auch Teilnehmer der Erwachsenenbildung zahlen einen Beitrag, sodass er nicht einfach den Unterricht an einem Freitag freigeben könne.

Vereinzelt hätten Schüler angefragt, ganze Klassen für eine Demonstration in Konstanz freizustellen. "Das können wir natürlich nicht machen", sagt der Schulleiter. Nicht, weil er die Idee nicht unterstützt, wie er erklärt, sondern weil einige die gewonnene Freizeit vermutlich für andere Dinge nutzen würden. Dabei fehlt ihm eine Anweisung vom Regierungspräsidium, wie Schulen mit dem Thema umgehen sollen. "Es ist für uns echt schwierig", denn grundsätzlich halte er den Protest für eine gute Aktion. Aber Fehrenbach ist überzeugt: "Nur hinstellen und mitlaufen? Da können unsere Jugendlichen mehr."
Unterrichtsausfall
Vergangene Woche haben rund 800 Schüler in Konstanz demonstriert – erstmals um 11.30 Uhr und damit während der Unterrichtszeit. Der damit verbundene Stundenausfall ist für Elternvertreter ein wichtiger Aspekt der Debatte: "Klimapolitik gehört selbstverständlich unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit in den Lehrplan", sagt Beatrix Gabele, die bis November zehn Jahre lang Vorsitzende des Gesamtelternbeirats war. Doch der Beirat beschäftige sich seit Jahren mit Unterrichtsausfall und einem sinkenden Bildungsniveau. "Somit ist es schon kritisch zu sehen, wenn nun Schüler jeden Freitag Schule ausfallen lassen, um zu demonstrieren." Gabele schlägt vor, Umweltschutz-Projekte zu starten und die Demonstrationen auf Samstag zu verlegen. Wenn dann Schüler, Erwachsene, Umweltorganisationen und Politiker gemeinsam demonstrieren würden, könne das die Gemeinschaft und das Bewusstsein stärken.