Die Ortsgeschichte von Bohlingen kann durch erneute Grabungsfunde immer deutlicher nachvollzogen werden. Bei der archäologischen Untersuchung der Bauplätze des neuen Baugebiets Hinter Hof 3 am östlichen Ortsrand Richtung Moos wurden in den vergangenen Tagen wertvolle Relikte aus der Frühbronzezeit entdeckt. Am Südrand der Grabungsflächen wurden mehrere Grundrisse von Gräbern mit spärlichen Resten von Skeletten gefunden. Aufschlüsse über das Zeitalter geben die gefundenen Beigaben, dazu gehören eine Dolchklinge, ein Halsring, sowie ein massiver Spiralring aus Kupfer und Bronze.
"Die Funde sind typisch für den älteren Abschnitt der frühen Bronzezeit 2200 bis 1900 vor Christus, hinzu kommt ein großes, im Boden deponiertes Vorratsgefäß, dessen genaue Funktion noch unklar ist", erklärte Kreisarchäologe Jürgen Hald vom Landratsamt Konstanz bei einer Führung an den Grabungsfeldern in Bohlingen. Mehr als 80 interessierte Besucher waren gekommen, darunter Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler und Landrat Frank Hämmerle. Sie alle wollten die seltenen Funde persönlich in Augenschein nehmen, bevor diese aus dem Erdreich geborgen werden.

Erstaunt zeigte sich Kreisarchäologe Jürgen Hald, der sich in seiner Amtszeit nicht an derart seltene Fundstücke erinnern konnte. "Seit den 1980-er Jahren sind das die ersten neuen Funde aus der Frühbronzezeit in der Region", erklärte Hald den aufmerksamen Besuchern, diese konnten den Archäologen bei der Ausgrabung des Erdreichs zuschauen. So war ein Mitarbeiter mit der Freilegung eines Skelettes von einem Rind beschäftigt, daneben legten weitere Archäologen mit kleinen Spachteln menschliche Zähne aus dem Erdreich frei, die vermutlich zu den gefundenen Skeletten der vor 4000 Jahren bestatteten Verstorbenen gehören. Wilderich Graf von Bodman, selbst ein glühender Förderer der Archäologie im Land Baden-Württemberg, staunte über die entdeckten Fundstücke: „Das ist eine wirklich spannende Geschichte, die hier in Bohlingen entdeckt worden ist.“

Kamm und Handglocke im Erdreich
Mitarbeiter der Grabungsfirma ArchaeoTask aus Welschingen unternehmen die archäologischen Untersuchungen der betroffenen Baufenster, fachlich begleitet durch die Kreisarchäologie Konstanz und dem Landesamt für Denkmalpflege. Bereits im Vorjahr konnten bei der Untersuchung der Erschließungstraßen Siedlungsreste einer frühalemannischen Siedlung aus dem 4. und 5. Jahrhundert nach Christus nachgewiesen werden.

Zu den schönsten Funden zählen ein Kamm aus Tierknochen sowie eine eiserne Handglocke. Große Vorrats- und Abfallgruben im Erdreich gaben wiederum den Nachweis einer frühkeltischen Siedlung, die hier etwa um das sechste bis vierte Jahrhundert vor Christus bestand. Noch ältere Siedlungsbefunde (Brandgruben) gehören zu einer Siedlung der späten Bronzezeit um 1000 vor Christus. Der Kreisarchäologe ist überzeugt: „Diese Funde sind für die regionale Siedlungsgeschichte von wissenschaftlichem Interesse und eine wertvolle Bereicherung für die spannende Ortsgeschichte von Bohlingen“, sagte Jürgen Hald den Besuchern.