Einigeln, das kommt für den Leiter von Kultur Tourismus Singen (KTS), Roland Frank, nicht in Frage. „Wir wollen uns unsere Festkultur nicht vermiesen lassen“, sagt er und bezieht sich mit dieser Aussage auf die erhöhten Sicherheitsanforderungen bei Großveranstaltungen in der Region. Das Hohentwielfestival mit Burgfest vom 15. bis 20. Juli ist so eine Veranstaltung. Doch zuvor gibt es noch das Singener Stadtfest und die Mountainbike-Weltmeisterschaft am Wochenende um den 25. Juni.

Für solche Ereignisse gibt es in Singen nicht erst seit den terroristisch motivierten Anschlägen in den Großstädten der Welt engmaschige Sicherheitskonzepte; seit der Massenpanik bei der Duisburger Loveparade 2010 hat man sich intensiv mit den Fluchtwegen auf dem Hohentwiel auseinandergesetzt. 2012 hat die Stadt eine 120 000 Euro teure Fluchttreppe angeschafft, die von der Karlsbastion abwärts führt. Damit werden die beiden Nadelöhr-Tunnel am Burgtor im Ernstfall entlastet.

Mit viel Sicherheitspersonal und der Unterstützung von Polizei und Rettungskräften behalten die Konzert- und Burgfestveranstalter die Lage unter Kontrolle. „Rund 100 000 Euro kostet uns das dafür nötige Personal pro Festival“, sagt Roland Frank. „Aber die Auflagen werden auch immer strenger. Jedes Jahr müssen wir unser Sicherheitskonzept wieder neu justieren. Damit ist man nie fertig.“ Rucksackkontrollen gehören beim Einlass zu den Open-Air-Konzerten längst zum Standard. Das Hohentwielfest sei in Sachen Sicherheit immer eine besondere Herausforderung für die Veranstalter, alleine wegen der Absturzgefahr oder wegen möglicher Wetterkapriolen.

Trotzdem gibt es für Roland Frank und seine Leute keine Frage: „Dieses Festival ist alle Mühen wert. Es ist eines der schönsten im Lande. Ein Höchstmaß an Sicherheit ist gewährleistet. Eine terroristische Gefährdungslage wird bei uns nicht gesehen.“

Damit das so bleibt, beginnen die großen Sicherheitskonferenzen mit den Rettungskräften, der Polizei und den privaten Sicherheitsdiensten bereits im Frühjahr. Ein großer Vorteil bei der Planung ist die langjährige Routine. Das reicht vom Einsatz eines batteriegepufferten Kommunikationssystems bis hin zur Einrichtung des Hubschrauberlandeplatzes auf der Schafsweide.

Wenn am 25. Juni die Welt auf die Mountainbike-Weltmeisterschaft in Singen und im Hegau schaut, soll die höchste Sicherheitsstufe greifen. Zeitgleich findet das Stadtfest von Freitag bis Sonntag statt. „Wir beschäftigen uns mit dem schlimmsten Fall und haben Konzepte mit der Polizei ausgearbeitet“, sagt der Leiter des Singener Sportamtes, Bernd Walz. Über die Details dieser Planung will er aber genauso wenig sagen wie der Sprecher Markus Sauter von der zuständigen Polizeidirektion Friedrichshafen in Konstanz. „Es werden jedenfalls mehr Kräfte im Einsatz sein als sonst“, sagt Markus Sauter. Die Einsatzzentrale werde sich im Singener Polizeirevier befinden. „Wir rechnen mit 1200 bis 1500 Fahrern“, sagt Bernd Walz. Es werde die wichtigste sportliche Veranstaltung in Singen sein. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir noch keine WM in Singen hatten.“ Bis zu 200 Helfer von Vereinen, Feuerwehr und Rotem Kreuz stehen schon bereit.

Wie viele Fahrer und Zuschauer es am Ende sein werden, vermag Bernd Walz noch nicht zu sagen. Prognosen seien schwierig, weil viele Akteure sich kurzfristig zu den Wettkämpfen anmeldeten. Singen hat Erfahrung mit großen Sportveranstaltungen und ist überregional bekannt für gute Organisation. Dabei hat das Thema Sicherheit immer eine große Rolle gespielt. Ging es bisher eher um Ticketkontrollen und Jugendschutz, so sind die Menschen in Zeiten terroristischer Anschläge noch stärker sensibilisiert. Hierfür bestehe im Hegau kein Anlass, bekräftigen allen Seiten.
 

Sicherheit bei Sichelhenke und Co.

In der zweiten Jahreshälfte folgt im Hegau und in Schaffhausen ein großes Volksfest oder Festival dem anderen. Anfang August locken die "Stars in Town" nach Schaffhausen; Ende August die Sichelhenke. Ende Oktober schließt die Serie der Großveranstaltungen mit dem Tengener Schätzelemarkt ab. Bei allen Festen werden große Besucherzahlen erwartet. Grund genug, sich über deren Sicherheit Gedanken zu machen.
 

  • Stars in Town: Adrian Brugger von der Schweizer Veranstaltungsfirma Flowproductions nimmt das Thema Sicherheit nach eigenen Angaben angesichts der weltweiten Anschläge grundsätzlich sehr ernst. Über die Höhe des Polizeiaufgebotes werde aber nach Verhältnismäßigkeit entschieden. "Wir schätzen die Schweiz als sehr sicher ein, weil sie in keinen Nah-Ost-Konflikt involviert ist", sagt er. "Es gibt seit Jahren ein Konzept. Wir werden mit den Blaulichtorganisationen prüfen, ob wir die Kontrollen erhöhen müssen." Bisher werden Gepäckstücke kontrolliert. Man behalte sich aber vor, größere Gepäckstücke bei dem Besuch der Open-Air-Konzerte in Schaffhausen auszuschließen. "Wir müssen gegen die Angst ansteuern. Wir können unser Leben nicht durch Wahnsinnige zerstören lassen", sagt Brugger.
  • Bohlinger Sichelhenke: Ortsvorsteher Stefan Dunaiski organisiert mit dem Sportverein das diesjährige Erntedankfest. "Seit Jahren engagieren wir private Sicherheitsleute", sagt er. Das habe sich bewährt. "Ich hoffe inständig, dass nichts passiert." Bisher hätten sich die Anschläge in großen Städten ereignet. Der Charakter der Veranstaltung passe nicht zu dem Muster.
  • Hilzinger Kirchweih: Bürgermeister Rupert Metzler hält es für falsch, Feste zu vermeiden. Auch wenn es keine Anzeichen für eine Bedrohung durch islamistischen Terror für die Kirchweih gebe, so könne man sich nicht gänzlich vor "Schwachköpfen" schützen. Gewaltbereite Jugendliche seien das größere Problem. Man sei vorbereitet und in engem Kontakt mit der Polizei. "Die gefühlte Lage entspricht nicht der Realität", sagt Metzler. "Eine Absage des Festes wird's mit mir nicht geben."
  • Tengener Schätzelemarkt: Bürgermeister Marjan Schreier berichtet von einer engen Abstimmung mit der Landespolizei in Sachen Sicherheit des Schätzelemarktes. "Terror spielte dabei bisher nie eine Rolle, und es gibt auch jetzt keine Hinweise, dass Anschläge bei solchen Veranstaltungen im Hegau geplant sind." (gtr)
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