Steffen Mierisch

Wenn die Gäste kommen, muss Maria Hummel schnell sein. Wer sich für Slow-Food in der Mittagspause entscheidet, sollte dennoch pünktlich wieder an seiner Arbeitsstelle erscheinen. Es gibt Gemüselasagne im Tachelan. „Das muss es ungefähr alle vier Wochen geben“, sonst würden die Kunden beginnen, danach zu fragen. Einige der kleinen Formen, bis zum Rand mit Nudelplatten und Soße gefüllt, stehen bereit, es geht weniger hektisch zu als an anderen Tagen. In den Ofen gehen diese aber erst, wenn die Gäste an ihrem Platz sind, warmhalten gilt nicht, darauf besteht Hummel. In Großküchen sei das anders und gerade das Essen für ältere Menschen werde lange warmgehalten.

Missionieren will Maria Hummel nicht

Sie liefert zwar kein Essen aus, aber dieser Missstand komme für sie auf keinen Fall in Frage. „Das ist schlecht für die Vitalstoffe“, schimpft sie. Dabei benötigten gerade diese Menschen hochwertige Nahrung. Wer in eine Marktlücke einsteigt, von der er selbst nicht ganz überzeugt ist, dass sie einen Laden trägt, hat eine Mission. Für Maria Hummel ist das Verhältnis vieler Deutschen zu ihrem Essen ein Problem. Dabei ist es nicht ihre Sache, den Hungrigen in den Teller zu reden. Über verschiedene andere Organisationen sagt sie: „Die sind für mich fast zu missionarisch“. Es gehe ihr lediglich um die Möglichkeit, sich gesund zu ernähren, ein Gegenentwurf zum Fastfooddreieck. „Ich war von dem Angebot nicht begeistert“, erzählt sie. In der Folge beschloss sie, selbst auszuprobieren, ob hier eine Marktlücke existierte.

Eigentlich hätte es Ernährungsberatung sein sollen

Ein Lokal wie das Tachelan war dabei zunächst gar nicht geplant. Gestartet war Hummel mit der Idee, Ernährungsberatung anzubieten. „Die Nachfrage war aber kaum da“, beobachtete Hummel, stattdessen fragten die Kunden nach Möglichkeiten gesunder Ernährung.

Zeit für Beratung bleibt kaum, wohl aber fürs Kochen

Kochtipps und Rezepte gehören auch heute dazu. Sofern es die Zeit zulasse, beantworte sie Fragen der Gäste, Geheimrezepte gehören nicht zum Geschäftsmodell ihrer Mittagstische. Doch wird die Zeit während der Öffnungszeiten immer knapper. Mittlerweile kann sie ihre Plätz an vielen Mittagen zweimal belegen. Hinsichtlich der Nachfrage sei sie sich zu Beginn nicht sicher gewesen: „Ich habe gesagt, es muss sich tragen, sonst soll es das gewesen sein.“

Wie die Familie sich privat ernährt

Sie selbst lebt seit über 20 Jahren vegetarisch, wenig später folgten ihre Töchter und ihr Mann. Das Lokal ist auch Familienbetrieb, die Gestaltung übernehmen ihre Töchter, im Regal stehen gedrechselte Schalen von Maria Hummels Vater. Ihr Mann ist der Beweis, dass mit fast veganer Ernährung erfolgreicher Ausdauersport möglich ist: „Er läuft jetzt Marathon“.

Vegetarische Ernährung aus Überzeugung

So wird bei Familie Hummel auch außerhalb des Restaurants nahezu vegan gegessen, nur hin und wieder ein bisschen Käse und als Gast sei sie auch nicht zu wählerisch. „Da esse ich alles außer Fisch und Fleisch“. Denn das Essen solle nicht zwischen ihr und anderen Menschen stehen. Von vegetarischer und veganer Ernährung ist sie überzeugt: „Diese Ernährung bietet Vorteile in Bezug auf die Gesundheit, ökologisch und ökonomisch.“

Die Zutaten bilden den Kern

Deshalb legt Hummel größten Wert auf die Zutaten. Wenn sie den Inhalt der Boxen in der Vorratskammer erklärt, erläutert sie, warum genau dieses Produkt hier steht. Das Palmöl ist ein Öko-Produkt. Das Soja stammt von einem Landwirt aus der Region, den sie auf einer Messe kennenlernte. Dann dreht sie sich zur Mühle um. „Sie ist das Herz“, sagt sie. Neben dem Essen bietet sie Brot an, mit Vollkornmehl und langer Standzeit, beides gut für die Vitalstoffe.

Auch für die eigene Küche kaufen Kunden gern regional und bio

Die Menschen interessieren sich zunehmend für das, was sie essen, beobachtet auch Konstantin Burgstaller, der einen Biomarkt in Singen leitet. „Billige Lebensmittel sind nicht mehr im Trend.“ Neben der gestiegenen Nachfrage nach biologischen Produkten sei es der Wunsch nach Regionalität, der sich im Kaufverhalten niederschlägt. Das mache es anspruchsvoll, die Kundenwünsche zu erfüllen: „Die einen wollen nur Bio, aber woher ist ihnen egal, die anderen möchten die Produkte nicht verpackt und die dritten sagen, Hauptsache, es ist regional“. In jedem Fall achteten die Menschen genau auf das Etikett.

Die Kunden verlangen vor allem Gesundes

Dorothea Jungermann, die den Service übernimmt, während Maria Hummel im Tachelan kocht, trägt für Timon Schober die Nudelplatten und eine gebackene Birne zur Nachspeise auf, während sich ihm gegenüber Marcel Fahr erst einmal dem Salat widmet. Er ist in Eile. „Ich bin total begeistert“, erklärt er. Seit Anfang des Jahres essen der Softwareentwickler und der Controller hier. Gekommen sind sie auf der Suche nach einem gesunden Angebot. Außerdem ist er einer der Kunden, die berichten, Hummels Essen lasse sie nach der Pause viel besser weiterarbeiten. Vegetarier sind sie nicht, aber sie versichern: „Ich vermisse nichts“. Wer auf medizinische Empfehlung hin auf Fleisch verzichtet, stehe zu Anfang oft ratlos am Herd, berichtet Hummel. Ihnen beweist das Tagesgericht des Tachelan, dass fleischlose Ernährung vielseitig sein kann.