Selbst altgediente Fernsehkommentatoren staunen und fragen sich: Wie kann ein Dorfverein mit ausschließlich ehrenamtlichen Helfern ein Stadion mit fast 24 000 Menschen füllen und die Ausführung eines Pokalspiels des Deutschen Fußballbundes reibungslos bewältigen? Es war nicht irgendeine Partie, sondern der 1. FC Rielasingen-Arlen spielte gegen Borussia Dortmund, eine der schillerndsten Fußballvereine in ganz Europa. Gut an die zehntausend Menschen, die alleine aus dem Hegau kommen, sind sich schnell einig: Die Verantwortlichen des 1. FC Rielasingen haben eine organisatorische und logistische Meisterleistung vollbracht.
Riesenstimmung im Freiburger Schwarzwaldstadion herrscht schon vor dem Spiel, dabei sind noch nicht mal alle Fans auf den Rängen. Der Andrang von mehr als zehntausend Besuchern aus dem Hegau und Umgebung sorgt dafür, dass Busse und Autos im Stau auf der B 31 steckenbleiben. Besonders bitter: Auch die Kinder, die mit den Kickern einlaufen sollten, verpassen ihren großen Auftritt, weil sie in einem Bus verharren müssen. "Da haben wir uns überraschen lassen. Im Nachhinein hätten die Busse früher starten sollen", bedauert Erwin Gräble, zweiter Vorsitzender des 1. FC Rielasingen-Arlen.
Es war zwar im Stadion schnell Ersatz für die Einlauf-Kinder gefunden worden, das wird die verhinderten Jungs und Mädchen aber kaum trösten. "Sie haben sich aber gefreut, dass sämtliche Dortmunder Spieler ihre T-Shirts signierten", erklärt Gräble. Auch die Züge waren ziemlich überlastet. Nichtsdestotrotz lassen sich die Menschen auf den Tribünen, ob Fans von Rielasingen-Arlen oder Dortmund, von einer Gänsehaut-Stimmung anstecken und animieren mit ihren Gesängen immer wieder, dass sich alle Besucher klatschend von den Sitzen erheben. Und am Ende einer bravourösen Leistung werden die Kicker des 1. FC Rielasingen-Arlen nach einer 0:4-Niederlage überschwänglich gefeiert. "Das beeindruckt, wie ein kleiner Verein mit ehrenamtlichen Helfern ein solches Ereignis meistert", erklärt Kult-Fernsehsportreporter Béla Réthy im lockeren Gespräch mit dem SÜDKURIER. Als er nach der Einwohnerzahl von Rielasingen-Worblingen fragte, hörte er bei der Antwort wohl nicht gut zu. Im Aktuellen Sportstudio berichtete Réthy von 19 000 statt 13 000 Einwohnern. Bürgermeister Ralf Baumert, der vor Ort dem 1. FC Rielasingen-Arlen die Daumen drückte, wird's freuen.
"Die Mannschaft hat es uns ausdrücklich gedankt, dass es der Verein möglich gemacht hat, ein für die Spieler unvergessliches Ereignis zu schaffen", erklärt Oliver Ley, der für die Pressearbeit zuständig ist. Er leitet auch die Pressekonferenz mit den Trainern Peter Bosz von Borussia Dortmund und Gastgeber-Coach Jürgen Rittenauer. "Alle Achtung, was der 1. FC Rielasingen-Arlen auf die Beine gestellt hat", sagt Herbert Kratt, Vorsitzender des Fördervereins des FC Singen. "Das war ein phänomenales Erlebnis, auch für mich als langjähriger Spieler des FV Arlen. Dazu gab es noch eine ausgiebige Schwarzwald-Rundfahrt, um beim Rückweg den Stau zu umgehen", betont Thomas Diener süffisant. "Das bleibt unvergesslich", wird Fernseh-Hobbykoch Andreas Specht ganz emotional. Er hatte den Spielball gespendet. Sein Konterfei leuchtete groß auf der Anzeigentafel des Schwarzwaldstadions genauso wie die Gesichter von Spieler und Trainer oder des langjährigen Mannschaftsbetreuers Michele Attenasios.
"All die viele Arbeit, die als ehrenamtliche Funktionär bewältigt werden muss, wird einem durch ein solches im Leben einmaliges Ereignis zurückgegeben", erklärt Werner Spang, der bei der Organisation des DFB-Pokals einen Hauptpart zu bewältigen hatte. "Den großen Erfolg haben wir als tolles Team des gesamten Vereins erreicht", so Spang, der für seine Arbeiten auch eine Woche Urlaub opferte. Seine Frau Elisabeth war ebenfalls eingebunden, wie viele andere Vereinsmitglieder, im Stadion-Geschehen. "Wenn Besucher nach dem Standort von verschiedenen Tribünen-Blocks fragten, mussten manche Ticket-Kontrolleure passen.
Dafür gab es aber die Ordner des SC Freiburg", sagt sie. "Ich bin stolz auf meinen Verein. Das war ein Fußballfest, wie es hätte nicht besser organisiert werden können, obwohl es eigentlich eine Nummer zu groß war", betont Markus Gierke.
Der 1. FC Rielasingen-Arlen entstand 1999. Es gründet sich aus der Fusion des 1906 in Leben gerufenen FV Arlen und des FC Rielasingen, der 1919 seinen sportlichen Betrieb aufnahm. Nachdem der Verein kurzzeitig in tieferen Klassen spielen musste, gehört er nun der Fußball-Verbandsliga Südbaden ein. Ziel ist es, in den nächsten Jahren in die Oberliga aufzusteigen, auch eine Tribüne auf dem Sportplatz Talwiese steht auf der Wunschliste der Vereinsführung ganz oben. Die Einnahmen aus dem DFB-Pokalspiel gegen Borussia Dortmund sollen helfen, die Pläne zu verwirklichen.