Das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Reichenau muss immer mehr psychisch und suchtkranke Straftäter aufnehmen – und reagiert darauf jetzt mit einer Erweiterung. Laut Geschäftsführer Dieter Grupp sollen die Gefangenen in Wohncontainern leben, die mit dem bereits bisher für diesen Bereich genutzten Haus 7 verbunden werden sollen.
Doch das Projekt ist nur eines von zwei Vorhaben, die sich direkt nebeneinander am südlichen Rand des ZfP-Areals befinden. Und noch dazu das kleinere. Denn die Geschäftsleitung will auch ein neues Gerontopsychiatrisches Fachpflegeheim errichten, also ein Heim für psychisch kranke Menschen über 65 Jahre.

Fertig sein soll es möglichst Ende 2024. Die Zeit drängt ein bisschen, denn die bisherige Einrichtung wird vom ZfP mit Sondergenehmigung betrieben. Doch Grupp betont: „Das ist ein gigantisches Projekt. Wir müssen zunächst die Finanzierung sicherstellen.“ Die Kostenschätzung liege derzeit bei mehr als 20 Millionen Euro.
„Wir haben Baupreise, die fliegen“
Dazu komme: „Wir haben im Moment Baupreise, die fliegen“. Eigentlich sollten die Kosten noch gesenkt werden, aber auch das ZfP habe das Problem, dass man bei der Ausschreibung von Bau- und Handwerksarbeiten kaum Angebote bekomme. Das Projekt werde demnächst im Aufsichtsrat vorgestellt. Wenn dieser zustimme und die Baugenehmigung vorliege, dann werde man voraussichtlich im ersten Quartal 2023 die Arbeiten ausschreiben.
In dem neuen Heim soll es auch eine Abteilung für jüngere, chronisch psychisch kranke Menschen geben, fügt Betriebsdirektor Jochen Reutter an. So etwas gibt es im Haus 23 zwar schon. Dort sind laut Grupp aktuell rund 60 Bewohner untergebracht. Dies allerdings in Zweibettzimmern und nicht immer mit eigener Nasszelle. Für das ZfP gelte jedoch wie für alle Pflegeheime die vor einigen Jahren geänderte Verordnung des Landes: Jedem Heimbewohner steht demnach ein Einzelzimmer mit eigenem Bad zu.
ZfP wächst in den Lindenbühl-West hinein
Das Projekt laufe bereits seit 2019, so Grupp und Reutter. Damals sei die Kostenschätzung noch erheblich niedriger gewesen. Zunächst habe man daran gedacht, das bestehende Haus 23 umzubauen und zusätzlich einen Anbau zu errichten, erklärt Reutter. Denn bei einem reinen Umbau hätte man nur noch rund 30 statt 60 Bewohner unterbringen können.
Nachdem klar war, dass ein Neubau sinnvoller ist, sei es um die Standortsuche gegangen. Und als dieser dann südlich des Hauses 23 gefunden wurde, habe man die Planung mit dem inzwischen laufenden städtebaulichen Entwurf für das Neubaugebiet Lindenbühl-West abstimmen müssen, das die Gemeinde Reichenau südlich des ZfP plant.
Die Planung an der Schnittstelle zum Neubaugebiet sei schön gedacht, sagt der ZfP-Geschäftsführer. „Wir sind dann in die Gemeinde rein gewachsen. Das spricht für die Tradition, dass wir extrem gut akzeptiert und integriert sind.“ Und auch der Neubau selbst sei eine schöne Planung, findet Grupp.

Das rund 100 Meter lange Gebäude soll in der Mitte durch einen U-förmigen, circa zehn Meter breiten Grüneinschnitt unterbrochen werden. Zudem seien zwei schöne Innenhöfe geplant. Und es werde natürlich auch ein ökologisch werthaltiger Neubau sein. „Das wird eine tolle Unterbringung für die Bewohner.“ Die geänderte Verordnung habe schon vielerorts im Land zu erheblichen Verbesserungen geführt.
Bis zu 64 Menschen sollen in dem zweigeschossigen Neubau wohnen können. Teils seien dies älter gewordene psychisch Kranke, die früher schon Patienten im ZfP waren, erklärt Grupp. Aber auch Demenzkranke, die auffällig geworden sind, können hier betreut werden. Somit entlaste das ZfP auch die Pflegeheimszene im Landkreis.
20 Container ergeben 27 Meter
Deutlich schneller geht es mit dem Forensik-Projekt: Laut Betriebsdirektor Reutter sollen die neuen Container bis Ende März stehen. Das ZfP kaufe dafür 20 Container, die als rund 27 Meter langer provisorischer Anbau an das bestehende Haus 7 aufgestellt werden. Dafür müssen dort einige Bäume entfernt werden. Zehn bis zwölf Patienten sollen in der Container-Anlage unterkommen.
Weil es sich um kranke Menschen handelt, die straffällig wurden, vom Gericht aber als schuldunfähig eingestuft worden sind, werde die Anlage vollständig umzäunt und mit Flutlicht und Kamera überwacht. Die Kostenschätzung für das Vorhaben liege inklusive Nebenkosten bei rund einer Million Euro, so Reutter.

Laut Grupp hat die Zahl der Straftäter-Patienten enorm zugenommen – insbesondere bei Suchtkranken. Allein im ZfP sei sie seit 2017 von 80 auf 120 gestiegen. Das sei auch deshalb ein starker Anstieg, weil diese Patienten meist mehrere Jahre in der Psychiatrie bleiben müssen. „Das Problem haben wir im ganzen Land“, so Grupp.