Mehr Abraum, mehr Masse, mehr Planung, mehr Kosten: So hatten sich die Reichenauer den Neubau des Strandbades nicht vorgestellt. Das durch das Jahrhunderthochwasser von 1999 geschädigte Gebäude soll erneuert werden. Um Schäden bei einem ähnlichen Wasserstand zu vermeiden, wollte Bettina Grathwohl, Stellvertretende Leiterin des Ortsbauamtes, den Fußboden um 60 Zentimeter höher legen. Dieser Idee versagte nun das Landratsamt die Zustimmung, wie Grathwohl dem Gemeinderat berichtete. Da das Gelände in einem Landschaftsschutzgebiet liege, sei ein Neubau nur mit den bisherigen Außenmaßen möglich – oder gar nicht, so laute der Bescheid. Berechnungen eines Statikers hätten ergeben, dass unter diesen Bedingungen bei Hochwasser mit einem Auftrieb des Gebäudes zu rechnen sei.

Um das Aufschwimmen zu vermeiden, müssen Bodenplatte, Wände und Decke schwerer werden. Dadurch steigen die Kosten für Material und auch für den Abraum, da das Loch im Boden deutlich größer werden muss. Der Rohbau koste nun etwas mehr als 397 000 Euro, so Grathwohl. Wären die Änderungen nicht nötig, hätte die Kostenschätzung von rund 347 000 Euro ziemlich genau eingehalten werden können. So muss die Gemeinde 50 000 Euro zusätzlich investieren. Das ist aber nicht alles. Für die Erdarbeiten verlangt der Bieter mit dem günstigsten Angebot knapp 65 000 Euro. Geschätzt hatte man ursprünglich etwa 31 000 Euro.

"Das ist absolut der Wahnsinn", schimpfte Ralf Blum (CDU). "Man kann Kosten mit Gewalt erzeugen", zürnte er. "Das Landratsamt soll zahlen, wenn die so etwas fordern", verlangte er. "Wir müssen Kante zeigen gegenüber dem Landratsamt", sagte Ines Happle-Lung (Freie Liste Natur) aufgebracht. "Das kann nicht sein", wetterte auch Stefan Schmidt (Freie Wähler). "Können die nicht in der Planungszeit kommen, und sagen was sie wollen?", fragte er rhetorisch. Bürgermeister Wolfgang Zoll signalisierte Zustimmung, bat aber auch um Verständnis für die Landratsamt-Mitarbeiter, da mehrere Behörden am Verfahren beteiligt seien. "Ich kann eine Wette abschließen, dass jedes Gewerk teurer wird", wagte Happle-Lung eine Vorhersage. Bettina Grathwohl widersprach: "Alle anderen Gewerke sind davon unabhängig." Schließlich stimmten die Gemeinderäte bei einer Gegenstimme den Ausgaben zu.

 

Was der Architekt auf dem Areal vorhat

  • Altes Gebäude: Das bisherige Hauptgebäude mit Küche und kleinem Gastraum sowie der vorgebaute, größere Gastraum werden abgerissen. Entfernt werden auch der Übergang zum historischen Kabinentrakt im Norden und ein kleiner Anbau, der früher als Büro diente. Drei Bäume müssen dem Sanitärgebäude weichen. Ersatzpflanzungen sind vorgesehen. Das Sanitärgebäude kann laut Architekt Michael Wössner unterkellert werden, weil es auf einer Grundmoräne liege. Eine Moräne ist eine von einem Gletscher bewegte und abgelagerte Masse von Gestein oder Geröll. Diese ergeben einen tragfähigen Baugrund, erläuterte Wössner.
    Am Standort des Restaurantgebäudes sei dies bereits nicht mehr der Fall. Der Baugrund dort sei mangelhaft. Dort wären aufwendige Maßnahmen erforderlich. Die Gebäude haben Flachdächer, die begrünt werden. Dem Restaurant ist seeseitig eine Terrasse vorgelagert. Im Sanitärgebäude gibt es eine behindertengerechte Dusche.
  • Neubaupläne: Ersetzt werde das Restaurantgebäude mitsamt seinem Vorbau, sagt Architekt Michael Wössner. Zusätzlich entstehe nordöstlich davon neu ein Sanitärgebäude. Die Bodenplatten sollen wasserdicht sein – und so schwer und dick, dass ihnen ein Hochwasser wie das von 1999 nichts anhaben kann. Um ein Hochwasser unbeschadet überstehen zu können, das sogar 20 Zentimeter höher steigt, werden die Bodenplatten um zehn Zentimeter angehoben und ein Sockel mit ebenfalls zehn Zentimeter Höhe aufgesetzt. Die nutzbare Innenhöhe bleibe nahezu unverändert, erklärte Wössner. Dies würde durch konstruktive Änderungen erreicht, ergänzte er. Das Sanitärgebäude erhält eine Stahlbetondecke und einen Keller, in dem die Heizung untergebracht wird. Im Erdgeschoss sind Toiletten für den Badebetrieb und das Restaurant sowie Duschen vorgesehen. Der Gastraum bekommt eine offene Holzbalkenkonstruktion. Jedes Gebäude steht für sich. Da die Dächer aneinanderstoßen, können Besucher auch bei Regen trockenen Fußes hin- und herlaufen. (nea)