Die ersten Besucher strömten am Sonntagmorgen auf das Festgelände, während die freiwilligen Helfer in und hinter den Festständen noch die letzten Vorbereitungen trafen. Anna Keller, noch etwas müde vom Vorabend des Reichenauer Wein- und Fischerfestes, und Jaqueline Welschinger schnitten gerade Käsewürfel und Tomaten im Dienst der Bürgermusik.
"Es ist das erste Mal, dass wir nicht im Stand die Vorbereitungen treffen. Drinnen ist es einfach zu heiß", berichtete Jaqueline Welschinger. Trotzdem machte ihnen die Arbeit Spaß. Wir sind eine wirklich nette Gruppe, und wir tun es gerne, weil der Verein das Geld braucht, beispielsweise für die Jugendarbeit, Uniformen, T-Shirts", berichtete sie.

Froh ist sie über ihr Luxusleben bei der Bürgermusik, denn: "Wir haben genügend Leute, so dass jeder nur eine Schicht hat. Andere Vereine haben es schwerer, da muss manch Vereinsmitglied mehrere Schichten schaffen."
Wichtige Einnahmequelle und Zusammenhalt
"Es ist keine Arbeit", darauf legte Simone Baumer vom Trachtenverein Reichenau großen Wert. "Wir haben Spaß daran, mitzuhelfen. Es ist Tradition, und wir pflegen die Geselligkeit", sagte sie. Das Fest habe eigentlich nur Vorzüge: Zum einen sei es für die Vereine eine wichtige Einnahmequelle, um ihre Arbeit zu finanzieren, zum anderen diene es dem guten Miteinander unter den Vereinsmitgliedern.

Das kann Bürgermeister Wolfgang Zoll rundheraus bestätigen. Jedes Jahr hilft er an einem Abend an einem der Stände mit und stellt dabei fest: "Alle Helfer sind aufeinander eingespielt. Das Fest trägt zum Zusammenhalt bei, auch im Umfeld." Viele ehemalige Mitglieder, aber auch Freunde von Vereinsmitgliedern kämen extra angereist, um den jeweiligen Verein zu unterstützen.
Dabei handle es sich mitnichten um Einzelfälle. Was Wolfgang Zoll besonders beeindruckt: "Erst hatten wir das Jugendfeuerwehrzeltlager, wo 170 Leute geholfen haben. Kaum wurde dort abgebaut, wurde hier am Yachthafen das Weinfest aufgebaut. Dieses Engagement für die Gemeinschaft finde ich großartig. Es könnte nicht besser laufen."

Tradition hat auch Raum für Neues
Bei aller Tradition und dem "Bewahren des Bewährten", wie Hauptorganisator Karl Wehrle jüngst formulierte, gibt es tatsächlich auch spontane Neuerungen. Zu Eröffnung des dreitägigen Festreigens spielten die Fanfarenzüge Grundel Reichenau und Pfaffenmooser Waldsiedlung gemeinsam auf. Zwei altgediente Fanfarenzügler – namentlich der insulanische Musiker Christoph Blum und der Festländer Marc Schmidt-Ströbele – kamen vor Jahren in äußerst geselliger Runde auf diese außergewöhnliche Idee.
Der Grund: "Wir hatten festgestellt, dass wir nur ein einziges Mal zusammen mit unserer Götti-Zunft aufgetreten sind, und zwar 1987, als wir Pfaffenmooser in die Narrenvereinigung Hegau-Bodensee aufgenommen wurden", so Schmidt-Ströbele. Was ihn freut: "Alle waren mit Begeisterung sofort mit von der Partie."

Das Besondere am Reichenauer Wein- und Fischerfest sei, dass ausschließlich Vereine für die Veranstaltung verantwortlich zeichnen, sagen fast durchgängig alle Besucher. Diese zu unterstützen und gleichzeitig ein auf die Insel zugeschnittenes Programm an Musik, Speisen und Getränken zu nutzen, das hatten sich viele auf die Fahne geschrieben.
Das Fazit für 2018
Insgesamt kann Hauptorganisator Karl Wehrle auf einen guten Festverlauf zurückblicken. Das Publikum am Freitagabend bezeichnete er als "sehr angenehm". Am Samstag sei wie üblich viel los gewesen, während der Sonntag eher der Reichenauer-Tag sei.

Trotz der Hitze konnte er nicht über mangelnde Besucherzahlen klagen. Als nachteilig empfand er vielmehr, dass die Besucher nicht nach Hause gehen wollten, sondern sich noch bis in die frühen Morgenstunden in der Peripherie aufhielten. Er sei immer auf ein gutes Miteinander mit den Anwohnern bedacht, aber diesbezüglich stellte er offen fest: "Das bekommt man nicht in den Griff."

Der Reichenauer Wein
Trotz der Hitze sei den Reichenauer Weinen sehr gut zugesprochen worden, berichtete Kellermeister Thomas Sättele. "Wir haben uns extra einen Kühlcontainer gekauft und haben die Weine auf sechs Grad Celsius heruntergekühlt und kalt an die Stände geliefert", erzählte er. "Es ist nicht das Rekordjahr, aber auf jeden Fall eine der besseren Weinfeste", so Sättele. Rosé, Weißherbst und Grauburgunder seien am besten verkauft worden.

Trotz Hitze und fehlender Niederschläge prognostiziert der Kellermeister für die Insel Reichenau einen guten Jahrgang 2018. "Wir haben großes Glück, dass wir Wasser bringen können. Aus Qualitätsgründen haben wir erst in den letzten zwei bis drei Wochen mit der Bewässerung begonnen", sagte Thomas Sättele und sagt mit Blick auf seine Kollegen: "Andere müssen kämpfen. Ich wünsche den Kollegen, dass es bald regnet." Generell seien für die Qualität der Weine die kommenden vier Wochen entscheidend. Seine Prognose: "Die Lese beginnt voraussichtlich Anfang September, drei Wochen früher als sonst."