Abgesagte Ausstellungen und damit fehlende Verkaufsgelegenheiten, ausgefallene Kunstpreisverleihungen – die Corona-Zeit hat Künstler schwer gebeutelt. Auch die Malerin und Grafikerin Heidi Reubelt. Sie ist in Radolfzell geboren und groß geworden, mittlerweile hat sie auf der Höri ein Atelier und betreibt eine Malschule. Geplante Veranstaltungen mussten in den vergangenen zwei Jahren abgesagt werden, erst jetzt stellt sich wieder Normalität ein.
Endlich wieder Arbeit in der Öffentlichkeit
Zum Gespräch mit dem SÜDKURIER, das in der zum Atelier großzügig umgebauten Scheune ihres alten Bauernhauses stattfindet, erscheint die 61-Jährige leicht erschöpft, aber zufrieden: „Gestern hatte ich einen Tag der offenen Tür, der sehr gut besucht war. Ich bin so froh, endlich wieder an die Öffentlichkeit gehen zu können.“
Das hat sie zwei Jahre lang vermisst, auch die Präsentation ihrer Arbeiten war durch die Pandemie geblockt: „Schon für 2020 war eine Einzelausstellung meiner Arbeiten in der Allensbacher Gnadenkirche geplant und musste auch 2021 gestrichen werden. Nun soll sie im Herbst dieses Jahres endlich realisiert werden.“ Dabei weiß sie aus Erfahrung, dass Ausstellungen nicht gerade gute finanzielle Einnahmen garantieren. „Von einigen wenigen Verkäufen könnte ich nicht leben“, gesteht sie.
Schockstarre im März 2020
„Als ich im März 2020 von heute auf morgen meine Malschule schließen musste, geriet ich erst einmal in Schockstarre.“ Denn Gebühren mussten zurückgezahlt oder verrechnet, die Buchhaltung musste bewältigt werden. Über den Messenger-Dienst Whatsapp gelang es ihr, einige Malschüler bei der Stange zu halten, Bilder hin- und herzuschicken mit Korrekturvorschlägen. Doch viele sind aus ihren Kursen ausgestiegen. Im Sommer dann konnte Heidi Reubelt wieder einige Workshops anbieten und das Kinder-Ferienprogramm der Gemeinde mit gestalten.
Die Corona-Soforthilfe hat Heidi Reubelt nicht beantragt, weil der Aufwand zu groß war und Beratungskosten anfielen. Noch gravierender als der finanzielle Verlust aber war für sie die psychische Belastung, nicht mehr mit Menschen arbeiten zu können. „Ich habe dann angefangen, Filme bei YouTube anzubieten: ‚Kunst mit Heidi Reubelt‘. Die habe ich an Leute verschenkt, denen es noch schlechter ging als mir.“ Ab Herbst 2020 konnte sie wieder drei Kurse pro Woche abhalten. Und dann kam der Lockdown light im Dezember. „Ich dachte, das nutzt du jetzt für deine eigene Arbeit!“
Online-Kurse haben auch ihre Schattenseiten
Aber die gestaltete sich anders als gedacht. Sie machte sich mit der Online-Technik vertraut und lernte, über Zoom Online-Kurse anzubieten. Per Mausklick konnte sie Bilder korrigieren und erfuhr großen Zuspruch von Teilnehmern bis nach Hamburg und Leipzig. Die Flucht nach vorn hatte aber auch ihre Schattenseiten: Die anstrengende Bildschirmarbeit machte ihr zu schaffen und erst eine orthopädische Reha brachte Linderung.
„Die Pandemie hat uns sensibel gemacht“
Wie es in vielen anderen Branchen nötig wurde, hat die Pandemie auch Künstler zum Nachdenken gezwungen. Heidi Reubelt: „Die Pandemie hat uns sensibel gemacht, und der Krieg, der jetzt in Europa herrscht, macht uns deutlich, wie gut es uns geht. Ich habe gelernt, mit meinen Kräften hauszuhalten und jeden Tag zu schätzen.“

Ihr aktuelles Thema ist „Vanitas“, also über die Vergänglichkeit des Irdischen nachzudenken, das Werden und Vergehen auch in der Natur zu beobachten und in Bilder umzusetzen. 2021 malte sie „Summ Summ Stumm“ – ein Werk, das 2021 im Singener Stadtgarten ausgestellt wurde. Es zeigt die Bedrohung für die Honigbienen durch Zerstörung und Vergiftung ihrer Lebensräume. In Schrift-Fragmenten sind die Worte von Albert Einstein als Warnung zu lesen: „Wenn die Biene von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“