Georg Lange

Die Kulturnacht war von vielen herbeigesehnt und ist von vielen Besuchern als Ereignis wahrgenommen worden. Doch wieviel Kunst und Kultur steckte eigentlich in der Radolfzeller Kulturnacht? Nun, es kommt ganz darauf an, was man unter dem Begriff Kultur oder Kunst verstehen möchte. Reduziert man ihn auf die bildenden und darstellenden Künste, so war die Kulturnacht prall gefüllt mit Malerei, Bildhauerei, Fotografie, Tanz, Musik, Film und Installationen.

Thema des Lichtprojekts von Axel-Reinhard Böhme und Ulrich Riebe war „Über das Meer“. Sie wurde an die Hausfassade der ...
Thema des Lichtprojekts von Axel-Reinhard Böhme und Ulrich Riebe war „Über das Meer“. Sie wurde an die Hausfassade der Stadtbibliothek projiziert.

Fast schon überbordend war das Angebot im Zentrum der Stadt. Ein Wermutstropfen war die Gebäude-Illumination auf dem Österreichischen Schlösschen. Der für gewöhnlich mit Staunen begleitete Publikumsmagnet entpuppte sich trotz der 450 Gigabyte großen Medienauswahl als ein farbloser Imagefilm mit allbekannten Motiven und Filmen aus Radolfzell.

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Im Swing-Stil feierten Stepperinnen des Bailando Tanztrainings mit einer kleinen Revue im kleinen Saal des Milchwerks die Vierziger Jahre. Die Showtanz-Gruppe aus Radolfzell schrumpfte durch die Pandemie auf fünf Mitglieder und sucht nach Tänzern für eine große Revue im kommenden Jahr. Die Revue mit drei Aufführungen im amerikanischen Stil der „Swinging Fourties“ bezauberte die Besucher mit einer Hommage an die Andrew-Sisters.

Manuela Salzinger zog mit 18 Jahren für eine Ausbildung aus Niederbayern an den Bodensee. Im Milchwerkfoyer zeigte sie zu den Heimattagen eine Fülle eindringlicher regionaler Natur- und Tierfotografien, die sich zu einem Publikumsmagneten entwickelten.

Sand und Lehm

Magdalena Oppelt aus Gaienhofen ist seit letzter Woche Geschäftsführerin des Kunstvereins Radolfzell. Auffallend an ihren Werken ist die Auswahl der von ihr verwendeten Spachtelmaterialien aus Sand und Lehm – vornehmlich aus dem Bodensee, aber auch von Urlaubsorten an den Weltmeeren. Durch das Trocknen der Spachtelmasse reißt die Oberfläche des plastisch wirkenden Kunstwerks auf und erzeugt so einen Oberflächencharakter der Verwitterung. Oppelt lässt sich von Fotografien rissiger Wände inspirieren und hat zu jedem ihrer abstrakten Werke eine realistische Vorlage.

Petra Harder (links) und Magdalena Oppelt fielen durch die Wahl ihrer Materialien auf. Ihre Werke bestehen aus geschredderten ...
Petra Harder (links) und Magdalena Oppelt fielen durch die Wahl ihrer Materialien auf. Ihre Werke bestehen aus geschredderten Kriminalakten oder aus Spachtelmassen. | Bild: Lange, Georg

Ebenso spannend ist das von ihrer Atelierskollegin, Petra Harder, verwendete Material für das Schaffen ihrer Plastiken, die an den Bildhauer Alberto Giacometti erinnern. Ihre Skulpturen bestehen aus durch Schreddern unleserlich gemachten Akten der Kriminalpolizei, aus der sie hochwertige Papier-Pulpe für die Stand- und Malfestigkeit ihre Werke herstellt. Die Übertreibung der Formen und die unrealistische Wiedergabe ist die reizvolle Richtschnur ihrer Werke.

Im Glashaus: Ana und Barbara Baumgart haben dort ihre thematisch an den Naturraum und dem Ressourcenverbrauch orientierten Malereien und ...
Im Glashaus: Ana und Barbara Baumgart haben dort ihre thematisch an den Naturraum und dem Ressourcenverbrauch orientierten Malereien und Installationen angebracht.

Ana und Barbara Baumgart wuchsen in Steißlingen auf. Mit ihren Malereien und Installationen bespielten sie ganz bewusst das „alte Glashaus“ in der Tegginger Straße. Die Geschwister nutzten das frühere Gewächshaus einer Gärtnerei als Inspiration für ihre Kunst. Ihr Credo: Kunst in neuer Umgebung und fernab der etablierten Kunsträume mit dem Schaffen neuer Seegewohnheiten, bei dem Kunst mit dem Kunstraum zu einer Einheit verschmilzt. Im Glashaus deklinierten die Künstlerinnen so den Umgang mit dem Naturraum und den Naturressourcen mittels faszinierenden Malereien sowie mit spannenden Raum- und Videoinstallationen.

Der in Berlin lebende Radolfzeller Regisseur David Gräber zeigte in der Zeller Kultur Dokumentations- und Kurzfilme und stellte sich ...
Der in Berlin lebende Radolfzeller Regisseur David Gräber zeigte in der Zeller Kultur Dokumentations- und Kurzfilme und stellte sich auch im Kinosaal der Diskussion. | Bild: Lange, Georg

David Gräber ist wohnhaft in Berlin, 25 Jahre jung, und in Radolfzell geboren. In der „Zeller Kultur“ entwickelte er seine Leidenschaft zum Schauspiel und zum Filmemachen. Die Begeisterung an der Dramaturgie und dem Theatertext wie zu den Dialogen verschmelzen sich unter seiner Regie zu Dokumentationsfilmen und Kurzspielfilmen. Gräber stellte in den Räumen der Zeller Kultur in einem Diskussionsforum einen Film über den Geschlechterkampf (Match) vor, zwei Dokumentationen über einen Berliner Buchdrucker und Überlinger Künstler sowie einen Kurzfilm über Anarchisten, die eine Bombe bauen.

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