In der Lungensportgruppe des Behinderten- und Rehabilitationsvereins Radolfzell (BRSV) sind viele, auch jüngere Menschen, die mit den Langzeitfolgen von Covid-19 kämpfen. Auch Menschen mit verschiedenen Formen von Lungen- und Atemwegserkrankungen suchen hier Linderung.

Das Rehasport-Angebot deckt die Bereiche Orthopädie, Neurologie und Innere Medizin unter Anleitung ausgebildeter und zertifizierter Übungsleiter ab. So finden Menschen etwa nach orthopädischen Behandlungen an Hüfte, Knie- oder Schultergelenk und der Wirbelsäule ein passendes Reha-Angebot.

MS, Parkinson, Schlaganfall

Auch im neurologischen Bereich herrscht rege Nachfrage: Hier treffen sich Menschen mit Multiple Sklerose, Parkinson oder nach einem Schlaganfall. Und auch nach Darm- oder Magen-Operationen ist Reha-Sport angesagt. Die Teilnehmer üben Bewegung, Koordination und Gleichgewicht in einer Gruppe Gleichgesinnter und unter fachlicher Anleitung – zumeist in Freiluft-Kursen direkt am See. Der BRSV bietet hierfür die besten Bedingungen.

Davon konnte sich jüngst auch Oberbürgermeister Simon Gröger überzeugen, der vom Vorsitzenden Martin Hornung zur Vorstellung des Vereins eingeladen worden war. In der Vergangenheit hatte es Vorschläge gegeben, das Gelände des BRSV, das direkt an das Seebad anschließt, nahtlos mit diesem zu verbinden.

Ein geschützter Raum

Natürlich muss Inklusion auch bedeuten, Menschen mit Behinderungen in einem öffentlichen Bad die Teilnahme zu ermöglichen und Maßnahmen zu ergreifen, die Zugänge und den Aufenthalt dort so angenehm wie möglich zu gestalten. Martin Hornung hat aber treffende Gegenargumente: „Wir glauben, dass ein geschlossener Rahmen und ein geschützter Raum für Behinderte und Reha-Patienten wichtig ist. Es sind Menschen mit künstlichem Darmausgang, mit starker Über- oder Untergewichtigkeit oder Atemgeräten, die sich nicht in ein öffentliches Bad trauen. Leider ist der Inklusionsgedanke noch nicht in den Köpfen aller Menschen verankert.“

Der BRSV, der heute 210 Mitglieder zählt, wurde in seiner Vorgängerform im Jahr 1951 gegründet. Damals standen hauptsächlich Kriegsversehrte im Fokus, denen mit Querschnittlähmung oder Amputationen ein Baden im See fernab von Schaulustigen geboten werden sollte.

Mit dem Lift in den See

Durch die leichte Hanglage ist der Zugang leider nur noch bedingt rollstuhlgerecht und Rollstuhlfahrer benötigen Hilfe beim Aufwärtsweg. Gute Bedingungen gibt es jedoch beim Zugang zum Wasser mit betonierter Rampe und Handlauf. Am Seelift können Rollstuhlfahrer auf den Sitz des Lifts umsteigen und auf der Schiene des elektrisch betriebenen Geräts selbstgesteuert ins Wasser fahren.

Am Seelift, der winterfest verpackt ist.
Am Seelift, der winterfest verpackt ist. | Bild: Veronika Pantel

Die Instandhaltung des Geländes, das Vereinsheim mit Gastronomie und die Vorstandsarbeit werden ehrenamtlich betreut und betrieben. Der zweite Vorsitzende, Dietmar Lehmann, ist gelernter Koch und Gastronom. Er lädt zu einem kleinem Mittagstisch oder Kaffee und Kuchen ein – selbstverständlich ist das Restaurant mit See-Terrasse für alle Spaziergänger und Besucher geöffnet.

Alle Menschen mit einem Handicap haben freien Zugang zum Vereinsgelände am See, und auch die Vereinsmitgliedschaft ist nicht an eine Behinderung geknüpft. Die Teilnahme an den Sportgruppen erfolgt nach Verordnung eines Arztes. „Wir wollen in der Zukunft auch noch stärker Präventions-Maßnahmen thematisieren und hierfür Kurse anbieten“, sagt Martin Hornung.

Oberbürgermeister bedankt sich

OB Gröger zeigte sich beeindruckt von der Bandbreite der Angebote und dankte für das ehrenamtliche Engagement. Er sagte: „Wir haben zwar jetzt die Stabstelle für Partizipation und Integration in Radolfzell geschaffen, aber uns ist bewusst, dass wir noch Hausaufgaben, etwa in Sachen Barrierefreiheit, zu machen haben.“

Und weil Vereine eine wesentliche Rolle im gesellschaftlichen Leben spielen, ist der BRSV, in dem auch Anna Lena Forster, Goldmedaillen-Gewinnerin bei den Paralympics, Mitglied ist, eine Bereicherung in Sachen Inklusion für die Stadt Radolfzell.