Ist Bauen das eigentliche Problem der Wohnungsnot? Für Buchautor und Wohnraumexperte Daniel Fuhrhop eine Tatsache. Bei der Podiumsdiskussion der Freien Grünen Liste im Mehrgenerationenhaus in Radolfzell stellte er verschiedene Ansätze vor, wie man der Wohnungsnot begegnen kann, ohne neu bauen zu müssen. Für Fuhrhop, der bereits mehrere Sachbücher zu diesem Thema geschrieben hat, ist ein aktives Wohnraummanagement unerlässlich. Durch Untermiete, Umbau oder Umzug könnte bereits bestehender Wohnraum effektiver genutzt werden. Agenturen sollten Wohnungs- oder Häusertausch ermöglichen. "Wer sich verkleinern will, der soll das auch tun können", sagt Fuhrhop. Zu viele Menschen würden alleine auf einer sehr großen Wohnfläche leben, während andere zu wenig haben.
Flächenverbrauch als Umweltproblem
Auch das Ausweisen von Neubaugebieten für Einfamilienhäuser stand bei den Diskussionsteilnehmern in der Kritik. Antje Boll, stellvertretende Regionalgeschäftsführerin des BUND, mahnte die Flächenversiegelung an, die für etliche Umweltprobleme wie Hochwasser verantwortlich sei. Wenn schon gebaut werden solle, dann flächensparend im Geschossbau, bezahlbar für die Bürger der Stadt und nicht für Investoren. Gerhard Maier, Vorsitzender der Architektenkammer Konstanz, plädierte ebenfalls für den platzsparenden Baustil und für Nachverdichtung. Durch das Aufstocken von Wohnhäusern könne man viel erreichen, ohne neue Fläche zu versiegeln.
Mieterbund begrüßt Päne einer städtischen Wohnungsgesellschaft
Dem Antrag der FGL-Fraktion für die Gründung einer Wohnungsgesellschaft in Radolfzell stimmte Herbert Weber, Vorsitzender des Mieterbundes Konstanz, eindeutig zu. Anders könne eine Kommune heutzutage nicht mehr Einfluss auf den Mietmarkt nehmen. Durch Zuschüsse und Fördergelder könnte so die Miete pro Quadratmeter im Schnitt um drei Euro gegenüber dem freien Mietmarkt gesenkt werden.
Mehr Solidarität, auch beim Wohnen
Buchautor Fuhrhop plädierte für einen Paradigmenwechsel in der Gesellschaft. Das Eigenheim könne nicht mehr der Wohntraum eines jeden Deutschen sein. "Wir brauchen ein neues Bewusstsein für eine gemeinsame Solidarität", sagte er. Architekt Maier hingegen berichtete von immer größer werdenden Wünschen seiner Kunden. "Wer das Geld hat, will großzügig wohnen", so Maier.
Siegfried Lehmann, Fraktionsvorsitzender der Freien Grünen Liste, erinnerte an den Beschluss, ein Wohnraummonitoring einzuführen. Dem sei die Stadtverwaltung noch nicht nachgekommen. Man wisse also nicht, wie viel Wohnraum in der Stadt zur Verfügung stehe und wie man diesen effektiver nutzen könnte.
Wohnraum-Projekte
Laut Buchautor Daniel Fuhrhop gäbe es bundesweit 600 000 Wohnungen/Häuser mit sieben Zimmern, in denen nur eine Person lebt. Er fordert, dass Kommunen aktiv auf Bürger ab 65 Jahren zugehen, die alleine auf großen Flächen wohnen. Schon heute gibt es in Konstanz die Möglichkeit als Student kostenfrei bei einer älteren Person zu wohnen. Im Gegenzug wird im Haushalt geholfen. Organisiert wird dies vom Studentenwerk Seezeit. (ans)