Das Vokalensemble Gaienhofen und die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz begeisterten rund 500 Zuhörer mit ihrem Herbstkonzert in der Meinradskirche. Am Abend des 9. November, an dem sich sehr gegensätzliche Ereignisse jähren – die Reichspogromnacht von 1938 und der friedliche Protest gegen das DDR-Regime im Jahr 1989, der zum Mauerfall führte – wollte Dirigent Siegfried Schmidgall ein Zeichen des Friedens setzen. Mit dem sanften Requiem von Gabriel Fauré und dem mitreißenden „Gloria“ des New-Age-Komponisten Karl Jenkins, das eine Brücke über die Weltreligionen schlägt, präsentierten die Musiker zwei kontrastreiche Stücke.

Zwischen den beiden Werken spielte das Orchester den Satz „Nimrod“ aus den Enigma Variationen Opus 36 von Edward Elgar. Für das stimmgewaltige „Gloria“ erhielt das Vokalensemble Unterstützung durch den Männerchor Singen und die Schulkantorei Schloss Gaienhofen. Applaudierend erhoben sich die Zuhörer vor den Solisten, der Sopranistin Julia Küßwetter und Armin Kolarczyk, der die Bartion-Soli sang.
Fauré, der als Organist zahlreiche Begräbnisgottesdienste begleitet hatte und nach eigener Aussage „alles auswendig kannte“, hielt zu seinem Requiem fest: „Ich wollte etwas anderes schreiben“. Am 12. Januar 1900 wurde die Endfassung des Stücks, das er mehrmals überarbeitet hatte, uraufgeführt. Fauré weicht in seiner Komposition von der katholischen Totenliturgie ab. Er verzichtet weitgehend auf Textstellen, die Angst und Schrecken vor dem Jüngsten Gericht schüren. Das Dies irae (Tag des Zorns) lässt er aus und schließt sein Requiem stattdessen mit der Verheißung „In Paradisum“ ab, mit dem traditionell der Gang zum Grab begleitet wird.
Herausragende stimmliche Qualität
Bereits mit dem sanften Einstieg ins „Introit et Kyrie“ stellte der Chor seine stimmliche Qualität unter Beweis. Sanfte Sopran-Passagen wechselten sich mit stimmgewaltigen Bitten um Erhörung ab. Im zweiten Satz bildete das Bariton-Solo von Armin Kolarczyk, begleitet von zarten Klängen der Geigen, einen ersten Höhepunkt, dem Julia Küßwetter mit glasklarer Stimme im vierten Satz (Pie Jesu) einen weiteren hinzufügte. Dramatisch hingegen der vorletzte Satz (Libera Me), in dem Chor und Hörner sich schier zu einem angstvollen Aufschrei vor dem letzten Gericht steigerten.
Eine ruhige, verträumte Überleitung konnte das Publikum genießen, als das Orchester „Nimrod“ spielte, den wohl bekanntesten Satz Elgars aus den 14 Enigma-Variationen, die der Künstler Menschen widmete, die ihm nahestanden. „Nimrod“ beschreibt die Persönlichkeit seines Freundes August Jaeger. Darauf folgte ein kräftiger Gegensatz: Temperamentvoll, wuchtig und in einfachen Rhythmen erscholl Jenkins „Gloria“. Durch gleichmäßig sich wiederholende Paukenschläge unterstrichen ließ der Chor seinen Gesang immer aufs Neue akzentuiert anschwellen, bis das Kirchengebäude vom Klang der Stimmen erfüllt war, der schließlich wieder zart und leise ausklang.

Lebendig und impulsiv wurde die Vertonung des Psalm 150 interpretiert – die Sänger meisterten Sprünge in Tonhöhe und Lautstärke, begleitet vom Stakkato der Geigen und scharfen Klängen des Marimbaphons. Zwischen die Sätze, die christliches Gedankengut in lateinischer Sprache enthalten, hat Jenkins kurze Lesungen religiöser Texte der großen Weltreligionen eingebaut: dem Hinduismus, Buddhismus, Taoismus und Islam. Gelesen wurden sie in den Originalsprachen von Anubha Garg, Yi Chen und Shady Almatar. Mit der „Musik als Sprache der Versöhnung“ und dem Gedanken, dass Gott die Seele der Welt sei, wollten die Musiker ein Zeichen für den Frieden setzen, erklärte Armin Kolarczyk. Furios dirigierte Siegfried Schmidgall den letzten Teil des fünften Satzes, in dem das Amen, in mannigfachen Variationen gesungen, schließlich abrupt endet.