Natalie Reiser

Worüber wollte ich nochmal schreiben? Ach ja, ... – Witze über Demenz gibt es zu Hauf. Findet man sich allerdings selbst in der Situation wieder, sich nicht mehr erinnern zu können, wie das Lieblingsgericht heißt, wo es zum Bahnhof geht oder wie der eigene Enkel heißt, dann ist das eine erschreckende Erfahrung.

1,4 Millionen Demenzkranke gebe es derzeit in Deutschland, berichtet Claudia Bignion, Ärztin und Fachlehrerin für Gesundheit und Pflege. Unter anderem unterrichtet sie an der Mettnau-Schule Altenpflegeschüler. Die Anzahl der Demenzkranken solle laut Prognosen in den kommenden Jahren dramatisch steigen. 35 Prozent aller 95-Jährigen sähen sich mit dieser Krankheit konfrontiert, so Bignion. Je älter unsere Gesellschaft wird, desto mehr Demenzerkrankte werde es geben.

Trotz der weiten Verbreitung der Krankheit sei das Thema nach wie vor sehr schambesetzt, meint die Ärztin. Dabei gibt es in Deutschland ein breites Hilfsangebot, das es Betroffenen möglich macht, möglichst lange in der vertrauten Umgebung zu bleiben und Lebensqualität zu genießen. Um Informationen rund um Demenz und Alzheimer zur Verfügung zu stellen, wollte Petra Wucherer, Leiterin der Stadtbibliothek, sich in einer Kooperation mit der Mettnau-Schule dem Weltalzheimertag anschließen. Radolfzeller Altenpflege-Fachkräften wurde so ein Forum geboten, in dem sie auf neutralem Boden ihre Tätigkeit vorstellen konnten. Konkret ging es um die Fragen: Woher weiß man, ob ein Angehöriger dement ist? Sind Vergesslichkeit oder Wortfindungsstörungen erste Anzeichen der Krankheit? Welche Hilfen stehen zur Verfügung? Wie verhält man sich einem Dementen gegenüber richtig?

Besucher wurden eingeladen, einen Demenztest zu absolvieren. Wortlisten und Zahlenreihen sollten einprägt und wiederholt werden. Rosemarie Schlienz, ehemalige Krankenschwester, hat es gewagt und sehr gut bestanden. Trotzdem möchte sie ihr Gedächtnis weiterhin schulen, mit Scrabble zum Beispiel. Ihr Fazit: „Ich finde es sehr gut, so einen Tag anzubieten. Das ist eine wichtige Informationsveranstaltung.“

Auf Plakaten und an Tischen wurde das Betreuungsangebot, das in Radolfzell zur Verfügung steht, dargestellt: Verschiedene mobile Dienste bieten Hilfe bei der Medikamentengabe, der Körperpflege oder im Haushalt an. Ergotherapie oder Logopädie kann helfen, solange wie möglich selbstständig zu bleiben, Mahlzeitendienste können in Anspruch genommen werden. Benötigen betreuende Angehörige etwas Freiraum, könnte eine Tagespflege entlasten oder eine Kurzzeitpflege einen Urlaub ermöglichen.

Dass eine Unterbringung in einer Tagesbetreuung durchaus sowohl für Angehörige als auch für Demenzkranke interessant sein kann, zeigten die Altenpflegeschüler der Mettnau-Schule. Sie brachten ein internationales Flair in den Sitzkreis: Viele von ihnen kommen aus dem Ausland: Italien, Ecuador, Madagaskar und anderen afrikanischen Ländern. Mit rhythmischer Musik im Hintergrund wurde im Sitzen in einem großen Kreis Fußball gespielt und Zumba getanzt. Das rechte Bein fing an, dann kam Schwung in die Hüften, Schultern, Arme und Hände. Strahlende Gesichter der Betreuer und Besucher zeigten: Das Leben kann Spaß machen, auch wenn der Körper nicht mehr zu hundert Prozent belastbar ist.

Tsiry Ratovoarivelo aus Madagaskar kann das bestätigen. Sie kam als Au-Pair nach Deutschland. In einem Freiwilligen Sozialen Jahr hat sie in der Psychiatrie auf der Reichenau am Beruf der Altenpflegerin Gefallen gefunden. Der Humor ihrer Patienten hätte es ihr angetan, meint sie lachend.

Dateiname : Vortragsfolien zum Alzheimer-Vortrag
Datum : 21.09.2016
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Weltalzheimertag

Seit 1994 gibt es am 21. September in aller Welt vielfältige Aktivitäten, um die Öffentlichkeit auf die Situation der Alzheimer-Kranken und ihrer Angehörigen aufmerksam zu machen. Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft sind weltweit etwa 46 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen, zwei Drittel davon in Entwicklungsländern. Bis 2050 wird die Zahl auf voraussichtlich 131,5 Millionen ansteigen, besonders dramatisch in China, Indien und den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. (rei)

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