Gerald Jarausch

Es gibt Studiengänge, die befähigen ihre Absolventen zu vielen Dingen, aber nicht unbedingt zu einem eindeutigen Beruf. Wie so etwas enden kann, konnte man nun im Veranstaltungsraum der Stadtbibliothek Radolfzell erleben. Dort präsentierten sich drei studierte und preisgekrönte Wortakrobaten, die sich ursprünglich in Psychologie, Philosophie und der Kunstgeschichte haben ausbilden lassen.

Dass das Studium der Akteure dennoch nicht umsonst war, war unverkennbar. Denn ausnahmslos flossen Erkenntnisse und das Wissen der Studien in die Texte ein. Anders als bei einem herkömmlichen Poetry Slam traten Marvin Suckut, Lara Ermer und Jakob Schwerdtfeger nicht in den wortreichen Wettstreit, sondern sie konnten etwas freier als sonst ihre Gedanken vortragen. Auf das Ereignis hatte man sich in Radolfzell offenbar schon gefreut. Die Veranstaltung des Freundeskreises der Stadtbibliothek war bereits Tage vor dem Termin als ausverkauft gemeldet. Entsprechend gut gefüllt war der Raum im Untergeschoss. Mit einer Mischung aus persönlichen Erlebnissen, tiefgründigen Gedanken sowie Auftragsarbeiten überzeugten alle drei Teilnehmer.

Marvin Suckut bei der Arbeit auf der Bühne.
Marvin Suckut bei der Arbeit auf der Bühne. | Bild: Jarausch, Gerald

Die Zuschauer erlebten mit Lara Ermer eine Zugfahrt inmitten mehrerer Gruppen von Junggesellenabschieden oder erfuhren von Jakob Schwerdtfeger, warum im Museum immer eine Mischung aus Ehrfurcht und Verachtung gegenüber der Kunst herrscht. In ihrer liebevollen Hasserklärung an ihre Heimatstadt Fürth nahm Lara Ermer ebensowenig ein Blatt vor den Mund wie in ihrer Ansprache "An einen Schlechtgelaunten". Die Lust an der Sprache und die lebendige Interpretation des klassischen Gedichts machten den Abend höchst unterhaltsam. Die Musik kam einmal mehr vom Schlagzeugensemble der Musikschule, die drei junge Musiker abgesandt hatte. Und mit einem Überraschungsauftritt sorgte die heimische Nachwuchs-Poetry-Künstlerin Mareike Dassow für lokalen Kolorit. Nebenbei ließ sie wissen, dass auch sie ein Studium absolviert hat. Allerdings eins, das konkretere Berufsziele vorgibt – sie ist Wirtschaftswissenschaftlerin.