Gerald Jarausch

Radolfzell – Bei einigen öffentlichen Terminen mit der Stadt Radolfzell war es in den vergangenen Wochen bereits zu hören – der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) in Radolfzell erlebt nach der vom Gemeinderat beschlossenen Reduzierung der Fahrpreise eine deutlichen Anstieg der Fahrgastzahlen. Im Gespräch mit Stadtwerke-Geschäftsführer Andreas Reinhardt wurde deutlich, wie gut die Entwicklung tatsächlich ist: "Wir haben gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr zwischen August und Januar fast eine Verdopplung der Fahrgastzahlen", berichtete er. Bezogen auf diesen Zeitraum nach der Einführung im August 2017 kletterten die Nutzer von 48 900 Fahrgästen auf 93 198.

Woher plötzlich der Erfolg?

Auch wenn sicherlich die Preisreduzierung von 2,30 Euro für eine Fahrt eines Erwachsenen auf einen Euro den Hauptausschlag gegeben hat, sieht Andreas Reinhardt noch andere Faktoren als ursächlich an. Er möchte den Erfolg deshalb gerne auf das mit der Stadt Radolfzell entwickelte Mobilitätskonzept zurückführen. Dazu gehören neben der Reduzierung der Busfahrpreise auch Themen wie Radwege, das Parkkonzept und andere ÖPNV-Anteile. Im Zuge der Überlegungen wurden unter anderem einzelne Linien ausgebaut und der Takt der Fahrten erhöht.

Was haben die Stadtwerke geändert?

"Wir haben erkannt, dass sich die Bedarfe in den letzten Jahren geändert haben", erklärte der Stadtwerke-Geschäftsführer jetzt. Dazu gehört auch die Einführung des Anruf-Sammel-Taxis (AST) in den Randzeiten wie den Abendstunden und am Wochenende. Hier werden seit August 2017 Fahrten vom Busbahnhof in die Ortsteile angeboten, die die Fahrgäste zum normalen Bustarif nutzen können. Am meisten freut sich Andreas Reinhardt aber über die guten Fahrgastzahlen, die selbst die Verantwortlichen des Konzept überrascht haben. "Wir haben eigentlich mit deutlichen Mindereinnahmen durch die Umstellung der Preise erwartet. Ich persönlich habe mit einem Anstieg der Fahrgäste um die 20 Prozent gerechnet", erläuterte er im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Bei einer Präsentation des Konzepts im Radolfzeller Gemeinderat hatte Reinhardt einmal rund 300 000 Euro als zusätzliche Kosten in den Raum gestellt. Das Minus wird vermutlich auch nach einem Jahr des Probebetriebs deutlich geringer ausfallen. Im genannten Zeitraum nach den Umstellungen sind gerade einmal knapp über 27 000 Euro an Mehrkosten angefallen.

Stadtwerke-Chef will Konzept weiter entwickeln

Daher geht der Stadtwerke-Geschäftsführer auch von einer Fortführung des Konzepts aus. Die Entscheidung darüber liegt jedoch beim Gemeinderat. Für Andreas Reinhardt ist der Beschluss auch noch für etwas anderes wichtig. Er möchte gern einen neuen Nahverkehrsplan aufstellen. Der ist im Hinblick auf die Zukunft des Busverkehrs wichtig. Bis in das Jahr 2020 besteht ein Vertragsverhältnis mit dem Unternehmen Südbadenbus (SBG). Der kann zwar noch bis in das Jahr 2024 durch die Stadtwerke verlängert werden, läuft dann aber endgültig aus.

Neue Fahrzeuge würden Klimabilanz weiter verbessern

Eine Neuausschreibung des Radolfzeller Busverkehrs birgt aus seiner Sicht weitere Chancen auf Verbesserungen. Dann könnte man zusätzlich über neue Fahrzeuge reden, die positive Effekte auf das Klima und die Umwelt haben. Ob diese nun in Zukunft mit Wasserstoff oder Elektromotoren angetrieben werden, ist noch unklar. Für Andreas Reinhardt jedenfalls macht die Neuausschreibung in den Jahren 2022/23 "absolut Sinn" , wie er sagte. Doch bevor er sich mit diesen Plänen beschäftigt, genießt er erst einmal den Erfolg der aktuellen Veränderungen: "Das ist ein tolles Ergebnis und ein Riesenerfolg", befand er.

Die Chancen auf eine Fortführung stehen nicht schlecht. Denn vorgesehene Baugebiete und die damit steigende Bevölkerungszahl in Radolfzell und seinen Ortsteilen lassen einen Anstieg der Fahrgastzahlen auch in Zukunft wahrscheinlich erscheinen lassen.

Busverkehr

Die Stadtwerke Radolfzell sind von der Stadt Radolfzell mit der Abwicklung des Busverkehrs in der Stadt und den Ortsteilen betraut. Vertraglich sind diese aktuell an das Unternehmen Südbadenbus (SBG) gebunden. Der Vertrag läuft im Jahr 2020 aus, kann jedoch von den Stadtwerken bis in das Jahr 2024 verlängert werden. Die SBG fährt kreisweit und versorgt weite Teile des Landkreises mit Busverkehr. Singen und Konstanz haben andere Vertragspartner beziehungsweise eigene Stadtbusse. (ja)

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