Georg Lange

Antonella Augenstern hat ein handfestes Problem. Als Hausaufgabe soll die Grundschülerin einen Aufsatz in Form einer ABC-Geschichte schreiben. Doch ihr fällt partout nichts ein – außer einem einzigen Satz, den sie auf ein Blatt Papier niederschreibt. Plötzlich flattert ihr Blatt aus dem Fenster und der Wind trägt es von einem Haus ins andere. Es fliegt in eine Geisterbahn, landet auf dem Badeschaum des Nachbars und ist in einen Unfall mit einem Porsche verwickelt. Jeder, der mit dem Papier in Berührung kommt, erahnt seine Berufung und schreibt einen Satz auf. Und Antonella? Was geschieht mit ihr? Sie liegt mit Bauchschmerzen im Bett. Kann sie ihre Hausaufgabe erledigen und sich über eine ABC-Geschichte freuen? Die Radolfzeller Kinderbuchautorin Antje Tresp-Welte beantwortet diese Frage in ihrem neuen Kinderbuch „Antonella Augensterns abenteuerliches Alphabet“ in einer überreich bebilderten Geschichte voller Zufälligkeiten und Abenteuerlust mit unvorhersehbaren Wendungen. Die Produktion ihres Kinderbuches ist selbst ein Abenteuer für sich. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER gibt sie Einblicke in die Autorenszene und in die Entstehung ihre Werke.

Bücher für die Teddybären

Schreiben ist für Antje Tresp-Welte eine Leidenschaft. Bereits als Kind verfasste sie kleine Geschichten und bastelte dafür Bücher für ihre Puppen und Teddybären. Mit Begeisterung schrieb sie Aufsätze in der Schule. Mit Anfang zwanzig entdeckte sie das Gedicht und die Lyrik für sich. Sie interpretierte Kunstwerke in lyrischer Form und trug diese auf der Singener Kulturnacht bei Ausstellungen vor. Als Erwachsene schreibt sie nun für Kinder. Wer Tresp-Welte näher kennen lernen darf, den verwundert der Genre-Wechsel nicht. Aus den leuchtenden Erzählungen der Grundschullehrerin an der Klinikschule des Hegau Jugendwerks blitzt förmlich eine verschmitzte Lebensfreude und kindliche Neugierde an der Erkundung der Welt. Die ganze Welt sei voll von Sachen. Und es sei wirklich nötig, dass sie jemand finde, zitiert sie Pippi Langstrumpf. Dabei lässt sie sich auch von Kuriositäten aus der Zeitung, dem Internet und dem Radio inspirieren. Oder von einem Spaziergang, bei dem Tresp-Welte plötzlich in einem Zaun ein Stück Rinde erblickt, das von weitem wie eine Hand aussah. Wochenlang zog die Rinde ihre Aufmerksamkeit an. Sie verpackte diese Hand in eine Geschichte über eine kleine Waldhexe, die auf der Suche nach einem Dieb war.

Eine Kindergeschichte in Reimen

Antonella Augensterns Abenteuer entstand demselben Zufall: als der Autorin am Bodensee ein Blatt vom Wind entgegen flatterte. Fasziniert von Wilhelm Busch verfasste Tresp-Welte die Kindergeschichte in Reimen, die schnell im Gedächtnis bleiben. Als das Manuskript der Geschichte fertig war, machte sie sich auf die Suche nach einem Kinderbuchverlag. Zwei Verlage zeigten ihr Interesse, doch der Illustrationsaufwand war für eine bis dato unbekannte Autorin zu hoch. Im Internet fand Antje Tresp-Welte eine Plattform, bei dem ein Verlag Autoren mit Illustratoren und Juniorlektoren zusammenbrachte. Bei diesem Projekt lernte sie den Illustrator Norbert Denno kennen. Beide Künstler inspirierten sich gegenseitig zu neuen Reimen und farbenfrohen Bildern. Das Kinderbuch wurde so peppiger und kindergerechter.

Weiterbildung im Schreiben

Nachdem Antonellas Abenteuer fertig gestellt war, gewann Tresp-Welte mit dem Buchplot eines Kinderbuches ein Autoren-Challenge und ergatterte sich als Preis eine Vorstellung ihres Werkes auf der Frankfurter Buchmesse. Antje Tresp-Welte bildete sich mit Seminaren im Schreiben weiter. Sie lernte Verleger und Lektoren kennen und bekam eine Art Ritterschlag, als ihr ein Verlag ein positives Feedback gab und ihr signalisierte, dass sie schreiben könne. Das sei untypisch bei unverlangtem Einsenden von Manuskripten, erläutert Tresp-Welte. Das Feedback spornte sie an, sich im Schreiben weiter zu entwickeln und zu professionalisieren. Ein Verlagsleiter bestärkte sie in dem Entschluss, einen Literatur-Agenten zu suchen.

Vor zwei Jahren fand Antje Tresp-­Welte eine Agentin aus Berlin, die die Autorin bei etablierten ­Kinderbuchverlagen unterbringen möchte. „Antonella Augensterns abenteuerliches Alphabet“ ist aktuell im Buchhandel zu erwerben und wird vom Publikationsdienstleister „Books on Demand“ als „Print on Demand“ hergestellt. Im Internet veröffentlichte der Verlag eine Leseprobe.