Natalie Reiser

Radolfzell – Statt eines einzigen beherzten Spatenstichs drehten sich viele kleine Plastikspaten in alle Himmelsrichtungen. Und das passte gut: Hier soll schließlich ein Kinderhaus entstehen. Nach zehn langen Jahren der Bemühungen um ein Montessori Kinderhaus in Radolfzell wird es nun Realität. Am nördlichen Rand der Wiese, die zur Sonnenrainschule gehört, hat der Schaufelbagger bereits mit den ersten Arbeiten begonnen. Katharina Schreiber, Vorsitzende des Montessori Vereins, sprach die Freude über das nun glücklich in Angriff genommene Projekt förmlich aus den Augen. Für die Mitglieder des Montessori Vereins sei dies ein großer Tag, sagte sie. An der Wiese, auf der jetzt der Bagger den ersten Aushub vornimmt, habe die Standortsuche begonnen. Dass es nun tatsächlich auf dieses Grundstück hinausläuft, sei ein Glücksfall für den Verein. Aufgrund der räumlichen Nähe zur Sonnenrainschule, in der bereits vier Montessori-Klassen untergebracht sind, habe der Standort nicht besser getroffen werden können, pflichtete auch Oberbürgermeister Martin Staab bei. Wie Odysseus, der zehn Jahre über die Meere irrte, habe Montessori nun endlich eine Heimat gefunden.

Finanziert wird das Bauprojekt durch die Werner und Erika Messmer-Stiftung. Karl Steidle, Vorstandsmitglied der Stiftung gab die Bausumme mit 2,4 Millionen Euro reinen Investitionskosten an. Das Grundstück hatte die Stiftung bereits zuvor erworben. Für eine weitere große Spende bedankte Katharina Schreiber sich bei der Sparkassenstiftung. Auch was die Bauzeit angeht, wurden klare Vorgaben gemacht. In 18 Monaten solle das Haus fertiggestellt sein, so Karl Steidle. Zum wiederholten Mal setzt die Stiftung auf die Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Riede aus Singen. In der Vergangenheit konnten große Bauvorhaben wie das Werner-Messmer-Haus in der Bismarckstraße in Radolfzell wunschgemäß abgeschlossen werden.

Im neuen Montessori Haus sollen 45 Kinder Platz finden. Der langgestreckte, rechteckige Bau mit der schlichten, von vielen Fensterfronten unterbrochenen Fassade ist zweigeschossig geplant. Das Obergeschoss ist für eine Kinderkrippen-Gruppe vorgesehen. Im Erdgeschoss sollen sich zwei Kindergarten-Gruppen einfinden. Etwa 15 Betreuer werden in der Einrichtung arbeiten, schätzte Schreiber, je nachdem wie viele Ganz- und Halbtageskräfte eingestellt werden. Völlig neu im Montessori Kinderhaus wird die Art der Verpflegung sein. Gleich neben dem Eingangsbereich auf der rechten Seite ist eine sogenannte Frischeküche, das heißt eine voll funktionsfähige Küche, in der für die Kinder täglich frisch gekocht werden soll, eingeplant. In den anderen Kindergärten wird das Mittagessen von einem Lieferservice bereitgestellt.

Das Besondere in seinem Entwurf ist für Architekt Thomas Kauter der Richtungswechsel in der Raumaufteilung. Vom Eingangsbereich aus soll man zuerst eine Halle betreten. Hier können Elternabende, Aufführungen der Kinder oder andere Veranstaltungen stattfinden. Daran schließt sich ein langgestreckter Spieleflur in ost-westlicher Ausrichtung, von dem aus die anderen Spielezimmer zu erreichen sind – "wie die Glieder einer Perlenkette", so die Assoziation des Architekten.

Montessori Pädagogik

  • Die italienische Kinderärztin Maria Montessori ging davon aus, dass Kinder sich über einen langen Zeitraum einer Sache hingeben und konzentrieren können. In der Montessori Pädagogik wird der Lehrer vom Wissensvermittler zum Lernbegleiter. "Hilf mir, es selbst zu tun" ist einer der Grundsätze der Montessori Pädagogik.
  • Betreuungsplätze und -zeiten: Im Montessori Kinderhaus sind 45 Plätze für Kinder von 0 Jahren bis zum Schuleintritt vorgesehen: 15 Plätze für Kinder unter drei Jahren und 30 Plätze für Kinder zwischen drei und sieben Jahren. Die Kinder können maximal von 7 Uhr bis 18 Uhr betreut werden.