Fünf Monate nach dem Tod von Werner Messmer geht der dreiköpfige Vorstand der nach dem Radolfzeller Unternehmer und seiner Ehefrau Erika genannten Stiftung davon aus, dass das Stiftungskapital von 14 auf 38 Millionen Euro steigt. Wie Karl Steidle als langjähriger Wegbegleiter und Berater von Werner Messmer sowie seine Vorstandskollegen Arnulf Heidegger und Petra Bialoncig dem SÜDKURIER mitteilten, sei ab 2017 mit einer jährlichen Ausschüttung von 800 000 bis 900 000 Euro zu rechnen. Das Geld soll aus Zinsen und Mieteinnahmen erwirtschaftet werden, die Stiftung strebt eine Rendite des in Immobilien (zirka 14 Millionen Euro) sowie Depots und Beteiligungen (zirka 24 Millionen Euro) steckenden Vermögens in Höhe von 3 Prozent an.

Die Angaben zur Kapitalerhöhung stehen laut Karl Steidle allerdings unter Vorbehalt. Dies liege daran, dass das Geld von Werner Messmer – seine Frau Erika war bereits im Oktober 2014 gestorben – aus diversen Anlagen erst einmal nach und nach im Sinne des Erblassers in die Stiftung überführt werden muss. Laut Karl Steidle erfordert dieser Vorgang nicht nur einen hohen Verwaltungsaufwand, sondern ist auch wegen der Risikobereitschaft und/oder Gutgläubigkeit von Werner Messmer bei seinen Investitionen eine Herausforderung.

Sie reichen laut Karl Steidle in die Jahre vor seiner Beratungstätigkeit ab 2010 zurück. „Aus jener Zeit gibt es bis heute problematische Geschäfte“, so der 70-Jährige und nennt dabei ein breites Spektrum unter anderem von Schiffsbeteiligungen, Container-Finanzierungen oder Bauträgergeschäften im In- und Ausland – und längst nicht alles sei dabei erfolgreich verlaufen. Laut Karl Steidle ist Werner Messmer auch einmal auf einen Unternehmensberater hereingefallen, der mit der Schneeballmethode arbeitete und Werner Messmer einen mehrstelligen Millionenbetrag kostete. „Man muss berücksichtigen, dass Werner Messmer als reicher Mann von vielen Heuschrecken umworben wurde“, so Karl Steidle.

Angesichts des zur Vorsicht neigenden Ex-Bankers ist allerdings davon auszugehen, dass die genannte Kapitalerhöhung auf 38 Millionen Euro realistisch ist und nach Abschluss der Testamentsvollstreckung eher höher liegt. Von familiärer Seite ist mit keinen Überraschungen zu rechnen, dieser Teil der Erbschaftsangelegenheit habe unproblematisch erledigt werden können. Die Tochter ist auf Lebenszeit versorgt und diesbezüglich laut des für Rechtsfragen zuständige Arnulf Heidegger zudem juristisch abgesichert. Auch die langjährige Lebenspartnerin von Werner Messmer wurde im Erbe bedacht.

Am Stiftungszweck ändert sich durch die Erhöhung des Stiftungskapitals nichts. Ziel ist die Förderung der Altenpflege, die Förderung von Sport, Kunst und Kultur, unterstützt werden können ferner Vorhaben im Bereich von Bildung und Erziehung sowie der Jugendhilfe, die Stiftung will Wissenschaft und Forschung ebenso fördern wie den Heimatgedanken, das öffentliche Gesundheitswesen und mildtätige Zwecke insbesondere im Hospizbereich. Werner und Erika Messmer legten Wert darauf, dass vor allem Radolfzell von den Ausschüttungen profitiert, diese sind jedoch prinzipiell nicht auf die Stadt und ihre Ortsteile beschränkt. Auch am Verfahren bei der Stiftungsgeldvergabe ändert sich nichts.

Wie bisher sind Anträge an die Werner- und Erika-Messmer-Stiftung (Infos: www.messmer-stiftung.de) zu richten, allerdings schließt das Vorstands-Trio nicht aus, dass die Stiftung wegen der Höhe der verfügbaren Mittel auch potenzielle Empfänger von sich aus anschreibt und auf die Möglichkeit der Unterstützung hinweist. Entwickeln wird sich Stiftung außerdem in ihrer Politik des Stiftungserhalts. So wird nach dem Vorbild des von der Caritas betriebenen Hauses an der Bismarck-Straße der Bau eines Montessori-Kinderhauses finanziert. Nach der Fertigstellung werden die Räume an die Stadt Radolfzell vermietet, was der Refinanzierung der Baukosten und Erwirtschaftung der Renditeziele dient.

Unternehmergeist und Stifterseele

  • Vorgeschichte: Das Vermögen des Unternehmer-Ehepaares Messmer beruht auf der Produktion und den Vertrieb von elektronischen Autoschaltern. Anfang der 1970er Jahre war das Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber von Radolfzell.
  • Entwicklung der Stiftung: Werner Messmer gründete eine nach ihm benannte Stiftung im Jahr 1997 mit einem Stiftungskapital von 2 Millionen Euro. Die Gründung der Erika-Messmer-Stiftung (1 Million Euro) folgte 1998. Bei der Zusammenlegung der beiden Stiftungen im Jahr 2010 wurde das Kapital durch weitere Einlagen auf 4 Millionen Euro erhöht. Per Vermächtnis wuchs der finanzielle Grundstock nach dem Tod von Erika Messmer auf 14 Millionen Euro. Auch Werner Messmer verfügte, dass der größte Teil seines Vermögens nach seinem Tod der Stiftung zugute kommt. Das Ehepaar ermöglichte zu Lebzeiten außerdem durch Privatspenden zahlreiche Projekte.
  • Organe der Stiftung: Neben dem Vorstand gibt es als Kontroll- und Beratungsorgan den Stiftungsrat. Vorsitzender in diesem Gremium ist der ehemalige Chefarzt am Radolfzeller Krankenhaus, Gunter Langbein. Dem Rat gehören ferner Jürgen Krüger, Cornelia Messmer, Brigitte Aumayer, Christine-Luise Bihler, Kurt Meier, Martin Schäuble, Martin Staab, Christof Stadler und Hermann Leiz an. (tol)